Mit dem Ruf „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ beginnt das Paulus-Oratorium zuerst rein instrumental, später wird es auch vom Chor mehrstimmig aufgegriffen. Felix Mendelssohn Bartholdy zitiert hier den von ihm verehrten Johann Sebastian Bach, entwirft mit seiner Version aber gleich auch ein romantisierendes Programm. Das gab dem Schwäbischen Oratorienchor unter der Leitung von Stefan Wolitz am Sonntag in Herz Jesu die Möglichkeit, seine großartige Qualität zu zeigen. Denn Mendelssohn-Oratorien sind ein musikalisch-opulentes Fest. Der barocken Tradition folgend vertonte er biblische Porträts in fast opernhafter Dramatik. Doch ergänzte er barocke Theologie mit zarten, schmerzhaften Solo-Arien, deren Melodien ans Herz gehen.
Der Chor darf sich hier grandios entwickeln und seine umwerfende Vehemenz einbringen wie beim komplexen Chor zu Beginn des zweiten Teils: „Der Erdkreis ist nun des Herrn“. Die feine Abstimmung klappt natürlich auch in den Chorälen, die der romantische Komponist wie Bach in das Werk einfügte. Dabei begeisterte die von vielen jungen Stimmen geprägte klare Vielstimmigkeit, die hohen Soprane ebenso wie die Geschmeidigkeit aller Stimmen. Ein opulenter Klang, den Wolitz vorsichtig an die heikle Akustik der Herz-Jesu-Kirche anpasste, dabei auf die richtige Balance achtend. Mit Energie forderte er seinen Chor, kurz vor dem Ende noch mit kunstvoll elegischem piano.
Das Konzert gab die leider nur seltene Gelegenheit, das ehemalige Stadttheatermitglied Sophia Brommer mit ihrem runden Sopran hier in Augsburg zu hören. Ihr gelang die schwierige Aufgabe, in den Rezitativen lebendig zu erzählen. Ein Genuss auch ihre Arien mit sehr eindringlichem Gefühl und affektvollem Stimmeinsatz. Bass Johannes Mooser sang sehr sensibel, mit effektvollem Farbreichtum den mitunter schmerzhaften Wandel vom Saulus zum Paulus. Selbst die sehr viel kleineren Solopartien waren mit Stefanie Irányi (Alt mit warmem Timbre) und Bernhard Schneider (Tenor) sehr gut besetzt.