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Augsburger Philharmoniker: Im Sinfoniekonzert fliegt einem Tschaikowsky um die Ohren

Augsburger Philharmoniker

Im Sinfoniekonzert fliegt einem Tschaikowsky um die Ohren

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    Der Pianist Evgeny Konnov, Kunstförderpreisträger der Stadt Augsburg, ist in dieser Spielzeit Artist in Residence der Philharmoniker. Jetzt spielte er im Sinfoniekonzert.
    Der Pianist Evgeny Konnov, Kunstförderpreisträger der Stadt Augsburg, ist in dieser Spielzeit Artist in Residence der Philharmoniker. Jetzt spielte er im Sinfoniekonzert. Foto: Alexander Yarmak

    Es ist ja nicht so, dass die Augsburger Philharmoniker, Generalmusikdirektor Domonkos Héja und der junge Pianist Evgeny Konnov, Artist in Residence 2020/2021, Tschaikowskys erstes Klavierkonzert nicht aufzuführen verstehen würden. Die Voraussetzungen sind da. Aber der Gesamteindruck der Wiedergabe im 1. Sinfoniekonzert am Montagabend – eine Aufführung von vieren – blieb dennoch ungünstig, enttäuschend, jedenfalls in den vorderen und mittleren Parkettreihen – wo trotz eh schon schütterer Besetzung durchaus noch freie Plätze zu sehen waren.

    Weniger Zuschauer - weniger akustische Dämpfung

    Klar, wir leben in den Zeiten von Corona. Abstriche sind in nahezu allen Lebensbereichen zu machen, Unbequemlichkeiten und Zumutungen hinzunehmen. Das fängt an bei vorgegebenen Laufwegen, setzt sich fort eben bei der schütteren Publikumsbesetzung, die gewiss nicht förderlich ist für ein atmosphärisches Gemeinschaftserlebnis, und endet noch nicht bei den Orchestermusikern, die weiter auseinandersitzen als üblich und schwerer aufeinander hören können.

    Man hat also Abstriche zu machen. Andersherum aber gilt es auch, auf die neuen Gegebenheiten zu reagieren – etwa auf die geänderte Akustik in der Kongresshalle. Wenn nur an die 200 Zuhörer in den Reihen lauschen statt gut 1000, dann fällt eine normale akustische Dämpfung weg. Dann hallt es mehr, dann ertönt die Musik direkter, härter, ja knalliger. Und hier liegt der Hase im Pfeffer.

    Mehr Geräusch als Schönklang

    Als die Philharmoniker und Evgeny Konnov die berühmten Eröffnungstakte des Klavierkonzerts mit Wucht hinausschleuderten, da flog einem Tschaikowsky umgehend brachial um die Ohren – und über weite Strecken blieb es dabei. Selbst in der Mitte des Saals donnerte der dritte Satz noch regelmäßig. In solchen Passagen blieb Tschaikowsky mehr dem Geräusch verbunden als dem Schönklang.

    Mag sein, dass Konnov und Generalmusikdirektor Héja eine gewisse stählerne Brillanz verabredet hatten, vielleicht auch eine drastische Sachlichkeit für dieses Werk mit seinen so wagemutigen wie gefühligen Abschnitten. Und es ist ja so: Das Konzert bleibt ja nun einmal auch ein Virtuosen- und Pranken- und Effektstück, das die Überwältigung sucht.

    Aber wenn schon das einfache Forte kein wirkliches Vergnügen mehr ist, also brüllt, wie steht es dann um das dreifache? Lautstärke – und auch Kraft, Technik, Rasanz und Artistik – das ist nicht alles in diesem Klavierkonzert. Es gehört zwar dazu – doch der Wesenskern bleibt ein ästhetischer.

    Im Andantino schweben die Musiker

    Wohlgemerkt: Die Philharmoniker, Domonkos Héja und Evgeny Konnov konnten auch glänzen, vor allem natürlich im lyrischen Andantino. Da gab es elegante, zaubernde, anrührende Momente im Verbund mit dem Orchester. Hier schwebten die Musiker mitunter sogar gemeinsam. Doch im dritten Satz galt dann vielfach wieder: Tour de Force. Zwei Gänge zurückgeschaltet und vieles wäre günstiger ausgefallen. Die billigsten Plätze waren wohl auch die akustisch besten. Noch im Schlussakkord sprang Konnov vom Klavierstuhl auf – aber sein Sieg war ein Pyrrhussieg. Gleichwohl: starker Applaus und gehämmert Jazziges als Zugabe.

    Gerahmt wurde Tschaikowsky durch Paisiellos Sinfonia aus „La Serva Padrona“, ein Amuse-Gueule, sowie Straussens „Bürger als Edelmann“-Suite. Wer die „Ariadne auf Naxos“ in der vergangenen Spielzeit im Martini-Park gehört hatte, dem begegneten vertraute Motive. Jetzt nun liefen die Philharmoniker unter Héja zu filigraner klanglicher Raffinesse auf. Im Grunde ist unter den gegebenen Corona-Bedingungen mit dieser Orchester-Besetzung das akustisch Zuträgliche im Kongresssaal schon ausgereizt.

    Schöne Soli bei Strauss

    Strauss, der musikalisch so gern Vergangenheit spielte, ertönte nicht nur mit Fingerspitzengefühl, sondern auch mit Augenzwinkern. Geboten delikat, graziös, aristokratisch hier, mit dem Humor des Till Eulenspiegel dort. Die Charaktermusik lief wie geschmiert – mit schönen Soli von unter anderem erster Geige, Bratsche, Cello, Klarinette und Trompete. Ein erweitertes Kammerorchester scheint das Gebot der Stunde.

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