Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten
Feuilleton regional
Icon Pfeil nach unten

Auszeichnung: Der Schwäbische Literaturpreis geht 2020 an Christina Walker

Auszeichnung

Der Schwäbische Literaturpreis geht 2020 an Christina Walker

    • |
    Christina Walker lebt seit fünf Jahren in Augsburg. Die Vorarlbergerin hat schon in ihrer Heimat eine literarische Auszeichnung erhalten.
    Christina Walker lebt seit fünf Jahren in Augsburg. Die Vorarlbergerin hat schon in ihrer Heimat eine literarische Auszeichnung erhalten. Foto: Petra Rainer

    Kann man Krähen dafür beneiden, dass sie sich Nester bauen? Dass sie heimisch werden in einer Platane draußen, vor dem Fenster? Solche Gedanken kommen auf beim Lesen von Christina Walkers Novelle „Das Krähennest“. Die Autorin, die seit fünf Jahren mit ihrer Familie in Augsburg wohnt, wurde jetzt mit dem ersten Preis beim diesjährigen Schwäbischen Literaturpreis ausgezeichnet, den der Bezirk Schwaben auslobt. Als gebürtige Vorarlbergerin und als Augsburgerin erfüllt sie die Teilnahmevoraussetzung für den Preis gleich doppelt. Die Autoren sollen im schwäbisch-alemannischen Kulturraum leben oder darin ihre biografischen Wurzeln haben. Bei diesem 16. Literaturpreis des Bezirks, der von Bezirksheimatpfleger Peter Fassl koordiniert wird, wurde nach bisher unveröffentlichten Prosatexten zum Thema „Heimat“ gefragt.

    Christina Walkers Text "Das Krähennest" ist eigentlich noch unvollständig

    Als ein „Kammerspiel“ bezeichnet Christina Walker ihre Erzählung „Das Krähennest“, die eigentlich noch gar nicht fertig erzählt ist – und doch in ihrer Geschlossenheit und Dichte schon jetzt den Leser in Bann zieht. „Es wird eine längere Novelle, ein schmaler Band“, kündigt die Autorin an. Die Geschichte beginnt unspektakulär mit einer Wimper, die plötzlich am Morgen im Waschbecken liegt. Es ist das letzte Härchen, das der Ich-Erzähler, der gerade eine Chemotherapie im Krankenhaus hinter sich hat, verloren hat. Hösch, so heißt die Figur, hat gerade keinen Raum, den er sein Eigen nennen könnte. Nicht seinen eigenen Körper, nicht die Wohnung seines Bruders. Seiner Frau habe er versprochen, „die ersten Tage nicht unter die Menschen zu gehen“. Schon gar nicht in die eigene Wohnung, die, weil sie gerade renoviert wird, einem Rekonvaleszenten nicht guttun würde – meint die Frau, auch diese Entfremdung ist greifbar.

    An den Dingen, die Hösch umgeben, den Glastisch, den Garderobenspiegel, den Gummibaum, sucht er sich irgendwie festzumachen. Das gelingt erst im Schauen nach draußen, zu den Krähen im Baum. Ihnen aber hat eine gewisse Melitta Müller, die einzige, die in die Wohnung eindringt, wohl, weil sie sich um Hösch zu kümmern hat, den Kampf angesagt: „Wo sich eine Krähe niederlässt, folgen bald die nächsten. Das ist der Beginn einer Migrationsbewegung, wenn wir nichts tun“, ist sie überzeugt. In der Verwundbarkeit der Krähen findet sich der Erzähler wieder.

    Schwäbischer Literaturpreis 2020: Schon für ihren ersten Roman bekam Christina Walker eine Auszeichnung

    „Für mich sind Räume ganz wichtig, wie wir leben, wie wir uns in Räumen bewegen“, sagt Christina Walker. Heimat ist für sie dort, „wo man sich wohlfühlt, wo man mit Vertrautem umgeben ist.“ Fast in jedem ihrer Texte, auch in ihrem ersten Roman, für den sie mit dem Vorarlberger Literaturpreis 2018 ausgezeichnet wurde, gehe es um Räume. Im „Krähennest“ zeigt sich Walkers Kunst, durch das präzise Beschreiben der Details in diesen Räumen Atmosphäre zu schaffen. Das Äußere wird so zum Spiegel des inneren Geschehens.

    Das Schreiben ist für Christina Walker, die Germanistik, Theaterwissenschaft und Kulturmanagement in Wien studiert hat, auch Beruf. Sie arbeitet als Werbetexterin.

    Der zweite Preis geht an Anna Teufel aus Nürnberg für „Weich“, und mit dem dritten Preis ehrt der Bezirk Christine Zureich aus Konstanz für „Nahlandig“. Zudem erhält Helen Duppé aus Freiburg den Sonderpreis für junge Autoren, der mit einer Einladung zur „Meisterklasse Literatur“ bei der Sommerakademie der Schönen Künste 2021 in der Schwabenakademie Irsee verbunden ist. Die Texte dieser und auch weiterer von der Jury empfohlenen Autoren sind zu finden im Sammelband „Heimat, Literaturpreis des Bezirks Schwaben 2020“ (Wißner-Verlag, 240 Seiten, 14,80 Euro).

    Das könnte Sie auch interessieren:

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden