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Foto: M. Hochgemuth (Archiv)
Foto: M. Hochgemuth (Archiv)

Im Sommer hat die Stadt im Annahof eine Bühne geschaffen, um Künstlern in Pandemie-Zeiten einen sicheren Open-Air-Veranstaltungsort zur Verfügung zu stellen.

Coronakrise
06.11.2020

Wie geht es nach dem Kulturlockdown in Augsburg weiter?

Von Alois Knoller

Der zweite Lockdown hat wieder alle Kulturveranstaltungen eingestellt. Stadt und Institutionen bereiten sich schon mit mehreren Szenarien auf die Zeit danach vor.

Der zweite Lockdown dieses Jahres hat wieder alle Kulturveranstaltungen eingestellt. Wie soll es weitergehen? Welche Perspektiven haben Künstler, Schauspieler, Musiker in Augsburg für die nächsten Wochen? Eine Umfrage:

Elke Seidel, Leiterin des Kulturamts Augsburg: Wir stellen uns auf Dezember ein und versuchen an Auftrittsterminen zu retten, was zu retten ist. Für das Lab.30 haben wir zum Glück einen Termin im März 2021 gefunden, wo wir im Abraxas alle Räumlichkeiten haben. Auch für das Mozartfest haben wir etwas gefunden. Nun schauen wir, wie wir andere Räume nutzen können, etwa den Kleinen Goldenen Saal, sodass nichts hinten runterfallen muss in dieser Zeit. In der Kresslesmühle werden wir wieder auf die Home Edition zurückgreifen. Dort werden mit den Gruppen, die auftreten, Videos gedreht, ein bisschen aufbereitet und ins Netz gestellt. Die Band können darauf verlinken und haben einen Mehrwert. Fürs Abraxas schauen wir nach ähnlichen Möglichkeiten. Der Livestream hat sich allerdings nicht so ganz bewährt, weil es eine relativ rüde Herangehensweise ist und nicht unbedingt das Liveerlebnis vermittelt.

 

Auch für das Brechtfestival 2021 werden wir etwas Digitales vorproduzieren, weil wir auch nicht wissen, wie es im Februar aussieht. Die Festivalmacher werden wieder viele Brecht-Fundstücke von Künstlern aufführen lassen. Da steckt so viel Hirnschmalz und Arbeit drin, dass man es nicht darauf ankommen lassen will, ob die Bühne an dem Abend aufmachen darf. Ein Liveauftritt kann dann immer sein, wenn etwas einstudiert ist. Mit leeren Händen wollen wir aber nicht dastehen. Und man kann der Situation etwas abgewinnen, weil digital noch mehr Zuschauer am Brechtfestival teilnehmen können.

Norbert Kiening, Vorsitzender des Berufsverbands Bildender Künstler Schwaben-Nord und Augsburg: Ich bin gerade mitten in der Vorbereitung der „Großen Schwäbischen“. Am 28. November sollte die Ausstellung im Glaspalast eröffnet werden. Das Kulturreferat hat diesen Termin bereits abgesagt. Wie zwei vorhergehende Planungen. Wird es überhaupt eine Vernissage geben? Der BBK wird die Jahresschau auf jeden Fall aufbauen. Rund 60 Arbeiten sind juriert. Um die Fördermittel zu erhalten, müssen wir etwas machen. Gibt es einen Plan B? Vielleicht werden wir ein Video drehen. Es könne aber auch sein, dass die Große Schwäbische niemals eröffnet und spätestens am 21. Februar unbesichtigt wieder abgebaut wird.

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In der BBK-Kunsthalle im Abraxas kann die Mitgliederschau „Beste Kunst“ im Dezember auch nicht stattfinden. Denn die Stadt teilte uns mit, dass auch die freien Theater die Halle in der Weihnachtszeit nutzen sollen. Das war mit uns nicht abgesprochen und wir haben schwer gekämpft, dass wir wenigstens eine Ausstellung noch hinbekommen. „Beste Kunst“ soll jetzt im Januar 2021 sein. Danach gehört die Halle wieder den Theatern.

