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Kommentar: Streit um israelkritischen Vortrag: OB Weber ist als Diplomatin gefragt

Kommentar

Streit um israelkritischen Vortrag: OB Weber ist als Diplomatin gefragt

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    OB Eva Weber muss in einem schwierigen Streitfall vermitteln.
    OB Eva Weber muss in einem schwierigen Streitfall vermitteln. Foto: Silvio Wyszengrad

    So schnell kann es gehen. Der Terrorangriff auf Israel sorgt weltweit für Entsetzen und Fassungslosigkeit. Und praktisch im Handumdrehen hat der Konflikt im Nahen Osten einen ungewöhnlich heftigen gesellschaftlichen Streit in Augsburg ausgelöst: Die jüdische Gemeinde und ihre Unterstützer fordern ultimativ ein Auftrittsverbot für einen israelkritischen Referenten in städtischen Räumen - aus Solidarität mit Israel und aus Sicherheitsbedenken hierzulande. Die Veranstalter des Vortrags, die immerhin aus den Reihen der Friedensinitiativen und Pazifisten kommen und keine Radikalen sind, pochen auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit. Sie halten es für unabdingbar, auch in diesen schwierigen Zeiten einen öffentlichen Diskurs führen zu können.

    Der eskalierende Streit bringt wiederum die Stadtspitze in die Zwickmühle. Einerseits ist es unverzichtbar und richtig, sich solidarisch mit der jüdischen Gemeinde in Augsburg zu zeigen und Terror und Gewalt gegen Israel klar zu verurteilen. Das hat OB Eva Weber getan. Andererseits gilt in Deutschland das Grundgesetz, Meinungsfreiheit ist in einer Demokratie eines der höchsten Güter. An geltendes Recht muss sich auch die Stadt Augsburg halten, zudem die öffentliche Sicherheit im Blick behalten. Auch das hat Weber klar gemacht. 

    Nicht stur am Maximalforderungen festhalten

    Dennoch muss die OB jetzt vor allem diplomatisches Geschick beweisen. Augsburg trägt den hohen Anspruch einer "Friedensstadt" vor sich her. Das gesellschaftliche Miteinander funktioniert im Großen und Ganzen, was nicht selbstverständlich ist. Deshalb sollte im Fall des umstrittenen Referenten keine Entscheidung fallen, die Schaden anrichtet. Eine tragfähige Lösung auszuhandeln, mit der alle Beteiligten leben können, ist das Gebot der Stunde.

    Früher ging das auch. Bestes Beispiel sind die "Stolpersteine", die an NS-Opfer erinnern. Ein Teil der jüdischen Gemeinde wollte sie zunächst keinesfalls in Augsburg haben, die Stolperstein-Initiative wollte sie unbedingt. Auch bei diesem emotional aufgeladenen Thema (mit erheblich größerer Tragweite als ein einzelner Vortrag) konnte man sich auf einen Kompromiss einigen. Es kam der bundesweit beachtete "Augsburger Weg" mit zwei Angeboten: Stolpersteinen auf der Straße und Gedenkbändern an Gebäuden. Für einen Kompromiss braucht es aber nicht nur geschickte Diplomaten im Rathaus, sondern auch Beteiligte, die nicht stur an Maximalforderungen festhalten. 

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