Es gibt Städte, und es gibt Augsburg. So sieht es jedenfalls der Comedian Bülent Ceylan, bekannt aus RTL-Sendungen, aber auch aus Formaten öffentlich-rechtlicher Fernsehsender. So ein Spruch kommt zwar in jeder Stadt gut an, aber dafür, dass er speziell auf das Publikum in der Schwabenhalle gemünzt war, sprach eine Frau in der ersten Reihe: Sie lachte bei jeder Bewegung, die Ceylan machte, für alle hörbar dröhnend laut. „Augsburg, die Lachstadt – mit einer Anführerin“, kommentierte der Künstler trocken, sah sich aber schließlich zu der Ermahnung veranlasst: „Zwischendurch wär’s gut, wenn Sie an den Stellen lachen, wo auch ein Witz ist!“
Mit der Studiokamera schweift Ceylan durchs Publikum
Zur Ehrenrettung der anonym gebliebenen Dame muss gesagt werden, dass sie sich lediglich an den Titel der Show hielt: „Lassmalache!“ Es ist das zehnte Programm von Ceylan in 20 Jahren Bühnen- und TV-Karriere, und Augsburg war die letzte Station seiner Tournee für dieses Jahr, auf der er sich immerhin beinahe 3000 Fans gegenüber sah. Teils brachte er – wohl unvermeidlich – seine Routinenummern mit Harald („bin so schnell gestresst“), dem Macho Hasan, der indignierten Anneliese oder dem Hausmeister Mompfred und seiner Göttergattin Waltraud („ich hab’ sie im Wald getroffen und ihr getraut“). Aber er bewies auch, dass er Stegreif-Komik beherrscht, vor allem zum Schluss, als er mit der Studiokamera durch das Publikum schweifte und einzelne Besucher direkt ansprach.
Ceylan nutzt auch geschickt die sozialen Medien: Wer seinen Namen in einer Instagram-Story markiert, kommt auf Ceylans eigene Website, und wer auf seinem Smartphone einen bestimmten Code eingibt, bekommt ein Video des Komikers zugeschickt. Auch im analogen Auftritt vermittelte er glaubwürdig, dass ihm am Kontakt zu seinem Publikum liegt und er auf dessen Stimmungen reagiert.
Und mehr als das: Vielleicht trägt Ceylan sogar ein bisschen zur Weltverbesserung bei. Der Mannheimer mit deutscher Mutter und türkischem Vater nutzte seine ethnische Heimatlosigkeit, um sich hemmungslos über Ausländerklischees lustig zu machen: Griechen, Polen, Russen, Italiener, Libanesen und Israeli – alle bekamen reichlich ihr Fett ab. „Sind Afrikaner da? Macht mal mehr Licht“, forderte er an einer Stelle und warf seinem Publikum gleich ironisch Rassismus vor, denn es habe hier „anders“ gelacht als vorher.
So etwas kann sich nur einer erlauben, der selbst zwischen den landsmännischen Stühlen sitzt. Natürlich nahm sich Ceylan speziell Türken und Deutsche vor, um in das Fazit einzumünden: „Wir haben Spaß statt Hass!“ Vielleicht hat das Lachen an dieser Stelle tatsächlich kathartische Wirkung, indem klar wird: Meine Marotten wirken auf andere mindestens so komisch wie umgekehrt.