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Jahresrückblick 2022: Ikea-Unfall, Überstunden, Pflegeskandal: Das hat Augsburg 2022 bewegt

Jahresrückblick 2022

Ikea-Unfall, Überstunden, Pflegeskandal: Das hat Augsburg 2022 bewegt

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    Widerstand gegen Zerschlagung von Premium Aerotec, Debatte um Sportkind-Monitore, tödlicher Unfall am Ikea-Parkplatz, Schließung eines Skandalheims - vier Themen aus dem Jahr 2022.
    Widerstand gegen Zerschlagung von Premium Aerotec, Debatte um Sportkind-Monitore, tödlicher Unfall am Ikea-Parkplatz, Schließung eines Skandalheims - vier Themen aus dem Jahr 2022. Foto: Silvio Wyszengrad, Bernd Hohlen

    Es gibt im Lauf eines Jahres viele Themen, die uns als Redaktion beschäftigen. Manche aber stechen aus dem Nachrichtenstrom heraus - weil sie die Leserinnen und Leser besonders bewegen, und auch uns. Ein Rückblick auf wichtige Augsburger Nachrichten des Jahres 2022.

    Teure Energie, Nahverkehr aus dem Takt: Die Stadtwerke im Krisenmodus

    Es sind harte Zeiten für die Augsburger Stadtwerke, aber auch für deren Kundinnen und Kunden. Die Energiekrise sorgt für massiv steigende Preise bei Gas und Strom. Das belastet die Haushalte, aber auch die Stadtwerke selbst. Im Oktober sagt Stadtwerke-Chef Alfred Müllner im Interview mit unserer Redaktion: "Wir sind jetzt im Krisenmodus." Investitionen - etwa in den Fuhrpark oder in Software - werden teils geschoben, manche freien Stellen nicht neu besetzt. Doch nicht nur die Energiesparte der Stadtwerke muss mit der Krise klarkommen. Auch im Nahverkehr gibt es Probleme. Die Fahrgastzahlen und damit auch die Einnahmen sind noch nicht zurück auf Vor-Corona-Niveau. Gleichzeitig sorgt ein Fahrermangel - ausgelöst durch Krankheitsfälle und zu wenig Nachwuchs - dafür, dass der Takt bei Straßenbahnen und Bussen in den Randzeiten ausdünnt werden muss.

    Bisher glichen die Stadtwerke mit ihren Gewinnen im Energiegeschäft den jährlichen Verlust von rund 40 Millionen Euro im Nahverkehr aus. Doch das funktioniert so nicht mehr, die Stadt greift der gebeutelten Tochter finanziell unter die Arme. Sie bezuschusst das steigende Defizit im Nahverkehr mit vier Millionen Euro. Gleichzeitig verzichtet sie auf 3,6 Millionen Euro, die sonst von den Stadtwerken an die Stadt fließen - als Verzinsung dafür, dass die Stadt Grundstücke im Trinkwasserschutzgebiet im Stadtwald zur Verfügung stellt.

    Gerd Merkle und die Überstunden: Baureferent macht bundesweit Schlagzeilen

    Gerd Merkle ist seit 2008 Baureferent - und damit das dienstälteste Mitglied der Augsburger Stadtregierung. Er gilt als einer, der viel und lange arbeitet. So viel, dass er rund 4900 Überstunden angesammelt hat. Dafür möchte er von der Stadt einen Ausgleich, rund 200.000 Euro. Das wird erst hinter verschlossenen Türen diskutiert, durch einen Bericht unserer Redaktion aber öffentlich. Der Fall macht bundesweit Schlagzeilen, Merkles Überstunden werden zum Aufmacher in der Bild am Sonntag. Der Stadtrat befasst sich erneut mit der Überstunden-Frage. Eine Anwaltskanzlei prüft im Auftrag der Stadt, ob die Überstunden-Forderung korrekt ist. Das Ergebnis: Merkle hat Anspruch auf einen Überstunden-Ausgleich. Die Überstunden stammen aus der Zeit, als er in leitender Position in der Bauverwaltung arbeitete, aber noch nicht Referent war. 

    Baureferent Gerd Merkle und OB Eva Weber bei einem Termin am Augsburger Eiskanal im April.
    Baureferent Gerd Merkle und OB Eva Weber bei einem Termin am Augsburger Eiskanal im April. Foto: Ulrich Wagner

    Die Anwälte schlagen allerdings ein Vorgehen vor, mit dem Merkle wohl deutlich weniger als die geforderten 200.000 Euro bekommen würde. Er soll, wenn er zum 1. Mai 2023 als Referent aufhört, sein Rückkehrrecht in die Verwaltung nutzen. Er wäre dann eingestuft in die Gehaltsklasse, in der er sich vor seiner Wahl zum Baureferenten befand. Arbeiten müsste Merkle nicht mehr, er könnte bis zum offiziellen Rentenalter Überstunden abfeiern. Nur die Überstunden, die bei Rentenbeginn noch übrig sind, bekäme er dann ausbezahlt. Ob Merkle sich darauf einlassen will, ist bisher nicht bekannt - er hat sich dazu noch nicht geäußert.

