Um Freiheit drehte sich dieses Jahr das städtische Programm zum Friedensfest. Einen Nachklang der vielfältigen Veranstaltungen erlebt der Besucher im Glaspalast. Bis 10. Januar 2020 sind dort die jurierten Arbeiten der achten Kunstausschreibung zu sehen, die von der Augsburger Popkulturbeauftragten und der Galerie Noah betreut wurde. In den Foyers im 3. und 4. Stock setzen sich elf Künstlerinnen und Künstler in 28 Arbeiten mit Aspekten des Frei-Seins auseinander.
Denkbar unterschiedlich fallen die Blickweisen aus. Florina Coulin weckt Erinnerungen an die Wende 1989, als die Ausreisenden aus der DDR „fassungslos vor Freude“ waren. Nachrichtenbilder von damals hat sie in Sepia-Anmutung auf Nessel vergrößert, als wär’s aus dem Familienalbum. Anna Moll bannt Fuß- und Handballer in voller Aktion aufs Häkeldeckchen; behagliche Kaffeetisch-Bürgerlichkeit mit Rosenmustern kontrastiert mit sportlicher Dynamik, die alles andere als ruhig ist – das Ganze als detailverliebter Papierschnitt in Schwarz-Weiß.
Die Schizophrenie der vernetzten Informaitonsvermittlung
Den Culture Clash bilden Lydia Schellhammer und Christ Mukenge in ihren gemeinsamen Bildern ab. Munter treibt da ein afrikanisches Schulmädchen Leonardo da Vincis Idealmenschen als rollenden Reifen vor sich her, derweil westliche Lebensart mit Flugzeug, Funkturm und Hochhäusern ihr Umfeld prägt. Stärker verinnerlicht thematisiert das Künstlerpaar als doppelten Menschenkopf die Schizophrenie der vernetzten Informationsvermittlung. Was ist wirklich? Was ist wahr? Die Differenz von außen und innen bezieht Eva Kunze auf die individuelle Persönlichkeit. Ihre Figuren umgibt eine Hülle: „Ich bin nicht die, die du denkst“. Antje Lindner projiziert in ihren Fotografien auf die Haut ihrer Aktmodelle geheimnisvolle Codes als Klassifikationen, die nur von Eingeweihten zu dechiffrieren sind.
Freiheit, sich zu begegnen und sich auszutauschen, beschäftigt Joseph Wehrle in seinen Bildern, die in ihrer rostigen Optik wie Aquatinta-Drucke wirken. Er bevölkert sie mit skurrilen Figuren voller Bewegung und Emotionen. Arnold Suiter weist ins Symbolische mit Sujets, die Realismus und Surrealität verknüpfen. Den „Schritt ins Leben“ wagt eine junge Frau aus dem Winkel eines offenbar festen Bauteils, das über Wassern schwebt und weitere Trittsteine zum Überqueren bietet. Das Ganze spielt sich vor der Silhouette einer Megacity ab, die vermutlich mit ihrem Leben lockt.
Im Ufersand steht das Stichwort D-Day
Ähnlich ungewöhnliche Situationen erschafft Verena Blunck-Mader, indem sie ein altes Paar auf ihren Rollatoren sitzend mit Teetassen im Flachwasser eines Meeresstrands zeigt. In den Ufersand zeichnet sie das Stichwort „D-Day“ ein – eine Erinnerung an die Landung der Alliierten als Wende im Zweiten Weltkrieg. Die Veteranen von damals finden sich nun zur T(ea)-Time ein.
Ums globale Ganze geht es Sebastian Onufszak in seiner „Judgement“-Trilogie mit einem Planeten Erde, der sich farblich ungesund verändert hat. Das Klima bekommt ihm offensichtlich nicht. Im „Climate War“ wähnt Verena Kandler ihre Protagonistin, ein spookiges Wesen im Schutzanzug, der nichts durchlässt von dem, was sie unbekümmert dem Klima antut. Freiheit mutiert hier zur Erlaubnis für fragwürdige destruktive Akte.
Laufzeit bis 10. Januar 2020; Glaspalast geöffnet Montag bis Samstag ganztags.