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Kommentar: E-Kioske: Stadt Augsburg hat nicht dazugelernt

Kommentar

E-Kioske: Stadt Augsburg hat nicht dazugelernt

Ina Marks
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    Die Stadt Augsburg hält Betreiber von Automatenkiosken dazu an, auch spätestens um 20 Uhr zu schließen. Das stößt auf Unverständnis.
    Die Stadt Augsburg hält Betreiber von Automatenkiosken dazu an, auch spätestens um 20 Uhr zu schließen. Das stößt auf Unverständnis. Foto: Anna Kondratenko

    Es ist kurz vor 20.30 Uhr, zwei junge Frauen rütteln im Hunoldsgraben in der Altstadt an der Tür zum Automatenkiosk. Sie bleibt verschlossen. „Bis 20 Uhr hat der nur offen“, liest schließlich eine der beiden auf einem Schild. „Haben Automaten nun auch schon feste Arbeitszeiten?“, kommentiert die andere trocken. Was klingt wie ein Witz, ist keiner. Seitdem die Stadt Betreibern von E-Kiosken unter Androhung von Bußgeldern verbietet, ihre kleinen Läden rund um die Uhr aufzulassen, fahren diese nach eigenen Angaben erhebliche Verluste ein. Manche sagen, sie wissen nicht, ob sie finanziell bis Herbst durchhalten. Dann nämlich will der Bayerische Landtag sein neues Ladenschlussgesetz verabschieden. Dieses soll auch den Umgang mit den neuen, modernen Kleinläden regeln, die ohne Personal auskommen. Im Gegensatz zu anderen, umliegenden Städten fährt die Stadt Augsburg hier aktuell einen gnadenlosen Kurs – und verstolpert sich, wie vor zwei Jahren. Aber dazu später mehr.

    Ausgerechnet der Koalitionspartner in der Augsburger Stadtregierung, die Grünen, hatte in der Diskussion um Automatenkioske unlängst öffentlich von der CSU gefordert, flexibler mit Läden ohne Verkaufspersonal umzugehen. Denn Arbeitnehmerschutz spiele in diesen Fällen eben keine Rolle. Das mochte überraschen, schreibt sich doch vor allem die CSU auf ihre Fahne, die heimische Wirtschaft zu unterstützen. Im Fall der Automatenkioske tut sie es nicht, obwohl sie entgegen allen Bestreitens von Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU), der sich auf geltendes Recht beruft, durchaus Spielraum dazu hätte.

    Stadt Augsburg nutzt bei Automatenkiosken Spielraum nicht

    Das beweisen Städte wie Gersthofen, Kaufbeuren oder Memmingen, die Automatenkiosken erlauben, rund um die Uhr zu öffnen. Und auch die Industrie- und Handelskammer Schwaben wundert sich, warum die Stadt Spielräume nicht nutzt. Selbst das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales hat im Einvernehmen mit weiteren Ministerien in einem Schreiben an Gemeinden 2021 festgehalten, dass digitale Kleinstsupermärkte keine Verkaufsstellen sind und damit nicht dem Ladenschlussgesetz unterliegen. Die angeführten Kriterien für einen digitalen Kleinstsupermarkt decken sich mit denen der Automatenkioske: kein Verkaufspersonal, Ladenfläche unter 100 Quadratmeter, Angebot von Konsumgütern. Anstatt diesen Spielraum zu nutzen, stellt sich die Stadt quer, was sehr an die Debatte um den Sporthändler Sportkind am Rathausplatz erinnert.

    Bei Sportkind schaltete sich Augsburgs OB Eva Weber ein

    Die Verwaltung wollte 2022 zwei Monitore in den Schaufenstern des Geschäfts verbieten, auf denen in wechselnden Standbildern das Kleidungssortiment gezeigt wurde. Der damalige Baureferent Gerd Merkle vertrat die Ansicht, dass Sportkind damit gegen städtische Vorschriften und den Denkmalschutz verstieß. "Der Bebauungsplan ist ein Gesetz, der bayerische Denkmalschutz ist ein Gesetz", führte er an. Die Rätinnen und Räte im Bauausschuss schlossen sich an. Höchstwahrscheinlich wären die Monitore tatsächlich abgelehnt worden, hätten die Geschäftsführerinnen nicht öffentlich Alarm geschlagen. Die Empörung in der Stadtgesellschaft über den Umgang mit zwei heimischen Unternehmerinnen war so groß, dass sich Oberbürgermeisterin Eva Weber einschaltete und ihrem Baureferenten in den Rücken fiel. In einer Stellungnahme in den sozialen Netzwerken appellierte sie leidenschaftlich an ein generelles Umdenken.

