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Die neue, allzu schöne Ausstellung bei Cyprian Brenner

Kunst

Zu schön, um wahr zu sein

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    Sommer, Sonne, Meer im Blick: Peter Witts Gemälde "Welle im Gegenlicht II" in der aktuellen Ausstellung der Galerie Cyprian Brenner.
    Sommer, Sonne, Meer im Blick: Peter Witts Gemälde "Welle im Gegenlicht II" in der aktuellen Ausstellung der Galerie Cyprian Brenner. Foto: Rüdiger Heinze

    Ein Strandkorb empfängt derzeit die Besucher der Galerie Cyprian Brenner hinterm Rathaus. Er ist ein Zeichen, dass es in der laufenden Ausstellung kaum um Diversität oder Gendern, um Queerness, Teilhabe oder andere brandaktuelle Themen gehen dürfte. Und die Vermutung erweist sich als korrekt – begegnet uns der

    Drei Maler zeigen am Elias-Holl-Platz vor allem Nord- und Ostsee-Motive, wie sie der Sommerfrischler liebt, auf Sylt genauso wie in der Kieler Bucht. Es sind Idyllen ohne Windrad, LNG-Tanker oder Minenjagdboote; es sind vergrößerte Postkartenmotive, die künden: Wer am Meer weilt, der hat alles Glück dieser Erde gepachtet. Selbst ein veritabler Sonnenuntergang ist mit dabei. "Ferne Heimat" heißt diese Ausstellung, und auch, was dort in der niederdeutschen Tiefebene auf Marschland und auf Seenplatten an Fauna und Flora wächst und gedeiht, erfreut in seinem pumperlgesunden Wesen das Herz jedes Einheimischen, jedes Touristen. Der Blütenstrauß und das Rapsfeld leuchten in Öl auf Leinwand prächtig im Sonnenlicht und frischen Sommerwind. Keine Frage: Das Leben im hohen Norden ist schön. 

    Sind das weiße oder schwarze Trüffel?

    Man erinnere sich: Als Cyprian Brenner im Jahr 2020 seinen dritten Galerien-Standort, nun in Augsburg, eröffnete, da erklärte er, in Sachen Kunst als Trüffelsammler tätig sein zu wollen. Innovationsstarke Kunst von geprüfter Sinnhaftigkeit kündigte er an. Sind nun die derzeit ausgestellten Malereien von Stefan Dobritz, Helmut Helmes und Peter Witt weiße oder schwarze Trüffel? Es dürfen Zweifel gehegt werden. Eher sind hier kleinhandelsübliche Zuchtchampignons zu betrachten, um im Sprachbild zu bleiben. Keine Frage dabei ist, dass die drei Maler ihr reines Handwerk beherrschen, dazu unaufwendige Kniffe und Tricks. Fünf kleine, feine, weiße Pinselstriche am Horizont, schon legen sich anmutig fünf Jollen in die frische Brise. Gewusst, wie. 

    Stefan Dobritz (*1965, Lübeck) geht für seine Küstenbilder gerne in die Panoramasicht; Peter Witt (*1966, Itzehoe) nimmt sich dagegen mehr dem pittoresken Dünen-, Strand- und Wellen-Ausschnitt an; Helmut Helmes (*1969, Lohne/Oldenburg) schließlich pflegt das Blumen- und Wiesenstück in pastos-reliefhafter Manier. Alles heiter, freundlich, anheimelnd gesinnt. Doch das, was sich eventuell erheben könnte über dem reinen Handwerk und seinen Kniffen, das, was dann die höhere Kunst ausmacht, das kommt denn doch ein wenig zu kurz. 

    Malerei fürs gehobene Sylter Sommerpublikum

    Bei Dobritz, Helmes und Witt bleibt ein Strandkorb ein Strandkorb und ein Strandhaferhalm ein Strandhaferhalm. Klar, farbenfroh, unbeschwert. What you see is what you get. Kein Gleichnis oder Hintersinn, keine Fragestellung, Ambivalenz, eigensinnige Weltsicht. Es bleibt beim Gefälligen, ja beim Gefallsüchtigen. So effektvoll auch Meeresspiegelungen und lichtbrechende Wellen inszeniert sind, sie bleiben was fürs Auge, das Hirn muss sich da faktisch keinen Kopf machen. Und bei Stefan Dobritz könnte man sogar noch auf den Gedanken verfallen, er produziere Stück um Stück fürs gehobene Sylter Sommerpublikum, das eine Erinnerung, ein Souvenir mit nach Hause nehmen möchte. Er steuert (bedarfsgerecht?) unter anderem den Kampener Leuchtturm sowie vier Hummer und drei Zitronen auf Eiswürfeln bei. 

    Unter reichlichem Einsatz des zeitsparenden Spachtels wird hier viel Schlüsselreizmotivik betrieben, erst recht beim verdächtig rührenden "Sonnenuntergang an der Nordsee". Der Segler wird gelockt mit einem gemalten Schnappschuss der Kieler Woche, der Hamburg-Fan mit einer Vogelperspektive auf Elphi, Landungsbrücken und Michel. Da bleibt es – andersherum – erstaunlich, dass Helmut Helmes auch den Mut hat, eine porträtierte fette Kröte zu hängen. Er besitzt in diesem Maler-Trio noch die individuellste Handschrift.

    Ja, es ist schwierig derzeit, Kunst zu verkaufen. Man hört es immer wieder. Von Galeristen und Künstlern. Ob da hilft, Gefälliges, Leichtes zu offerieren, worin so mancher Galerist sein Heil sucht? Das ist die große Frage angesichts jenes potenten Käuferkreises, der auf Relevanz aus ist … Was am Elias-Holl-Platz momentan gezeigt wird, findet sich jedenfalls nicht in unserer Zeit bei namhaften Kunstvereinen, in öffentlichen Museen und auf bedeutenden Messen. Es ist allzu betont schön, um wahr zu sein.

    Ausstellungsdauer in der Galerie Cyprian Brenner (Elias-Holl-Platz 6) bis 3. August. Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag von 12 bis 18 Uhr.

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