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Augsburg: Das ist die Geschichte hinter dem Flickwerk „Stoinerner Ma“

Augsburg

Das ist die Geschichte hinter dem Flickwerk „Stoinerner Ma“

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    Der „Stoinerne Ma“ oberhalb des Unteren Grabens gehört zur Augsburger Stadtgeschichte.
    Der „Stoinerne Ma“ oberhalb des Unteren Grabens gehört zur Augsburger Stadtgeschichte. Foto: Jan-Luc Treumann

    Im Grunde schon früh wird das Augsburger Kind mit der Kunst im öffentlichen Raum bekannt gemacht. Auch wenn es das selbst noch nicht so sehen dürfte...

    Wird im Herbst an elterlicher Hand zum Perlachturm und zum Turamichele geleitet, wo es den himmlischen Erzengel Michael als Vorbild kennenlernt im Kampf gegen das höllische Böse, im Kampf gegen den Teufel.

    Und wird oberhalb des Unteren Grabens zu einem Wehrturm der alten Stadtbefestigung bei der Schwedenstiege geführt, wo ihm der Steinerne Mann, der „Stoinerne Ma“ als Vorbild von couragierter schwäbischer List im Kampf gegen feindliche Belagerung vorgeführt wird.

    Mit Mut und Schläue gegen das Übel – so also lautet der mehr oder weniger sublime Imperativ.

    Die Sage rund um den Steinernen Mann

    Im Fall des Stoinernen Manns, der etwas in der Hand hält, was als ein Laib Brot interpretiert werden kann, soll es nämlich laut Volkssage so gewesen sein: Als Augsburg 1634 durch kaiserliche und bayerische Truppen ausgehungert werden sollte, wurde ein reichsstädtischer Bäckermeister nachgerade mit Erfolg keck. Er kratzte alles verbliebene Mehl zusammen, buk ein letztes Brot und präsentierte es auf der Stadtmauer dem Feind – ja soll ihm davon sogar etwas abgegeben haben. Zwar fühlte sich der Feind verhöhnt – und schoss dem armen Bäckermeister einen Arm ab, worauf er bald auch gestorben sein soll, aber letztlich erfüllte sich die Redewendung „Frechheit siegt“: Die kaiserlichen und bayerischen Truppen zogen demotiviert von dannen. So weit die hübsche Erzählung, so weit das Märchen.

    Historische Recherchen zu dieser Erzählung haben ergeben, dass es aus mehreren Gründen kaum so gewesen sein kann. Aber der Steinerne Mann war dennoch in der Welt, wenn auch nachweislich erst seit 1828 mit der Erzählung verbunden. Die Sage war im Nachhinein insofern glaubhaft gemacht worden, da sie dem Bäckermeister einen Namen gab, der exakt für diesen Berufsstand im Augsburg 1634 – zu Zeiten des 30-jährigen Krieges – dokumentiert ist: Konrad Hacker.

    Der Steinerne Mann ist aus mehreren Teilen zusammengesetzt

    Und aus dieser Zeit dürfte ja in etwa auch das Haupt-Fragment des aus mehreren Teilen kompilierten Steinernen Manns stammen: Oberkörper und der gesamte geharnischte (beinlose) Unterleib, wie er typisch ist für die ersten Drittel des 16. Jahrhunderts – und wie er im Übrigen nahezu analog auch bei dem ritterlichen Heiligen Georg auf dem Brunnen am Metzgplatz beziehungsweise in den Kunstsammlungen Augsburg zu betrachten ist. Dieser entstand 1565 aus der Hand von Veit Ditsch.

    Der Sockel indessen zum Steinernen Mann besteht aus rotem Marmor, zeigt links wie rechts ein Schneckengewinde und könnte durchaus römisch antik sein, also wesentlich älter. Dies ist nämlich seit einer Untersuchung des Heimatforschers Eduard Lampart (1941) die These zum Steinernen Mann: Dass er im 18. Jahrhundert aus Fragmenten anderer Bildwerke zusammengesetzt worden war – gefunden womöglich auf dem durch die Franzosen zerstörten ehemaligen Friedhof am Lueginsland, gefunden womöglich in den Gärten am Graben, wo das eine oder andere römische Überbleibsel aufgestellt gewesen war, gefunden womöglich aber auch im Hof des Eckhauses Pulvergässchen/Unterer Graben, wo der Steinerne Mann bis weit nach Ende des Zweiten Weltkriegs stand. In diesem Gebäude wohnte bis 1810 der städtische Bauwart und so lagerten auf dem dazugehörigen Grundstück ebenfalls steinerne Überreste der Historie Augsburgs.

    Die erste Überlieferung der Figur stammt von 1792

    Lampart also vermutete aufgrund einer Indizienlage, dass ein städtischer Bauwart im 18. Jahrhundert den Steinernen Mann aus Fragmenten zusammensetzen ließ. Die erste bildliche Überlieferung der Figur mit Schlauchmütze und schiefer Kappe stammt von 1792, die erste Erwähnung der Bäcker-Hacker-Sage datiert auf das Jahr 1828.

    Der Steinerne Mann in seiner heutigen Gestalt war also schon immer Stückwerk – umso mehr als ihm im Laufe der Jahrzehnte Wind und Wetter, Kriegseinwirkungen und regelmäßiger Vandalismus (!) zusetzten. Seine eiserne Nase etwa war eine Operation nach wiederholter Sachbeschädigung.

    Und nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Skulptur erneut schwer beschädigt worden war, stand eine große Sanierung durch die Stadt an. Hilfreich dafür war eine Kopie, die die Kommune bereits 1914 hatte anfertigen lassen. Als die Sagengestalt dann wieder geflickt und hergerichtet war, fand sie ihren Standort dort, wo sie heute noch durchaus mürrisch in die Welt blickt – eben in der Nische eines Wehrturms der alten Stadtbefestigung nahe Schwedenstiege.

    Das haben wir in unserer Serie "Kunst im öffentlichen Raum" ebenfalls veröffentlicht:

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