Wie viele Diskussionen sind eigentlich schon um die Generalsanierung des Augsburger Theaters geführt worden? Allem Anschein nach nicht so viele, dass alle grundsätzlichen Fragen ein für alle Mal geklärt wären – ganz anders zum Beispiel als beim Bahnhofstunnel, dem anderen städtischen Großprojekt. Dort kommt niemand auf die Idee, wegen der kontinuierlichen Kostensteigerungen den Umfang des Bauprojekts abzuspecken, etwa indem die Straßenbahnwendeschleife oder die unterirdischen Bahnsteige weggelassen werden.
Jede Teuerung startet die Diskussion um Theatersanierung neu
Bei der Theatersanierung ist das anders. Jede Bekanntgabe einer neuen Teuerung hat den Grundsatzdiskussionen neues Feuer eingehaucht. Fast reflexhaft kommen dann Forderungen auf, den Neubau hinter dem Großen Haus zu verkleinern und aus den Ausweichspielstätten, der Brechtbühne im Gaswerk und dem Martinipark, Dauerquartiere des Theaters zu machen. Was beim Bahnhofsumbau so offensichtlich als schlechter Witz daherkommen würde, gilt bei der Generalsanierung des Theaters als ernsthafter Debattenbeitrag, der die CSU-geführte Stadtregierung ein ums andere Mal in Erklärungs- und Argumentationsnöte bringt.
Bemerkenswert ist, dass sich zum Beispiel die SPD mit ihrem Oberbürgermeister-Kandidaten Dirk Wurm im Wahlkampf so positioniert hat, obwohl die Partei Jahre zuvor die Sanierung als Teil der Stadtregierung mit auf den Weg gebracht hat. Fix war nun nicht mehr das Ziel, die Generalsanierung des Theaters zu nutzen, Spielstätten, Werkstätten, Probebühnen und Lagerräume des Hauses so miteinander zu verzahnen, dass ein effizienter, gut funktionierender Spielbetrieb möglich wird. Fix war nur noch die finanzielle Obergrenze des Bauvorhabens, die vorgeben soll, was möglich ist und was nicht.
Wo die Kritik an der Sanierung endet?
Bei aller aktuellen Angespanntheit des städtischen Haushalts – verstärkt auch noch durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie – stellt sich schon die Frage, ob da allen bewusst ist, welche Dimensionen ein solches Bauvorhaben hat.
Hingewiesen wird immer, dass sich die Stadt für die Generalsanierung verschuldet, dass sie das Geld ausgibt, das in Zukunft für andere Dinge nicht aufgewendet werden kann. Selbstverständlich muss so etwas kritisch gesehen werden. Schulden sind nur dann gut zu rechtfertigen, wenn auf der anderen Seite ein Nutzen entsteht, von dem auch in der Zukunft viele profitieren. Genau da endet allerdings oft die berechtigte Kritik.
Jetzt schafft die Stadt das Theater, das auch in zehn, in fünfundzwanzig und in fünfzig Jahren von Augsburgern besucht werden wird. Den Bau um jeden Preis so abzuspecken, dass er nicht den einmal gegebenen Kostenrahmen überschreitet, mag aus finanzpolitischer und wahltaktischer Sicht der Gegenwart schlau sein, lässt aber die Verantwortung des Bauherren außen vor, der dem Theater nicht nur heute, sondern auch für die nächsten Generationen seine Form und damit auch seine Gestaltungsmöglichkeiten gibt. Das ist eine Chance, die nicht so schnell wiederkommen wird. In 30 Jahren wird niemand loben, wie großartig damals die Stadt Augsburg Geld bei diesem Bauvorhaben gespart hat, das ganz sicher nicht.
Soll das Staatstheater im Gaswerk bleiben?
Möglicherweise ist die günstige Sanierungsvariante heute, bei der auf den Neubau einer zweiten Spielstätte am Großen Haus verzichtet wird und weiter im Gaswerk oder im Martinipark gespielt wird, auf Dauer sogar die teurere Variante wegen zusätzlicher Mietkosten und einem höheren Personalaufwand in der Logistik des Hauses.
Gerade da sollten die Stadträte vor ihrer Sitzung im Juli, in der die Theatersanierung und das sogenannte Bauteil 2 wieder ein Thema sein soll, noch einmal die Gutachten ansehen, die vor aller Sanierung zum Theaterstandort angefertigt worden sind und die im Übrigen auch einiges an Geld gekostet haben. Darin kam man aus mehreren Gründen zum Schluss, dass die sinnvolle Lösung ein zentraler Standort für das Theater ist.
Aber dieses Papier scheint langsam wieder vergessen zu werden. Weil eine halbherzige, aber im Kostenrahmen bleibende Generalsanierung des Theaters nicht so offensichtlicher Pfusch ist wie ein fehlender Bahnsteig bei einem Straßenbahntunnel, kann man nicht wirklich sicher sein, was letztlich entschieden wird. Da hat sich Augsburg zuletzt ja schon einmal ziemlich lächerlich gemacht, als aus der Not, einen Ersatz für die Komödie zu finden, die Brechtbühne als Interim gebaut wurde – an eine Stelle, wo sie für die Generalsanierung des Theaters im Weg stand und wieder abgerissen werden musste.
Ein teurer Witz, wie sich herausgestellt hat, zustande gekommen auch deshalb, weil nur die Gegenwart und nicht auch die Zukunft mit in den Blick genommen worden ist. Schon damals wusste man, dass die Generalsanierung des Theaters im Grunde unausweichlich war. Bitte nicht ein zweites Mal eine solche Panne.
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