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Clownerie: Familie Flöz: Hier wird das Absurde wird zum Meisterwerk

Clownerie

Familie Flöz: Hier wird das Absurde wird zum Meisterwerk

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    Ohne Worte, Gesten genügen: Familie Flöz in Aktion in der Stadthalle Gersthofen.
    Ohne Worte, Gesten genügen: Familie Flöz in Aktion in der Stadthalle Gersthofen. Foto: Michael Hochgemuth

    Ein Auftakt, wie er schöner gar nicht sein konnte: Es eröffnete die neue Theatersaison in der Stadthalle Gersthofen die Familie Flöz, ein einzigartiges freies Ensemble aus Berlin, das sich in den vergangenen 20 Jahren vor allem auf internationalen Bühnen Ruhm und Namen erworben hat. Nach etwa 3000 Vorstellungen in 42 Ländern, so hieß es im Sommer in einem Beitrag in der Zeit, sei „von diesem Theater nichts mehr übrig“ – als das Kulturleben zum Stillstand kam, sei keine einzige Karte mehr verkauft worden. Bis jetzt. Familie

    Das Charakteristikum eines Clowns, der fällt, wieder aufsteht, sich den Staub von der Kleidung klopft und einfach wieder weitermacht, fand sich an diesem Abend (und auch schon in der Nachmittagsvorstellung) in Reinform wieder und kam beim coronabedingt in den Saal luftig hineingestreuten Publikum bestens an.

    Kein Wort wird gesprochen

    Ein Markenzeichen der Truppe sind die Masken. Jeder Schauspieler trägt – ähnlich dem Figurentheater – einen großen Charakterkopf als Maske, bewusst überzeichnet, was den Typus vom ersten Blick an erschließt. Kein einziges Wort wird gesprochen, die Geschichte, die auf der Bühne erzählt wird, entsteht allein aus der großen Geste, die immer wieder durchbrochen wird und sich ins Komische wendet.

    Schauplatz ist das Foyer des „Hotel Paradiso“. Vom Bild, hoch an der Wand, blickt der verblichene Großvater auf die Seinen herunter – seine buckelige Frau, seinen verträumten Sohn und seine hitzige Tochter, die sich mit Koch, Stubenmädchen und Pagen darum bemühen, die vier Sterne des Hotels mit seinem wundersamen Heilbrunnen, zu erhalten. Allerhand Gäste spuckt die Drehtüre – ein Klassiker der Klamotte! – in die Rezeption, von einer Schickimicki-Frau im Leopardenlook angefangen über einen Bankräuber und einen meditierenden Yogi bis hin zu zwei Kommissaren und dem gestrengen Hotelprüfer, der gleich mal die vier Hotelsterne abnimmt und in seinen Sternekoffer packt.

    Irre komisch: Familie Flöz.
    Irre komisch: Familie Flöz. Foto: Michael Hochgemuth

    Kaum zu glauben, dass all das Figurenpersonal nur von vier Leuten gespielt wurde! Clownerie, Artistik, schwarzer Humor, dazwischen immer wieder leise poetische Momente, von denen man ahnte, dass sie sich im Nu ins Absurde kehren würden, gaben sich hier die Hand. Da rutscht das Porträt des Alten einfach nach unten aus dem Bild – und er spaziert in einer Traumszene leibhaftig durch die darunter liegende Tür ins Geschehen. Wie oft wird die hölzerne Klappe an der Rezeption auf und zu geklappt! Und immer hat irgendwer die Finger drin. Ein Page macht das Ausbreiten eines roten Teppichs (natürlich erst verkehrt herum) zur großen Aktion, darin rollt sich später ein entflohener Bankräuber ein. Die herbei geeilten Kommissare steigen nichts ahnend über die Teppichrolle, während vorne die Nase des Bankräubers rausschaut.

    Irgendwas wird zersägt. Aber was?

    Oder das Stubenmädchen: Es bringt den ausgesteckten Staubsauger mit einem Becher Heilwasser wieder zum Saugen, und aus ihren Röcken wird entlarvt, was sie alles bei den Gästen „abgestaubt“ hat: eine Perlenkette, eine Kaffeemühle, einen Feuerlöscher. Wer im Hotel nicht pariert, wird einfach mit ein paar hinterhältigen Schlägen der Alten mit dem Gehstock diszipliniert, immer wieder wird es turbulent, laut, es kläfft ein Hündchen, und in der Küche zersägt der Koch wieder irgendwas – oder gar irgendwen? Schaurig-schön. Irre komisch. Zum Tränen lachen.

    Am Schluss noch ein akrobatisches Meisterstück der Alten: Sich mit einem Sprung über die Rückenlehne auf den Holzstuhl setzen. Das saß! Hoffentlich kommt die Familie Flöz wieder.

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