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Buch-Kritik: Die Fugger waren Unternehmer von Anfang an

Buch-Kritik

Die Fugger waren Unternehmer von Anfang an

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    Der Damenhof der Fuggerhäuser ist einer der Orte in Augsburg, der wichtig für die Geschichte der Fugger ist.
    Der Damenhof der Fuggerhäuser ist einer der Orte in Augsburg, der wichtig für die Geschichte der Fugger ist. Foto: Silvio Wyszengrad (Archivfoto)

    Was hat die Legende den Fuggern nicht alles angedichtet! Als armer Weber vom Lechfeld habe der erste Fugger 1367 sein Glück in Augsburg versucht und sei dort von rastloser Hände Arbeit rasch reich geworden. So war es aber nicht, selbst wenn das Geheime Ehrenbuch der Fugger die Erzählung nahelegt. Vielmehr dürfte jener Hans Fugger tatsächlich aus der Gegend um Jettingen stammen und profitabel geheiratet haben.

    Selbst wird er auch nicht am Webstuhl gesessen haben, sondern als Weber-Verleger die regionalen Handwerker auf Kredit mit Baumwolle aus Italien beliefert und ihre fertigen Tuche mit Gewinn vertrieben haben. Wobei ihm zugutekam, dass die Pest 1348 Oberitalien entvölkert hatte und die Barchentweberei von dort im Leinweberei-Revier Schwaben, das verschont worden war, Fuß fassen konnte. Ein geschickter Unternehmer war er also allemal.

    Ein Fugger initiierte als Stadtpfleger den Augsburger Augustusbrunnen

    Sachbuchautor Martin Kluger stellt diese Zusammenhänge gleich zu Anfang seines Fugger-Buches klar. Das materialreiche Findbuch, das zugleich ein Reiseführer ist, hat er im 500. Jubiläumsjahr der Fuggerei überarbeitet und um aktuelle Themen ergänzt neu aufgelegt. So erfährt der Leser, dass ein Fugger als Stadtpfleger den Augustusbrunnen am Rathaus initiierte. Darunter fällt aber auch die Neubewertung der Rolle Augsburger Kaufleute im afrikanischen Sklavenhandel.

    Der Montankonzern der Fugger lieferte in großer Menge die Manillen, also Armreife aus Kupfer, Bronze oder Messing, womit die Portugiesen in Westafrika Sklaven erwarben. Die Welser-Gesellschaft verdiente dank eines spanischen Privilegs sogar direkt am transatlantischen Sklavenhandel. Diese Schattenseiten des goldenen Augsburg und der frühen Globalisierung "werden künftig noch präziser benannt", verspricht Kluger für das Fugger und Welser Erlebnismuseum.

    Die Fugger waren ja nicht nur Tuchhändler. Schon früh stieg Jakob der Reiche in Bergwerke und Erzhütten ein. Kupfer, Silber und Gold aus Tirol und Oberungarn begründen seinen Reichtum, dazu der gesundheitsschädliche Abbau von Quecksilber und Zinnober im spanischen Almadén. Im Ostindien-Handel fanden die Fugger ein lukratives, wenn auch ein riskantes Geschäftsfeld.

    Die Fugger waren auch moderne Bankiers

    Schließlich waren sie auch moderne Bankiers, die großzügig Kredite an Herrscher ausreichten und dafür Abbaurechte, die päpstliche Münze für 16 Jahre und Ländereien erhielten. Vor allem der Erwerb von Adelsherrschaften bewahrte die Fugger, die 1546 mit fünf Millionen Gulden bilanzierten, in den kommenden Finanzkrisen vor dem wirtschaftlichen Absturz. Und gaben den Historikern die spekulative Frage auf: Plante Anton Fugger, den Medici nachzueifern und ein Fürstentum zu errichten?

    Kluger durchmisst Zeiten und Themen im Sauseschritt, aber stets präzise an den Fakten orientiert. Alle heiklen Punkte kommen vor: Luthers Kapitalismuskritik am "Zinskauf", die geldigen Handsalben für die Fürsten, die Karl V. zum Kaiser wählen sollten, die Finanzierung von Kriegszügen. In Augsburg indes hatte Jakob Fugger um seine öffentliche Stellung zu ringen.

    Erst 1515 zog er aus dem alten Fuggerhaus am Judenberg in seinen noblen Stadtpalast ein. Der Neubau nach Venezianer und Florentiner Renaissance-Grandezza sollte ein Statement sein, sich vom städtischen Patriziat abzuheben. Erst 1538 werden die bereits in den Grafenstand erhobenen Fugger dort aufgenommen.

    Trotzdem sicherte sich Jakob Fugger ein großartiges Gedächtnis in Augsburg in Form der prachtvoll modernen Kapelle in St. Anna und vor allem mit der Fuggerei, jener 1521 gestifteten innerstädtischen Sozialsiedlung, die armen Bürgern Hilfe zur Selbsthilfe leistete.

    Martin Kluger: Die Fugger in Augsburg. Geschäfte mit Kirche und Kaiser, Context Verlag, 300 S., 424 Abb., 16,90 Euro

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