    Die Politik tue gut daran, so schrieb sie damals, sich ins Ermöglichen zu verlieben und nicht ins Verhindern. Doch Letzteres passiert jetzt im Falle der Automatenkioske erneut. Nur gibt es keinen großen Aufschrei in der Öffentlichkeit. Das kann mehrere Gründe haben: Ein schnöder Automatenkiosk ist nicht vergleichbar mit einem bekannten Geschäft, das Inhaber, Mitarbeiter und Verkaufsberatung hat. Zudem sind E-Kioske kein so emotionales Thema. Aber wie die Monitore als Werbemittel gehören auch die Kioske zu einer modernen Weiterentwicklung im Handel, der sich eine angeblich wirtschaftsfreundliche Stadt nicht verschließen darf. Die Nachfrage der Kundschaft müsste Bestätigung genug sein. Und auch hier geht es um Unternehmer, die Geld investiert haben. Für die Sportkind-Unternehmerinnen wurde ein Weg gefunden, damit sie ihre Monitore behalten können. Diesen Einsatz sollten auch die Betreiber der E-Kioske erwarten dürfen.

    Mit einer modernen Stadt hat diese Art von Politik nichts zu tun

    Stattdessen wartet die Stadtverwaltung ab, bis das neue Ladenschlussgesetz verabschiedet wird und nimmt in Kauf, dass der ein oder andere E-Kiosk bis dahin von der Bildfläche verschwindet, weil er sich finanziell nicht mehr halten kann. Mit einer modernen, offenen Stadt, von der Oberbürgermeisterin Weber so gerne spricht, hat das nichts zu tun. „Sich ins Ermöglichen zu verlieben und nicht ins Verhindern“ – ihre Worte klangen damals vielversprechend, bei den Automatenkiosken sind sie bislang nur heiße Luft.

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    4 Kommentare
    Franz Xanter

    Dummheit und Ignoranz kennt keine Grenzen. Und die Verantwortlichen von Augsburg setzen dem die Krone auf! man sollte all die "gewählten" Verantwortlichen wegen Unfähigkeit entlassen.

    Ronald Hattensaur

    Die Verantwortlichen von der Stadtverwaltung sind kleinkariert . Bei der CSU nichts Neues.

    Andreas Keibel

    Als ich 2003 von Dortmund nach Augsburg zog und um 20:00 glücklich den Weihnachtsmarkt besuchen wolltey schloss der grade. Ich dachte "in welchem Provinkaff bin ich denn hier gelandet??“ In anderen Bundesländern geht's da erst richtig los, und auch die Bediensteten des Einzelhandels können mit den letzten Kunden des Tages noch den Tag ausklingen lassen. Nicht so in Augsburg, da werden die Bürgersteige wie im Mittelalter hochgeklappt. Bei den Vending-Machines, die überall auf der Erde die Versorgungssituationen verbessern, jetzt das gleiche peinliche Gezicke. Gut, dass man die Kuh beim Namen kennt, die quer im Raum steht.

    Thomas Keller

    Schöner wären doch Büdchen wie im Ruhrgebiet üblich. Da gibt es sogar noch Pommes und Currywurst und das Schnäpsken... Ein sozialer Treffpunkt und manchmal eine Institution. Hier werden haltbare Süssigkeiten, etwas anderes sehe ich dort nicht, heruntergekühlt, mit einem irren Energieaufwand, und anscheinend kann man solch Waren nicht zu normalen Tageszeiten erstehen. Wer erledigt eigentlich die Beschickung der Automaten und vor allem wann?

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