Keine Ausstellung mehr im Kunstverein in diesem Jahr

Christian Thöner, Kunstverein Augsburg: Wir schließen – wie alle anderen und wir werden dieses Jahr keine Ausstellung mehr eröffnen. Für das Holbeinhaus erstellen die Künstler jeweils spezielle Konzepte. Ein neues Projekt aufzusetzen ist ganz schwierig, wenn der Kunstverein nicht garantieren kann, dass die Ausstellung realisiert werden kann. Das können wir Künstlern gerade in dieser Zeit nicht zumuten. Obwohl solche Ausstellungsprojekte für junge Künstler ganz wichtig wären. Sie sind ihr Lebenselixier. Soziale Medien sind nur ein schwacher Ersatz. Nichts geht über das Ausstellungserleben, um sinnliche Erfahrung und Materialqualitäten zu vermitteln. Zum Glück haben die Galerien immer noch geöffnet, damit Künstler wenigstens verkaufen können. Eine große Vernissage ist ein Triumph für den Künstler. Da kommen die Sammler und die Kuratoren. Wir gehen mit den nächsten Ausstellungen auf 2021 – sobald wir Planungssicherheit haben. Dann wären auch Führungen wieder möglich und wir werden unserer Vermittlungsaufgabe gerecht.

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Christof Trepesch, Direktor der Augsburger Museen und Sammlungen: Die Museen sind für den Publikumsverkehr jetzt geschlossen, unsere laufenden Ausstellungen werden verlängert und die neuen verschoben. Das betrifft die Ausstellung „Dressed for Success“ über das Schwarz’sche Modebuch, die planmäßig im Maximilianmuseum aufgebaut wird, denn die Aufträge sind vergeben und die Leihgaben treffen ein, und auch die Große Schwäbische im Glaspalast. Hinter den Kulissen läuft alles wie geplant, etwa die Katalogherstellung. Vorbereitet wird für 2021 die Schau „Stiften gehen“ zum Fuggerjubiläum und etwas über den Fabrikanten Johann Heinrich Schüle. Ein Museum kann viel kontinuierlicher arbeiten. Alle Mitarbeiter sind voll ausgelastet. Wir machen auch viel mehr, als man außen sieht: Wir restaurieren, organisieren, forschen. Und einige interessante Nachlässe, die wir bekamen, wollen ausgewertet werden.

Klare Vorgaben für Künstler sind im Moment schwer zu treffen

Karla Ändra, Schauspielerin im FaksTheater: Erst haben wir viele Vorstellungen vom Frühjahr in den Herbst verschoben und haben versucht, sie coronatauglich zu machen. Aber es gab immer wieder Absagen, die Schulen zögerten, wir sind permanent im Ungewissen, wie es weitergeht. Mit großem Energieaufwand habe ich eine Anne-Frank-Lesung einstudiert, aber bisher nur einmal gespielt. Zum 75. Jahrestag des Kriegsendes reaktivierten Josef Holzhauser und ich am 8. Mai im Livestream den „Jazzpianisten“ – ohne dass wir eine Gage erhielten. Immerhin zahlte die Stadt ihre Zuschüsse aus und es gab die Aktion „Theater vor dem Fenster“. Jetzt bereiten wir zwei Projekte für 2021 vor; aber wird es das Brechtfestival live geben? Die Veranstalter trauen sich keine Zusagen zu machen.

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Jürgen Enninger, Kulturreferent der Stadt Augsburg: Wir sind ganz nah an freien Theatern und Bands dran und werden die Bedarfe über Runde Tische abfragen und warten die Förderprogramme des Freistaats ab. Künstler wollen klare Vorgaben, doch solche sind momentan ganz schwierig zu treffen. Am Winterkulturzelt sind wir mit Hochdruck dran und stehen in Austausch mit allen Beteiligten. Ein Zelt für maximal 200 Gäste könnte dort Ende Januar errichtet werden. Für Künstler ergibt sich so eine Auftrittsmöglichkeit trotz Corona mit geringer Miete – zumal Infrastruktur wie Licht und Ton dauerhaft installiert werden. Anderswo wäre ein Auf- und Abbau nötig, der die Kosten in die Höhe treibt. Zur Abrundung ist auch ein Wintermarkt denkbar, etwa im wettergeschützten Gaskessel.

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