Sechs Jahre großes Augsburger Bündnis – für die Grünen, den kleinsten der drei Partner, war dies oft eine Gratwanderung. Auf mancher Forderung lässt sich mit mehr Nachdruck bestehen, wenn man nicht regiert. Martina Wild, seit den Kommunalwahlen 2014 Fraktionsvorsitzende der Augsburger Grünen, hat es geschafft, zwischen Parteibasis und den Partnern CSU und SPD zu vermitteln – auch wenn sie dafür teils von grünen Zielen abweichen musste.
Es war ein Spagat, der die Grünen vor allem bei der Frage einer möglichen Fusion der Stadtwerke-Energiesparte mit Erdgas Schwaben vor eine interne Zerreißprobe stellte. Während die Mehrheit der Stadtratsfraktion die Fusion unterstützte, rebellierte die Basis dagegen – und mit ihr zahlreiche Bürger. Das Ergebnis ist bekannt: Die Fusion scheiterte. Die innerparteiliche Diskussion wirkte bei den Grünen noch länger nach.
Die Schwierigkeiten, zu vermitteln, zeigten sich auch bei einem anderen wichtigen Themen Augsburgs: dem Verkehr. Die Grünen stimmten mit der CSU (und gegen die SPD) für die bis heute Tumstrittene Tarifreform im öffentlichen Nahverkehr, von der am Ende nur wenige profitierten – im Gegenteil: Der Nahverkehr hat an Attraktivität eingebüßt, einige Bürger stiegen aus Frust wieder aufs Auto um. Den Grünen, die eine autofreie Innenstadt, zumindest aber eine autofreie Maximilianstraße fordern (und bislang nicht durchsetzen konnten), kann das ebenso wenig schmecken wie das Scheitern am Ziel Fahrradstadt 2020. Die Radspur in der Maximilianstraße und andere Radwege vermeldet die Partei zwar als Erfolge. Dennoch ist die Stadt in den Jahren unter Regierungsbeteiligung der Grünen bei diesem Thema nicht so weit gekommen wie gedacht.
Baumfällungen sind in Augsburg ein Aufreger
Obwohl das Umweltreferat mit Reiner Erben von einem Grünen-Politiker geleitet wird, bleiben vielen Augsburgern aus der auslaufenden Amtsperiode negative Ereignisse im Gedächtnis. Größter Aufreger waren die Baumfällungen am Herrenbach vor zwei Jahren. 96 Bäume, hieß es, müssten weg, nach vehementen Bürgerprotesten waren es nur noch 47. Der Umweltreferent stand als Buhmann da. Allerdings hatte er die Zuständigkeit für den Herrenbach erst kurz zuvor vom Tiefbauamt übertragen bekommen. Angedockt beim Baureferat und dessen Leiter Gerd Merkle (CSU) war das Thema jahrelang anderswo verschlafen worden.
Als Erfolg werten Augsburgs Grüne den „Leitfaden Baumschutz“ zum Schutz von Stadtbäumen, auch wenn er bislang nicht rigide umgesetzt wird. In den vergangenen Jahren wurden zudem neue Stellen in der Grün- und Baumpflege geschaffen. Der Windprechtpark wurde zumindest teilweise wieder für Passanten geöffnet. Auf Anregung von Grünen und ÖDP sollen dort künftig Rinder oder Ziegen weiden.
Beim schwierigen Thema Wohnen – Wohnraum wird immer knapper und teurer – und Bauen haben die Grünen klare Konzepte. Sie setzen sich für eine Sozialquote von 30 Prozent ein, die vor kurzem in Augsburg auch beschlossen wurde. Auch die Art, wie das neue Baugebiet Haunstetten Südwest geplant wird, dürfte mit auf den Einfluss der Grünen zurückzuführen sein: Bürger wurden eingebunden, das Viertel könnte hinsichtlich seiner Lösungen für Mobilität und Klimaschutz eines der modernsten in Augsburg werden. Der neue Wertstoffhof in Haunstetten setzt ebenfalls Zeichen: Er ist nachhaltig gebaut und verbraucht weniger Energie, als er durch Fotovoltaik-Anlage und Wärmepumpe erzeugt. „Umweltbewusst bauen geht auch in der Großstadt“, so das grüne Credo.
Die Augsburger können dank der Grünen mehr mitreden
Was die Partei fast ausnahmslos für sich verbuchen kann, ist eine stärkere Einbindung der Bürger. Als es um die Sanierung des Theaters ging, pochte die Partei auf Workshops, in denen die Augsburger ihre Wünsche an die Kultureinrichtung formulieren konnten. Inwieweit diese Forderungen am Ende auch Realität werden, wird sich allerdings erst nach der Wiedereröffnung des großen Hauses zeigen.
Das Ratsinformationssystem, mit dem die Verwaltung online über städtische Entscheidungen informiert, wurde in der auslaufenden Amtsperiode verbessert – auch dies auf Drängen der Grünen.
Die Erfolge der Öko-Partei in Augsburg sind zum Großteil keine Mega-Projekte, die man öffentlich vermarkten könnte. Die Grünen haben in den letzten sechs Jahren aber für kleine Veränderungen gesorgt, um dem großen Ziel einer nachhaltigen Stadt näherzukommen. Sollten die Grünen am 15. März ein gutes Ergebnis erzielen, wovon nach Analyse anderer Wahlen auszugehen ist, könnte sich Augsburg in den nächsten sechs Jahren weiter in diese Richtung entwickeln.
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