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Ausstellung: Da schaut der Zwerg!

Ausstellung

Da schaut der Zwerg!

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    „Stiletto“ nennt Post-Pop-Artist Heiner Meyer dieses Gemälde.
    „Stiletto“ nennt Post-Pop-Artist Heiner Meyer dieses Gemälde. Foto: Wolfgang Diekamp

    „OH, LÀ LÀ!“ ruft der Gartenzwerg und schaut uns verschmitzt-verschwörerisch an. Warum? Neben dem Kleinen mit Gießkanne kniet in aufreizender Pose (und nur halb zu sehen) eine Frau im Straps. Die ungleiche Konfrontation ist natürlich nicht ohne Ironie arrangiert, doch der Effekt hält nicht sonderlich lange vor. Immerhin gibt der Zwerg der Ausstellung Heiner Meyers in der Galerie Noah das Motto: „Oh, là là!“ Der Künstler, 1953 in Bielefeld geboren und dort auch zuhause, gastiert zum dritten Mal in der Galerie, diesmal mit knapp 40 Arbeiten auf Leinwand und Papier sowie einigen Bronzen (vor allem seiner zentral platzierten Minnie Mouse).

    Was hat da nicht alles seinen Auftritt: Stars wie Marilyn Monroe und Nicole Kidman, Ursula Andress und die Callas, daneben namenlose Schöne mit Lippenstift-Mündern, neben Luxusgüter wie Parfüms, Brillanten und polierte Nobelkarossen, außerdem Mickey Mouse, Donald Duck und Popeye. So führt uns Meyer durch die Anhäufung des Preziosen, knallt erlesene Figuren und Artikel vors Auge, setzt steile Frauenbeine im Stöckelschuh auf die Leinwand, tastet sich an den optischen Reizen entlang, kostet die glänzenden Oberflächen aus und demaskiert die Schablonen der Schönheit.

    Der Post-Pop-Artist knüpft an die Pop-Art der 1960er Jahre an, aber in ihrer Überhöhung der Banalität ist dieser im Abstand der Jahre so leicht dann doch nicht neues Leben einzuhauchen. Was einst in der Feier des Alltäglichen, in der medialen Multiplikation von Markenartikel und Konsum, im Niederreißen der Grenzen von High und Low ein Tabubruch war, ist heute weithin nurmehr Reprise.

    Im Wissen darum sucht Heiner Meyer in seinen Werken Geschichten anzudeuten, etwa Attitüden der aggressiven Werbung aufzunehmen, die Glückspillen um den Kopf einer Frau mit Mundschutz kreisen zu lassen, Verletzungen anzuzeigen, das Begehren mit einer bunten Ansammlung von Eiskugeln zu stillen, im Marilyn-Bildnis jene Kokain-Tütchen vor schwarzem Sternenhimmel schweben zu lassen, die dem Star zum Verhängnis wurden. Wo freilich diese Geschichten ausbleiben wie in der Serie der Tortenstücke (in Öl farbig gefasste Bronzen), wird das Ganze schnell banal.

    Meyer erzählt, er beziehe seine Motive gern aus Magazinen und Zeitungen. Oft male er an zehn, zwölf Bildern gleichzeitig. Die Farbe braucht schließlich Zeit zum Trocknen. Der Künstler geht mit erstaunlicher Präzision vor, arbeitet mit raffinierten Unschärfeeffekten („You“, 2017), inszeniert subtil auf der glatten Haut spielende Lichtakzente. Er wechselt die Handschrift, streut Surrealismen ein, entschließt sich zu einer abstrakten Wischpassage, blendet ornamentale Zeichen oder Knautschzonen ein. Von solchen Störungen und Brüchen hätte man sich mehr gewünscht.

    Der hyperrealistische Vortrag tritt in Spannung zu einer durch und durch künstlichen Welt – so wie sich in diesen Bildern mit ihren eingefrorenen Gesichtern Traum und Albtraum mischen, die Sehnsüchte und Glücksversprechen der Ironisierung anheimfallen. Beim Rundgang beschleicht einen das Gefühl, dass der Künstler sich mit Lust an dem delektiert, was er entlarvt.

    Meyer bedient sich großzügig in der Kunsthistorie. Niemand scheint vor seinem Zugriff sicher. Man kann sich auf die Zitat-Suche machen und wird fündig zwischen Warhol, Lichtenstein und Comic. Bei den bemalten Louis-Vuitton-Taschen und Koffern (ein Exemplar ist ausgestellt) geht es querfeldein durch die jüngere Kunstgeschichte. Was hätten dazu wohl all die applizierten Vorbilder gesagt?

    bis zum 8. September; Dienstag bis Donnerstag 11 bis 15, Freitag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr. Kataloge liegen aus.

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