AVV-Tarifreform: Geht der Schuss nach hinten los?

29.12.2017

Der Augsburger Verkehrsverbund hat mit seinen neuen Tarifen viele Fahrgäste verärgert. Wegen der teureren Preise und Tickets wollen viele wieder aufs Auto umsteigen.

Tausende Fahrgäste des Augsburger Verkehrs- und Tarifverbunds AVV sind sauer: Wenn sie ab 1. Januar mit dem öffentlichen Nahverkehr fahren wollen, müssen sie sich auf neue Tarife einstellen. Das an sich wäre kein Problem, nur: Rund ein Viertel der Kunden im Stadtgebiet Augsburg zahlt künftig mehr – einige bis zu hundert (!) Prozent. Die Wut darüber ist so groß, dass manch positive Effekte der Umstellung (denn auch die gibt es) nicht mehr gesehen werden.

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Der AVV verkauft die Reform als „Meilenstein in der Weiterentwicklung des Nahverkehrs“. Ab sofort werde vieles einfacher, übersichtlicher und fairer. Augsburger Passagieren erscheint diese Werbestrategie wie Hohn. Denn tatsächlich wollen die AVV-Gesellschafter – Stadt Augsburg, die Landkreise Augsburg, Aichach-Friedberg und Dillingen – vor allem eines: verlässliche (und höhere) Einnahmen. Ersteres garantieren Abonnenten, weshalb sie ab sofort bessergestellt werden. Für den Rest zahlen die anderen.

Neue AVV-Tarife: Bürger fühlen sich auf den Arm genommen

2016 lagen die Einnahmen des AVV bei 74,5 Millionen Euro. Die neuen Tarife sollen dem defizitären Nahverkehr bis 2022 eine Steigerung um zehn Prozent einbringen – was der Verbund auch offen kommuniziert. Dennoch haben viele Fahrgäste das Gefühl, dass ihnen mit der Reform ein finanziell schlechteres Angebot als „großer Wurf“ verkauft wird und fühlen sich auf den Arm genommen. Das ist ein Manko der Tarifreform.

Auch inhaltlich gibt es einiges zu bemängeln. Ein Beispiel: das Kurzstreckenticket. Selbst Augsburger, die nahe an der Innenstadt wohnen, kommen damit nicht einmal mehr bis zum Knotenpunkt Königsplatz. Weiteres Beispiel: das Seniorenticket. Es wird durch ein Sparabo ersetzt, das zwar günstiger kommt, aber erst ab neun Uhr gilt. Senioren, die vorher einen Arzttermin haben, können es nicht nutzen. Berufstätige, die vor neun im Büro sein müssen, auch nicht.

Viele Fahrgäste wollen häufiger Auto fahren

Der AVV möchte durch die Reform mehr Tram- und Busfahrer zum Abo bewegen. Man könnte es auch „zwingen“ nennen, weil die Preise für Nicht-Abonnenten teils bewusst unattraktiv gehalten sind. Zwang aber, das weiß man schon aus der Kindererziehung, bewirkt meist das Gegenteil. Viele Fahrgäste haben angekündigt, ab Januar wieder häufiger aufs Auto umzusteigen. Für den AVV ginge der Schuss damit nach hinten los. Für die Stadt, die verzweifelt daran arbeitet, die Schadstoffwerte in der Luft zu reduzieren, wäre dies eine mindestens ebenso verheerende Folge der Reform.

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