    Neuer Chef und ein geplanter Neubau: Perspektiven für eine Uniklinik am Limit

    Der Riese muss kämpfen. Das Augsburger Uniklinikum ist mit seinen rund 1700 Betten und 6900 Beschäftigten eines der größten Krankenhäuser im Land. Erst bringt die Corona-Pandemie das Haus an die Grenze der Belastbarkeit. Als sich die Corona-Lage im Laufe des Jahres beruhigt, gibt es neue Probleme - den Personalmangel. Manche Pflegekräfte haben den Beruf gewechselt oder ihr Arbeitszeit reduziert. Nachwuchs zu finden, ist schwierig. Und dann herrscht zum Jahresende erneut großer Andrang - dieses Mal sind es viele Kinder, die am RS-Virus erkrankt sind, bei den Erwachsenen schlägt auch die Grippe wieder zu.

    Eine Perspektive gibt es nun aber zumindest für das sanierungsbedürftige, 40 Jahre alte Klinikgebäude. Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) spricht sich klar dafür aus, das Haus nicht im laufenden Betrieb zu sanieren, sondern es neben dem bisherigen Standort neu zu bauen. 

    Pflegerinnen auf einer Intensivstation der Augsburger Uniklinik: Das Personal arbeitet am Anschlag.
    Pflegerinnen auf einer Intensivstation der Augsburger Uniklinik: Das Personal arbeitet am Anschlag. Foto: Silvio Wyszengrad

    Vor allem beim Personal stößt das auf große Zustimmung. Eine Sanierung wäre für die Beschäftigten wohl eine große zusätzliche Belastung. Auch der künftige Chef der Uniklinik ist für den Neubau. Der Mediziner Prof. Klaus Markstaller, zuletzt in Wien tätig, wird ab Januar 2023 neuer Ärztlicher Direktor.

    Aufatmen bei Premium Aerotec: Großer Arbeitgeber bleibt bei Airbus

    Das Szenario bereitete vielen Beschäftigten beim Augsburger Luftfahrt-Zulieferer Premium Aerotec Sorgen. Der Mutterkonzern Airbus hatte geplant, den Standort aufzuspalten und den größten Teil an einen Investor zu verkaufen. Doch die Beschäftigten gingen mit Unterstützung der Gewerkschaft IG Metall dagegen auf die Barrikaden. Der Widerstand war groß, wie lange Warnstreiks zeigten. Betriebsrat und Gewerkschaft

    Rund 2800 Menschen arbeiten in Augsburg bei Premium Aerotec. Gebaut werden unter anderem Rumpfschalen für das Airbus-Langstreckenflugzeug A350 und Rumpfenden für die Kurz- und Mittelstreckenflieger aus der A320-Familie. Auch Teile für das Kampfflugzeug Eurofighter und Baugruppen für den Militärtransporter A400M entstehen hier. Mittelfristig soll das Augsburger Werk wieder direkt bei Airbus eingegliedert werden - der Name "Premium Aerotec" wird also wohl wieder verschwinden.

    Streit um Sportkind-Geschäft: Zwei Bildschirme werden zum großen Aufreger

    Als das neue Geschäft der Augsburger Sportmode-Marke Sportkind im Juni am Rathausplatz öffnet, ist die Politik voll des Lobes. Gleich zwei Mitglieder der Stadtregierung kommen, Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle und Kultur- und Sportreferent Jürgen Enninger. In einer städtischen Pressemitteilung heißt es: Die Innenstadt gewinne "ein modernes und individuelles Ladenkonzept". Doch die Freude währt nicht lange, wenige Wochen später gibt es Ärger zwischen den Sportkind-Gründerinnen und der Stadt. Der Grund: Die städtischen Denkmalschützer stören sich an zwei Monitoren, die in den Schaufenstern stehen - darauf zu sehen sind wechselnde Fotos mit Models, die Sportkind-Kleidung tragen. 

    Erst heißt es: Die Monitore müssen weg. Dann schlägt die Stadt einen Kompromiss vor. Doch darauf wollen sich die Sportkind-Chefinnen nicht einlassen. Sie denken darüber nach, den Laden wieder zu schließen. Schließlich schaltet sich Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) ein. Das Ergebnis: Die Stadt arbeitet neue Regeln für die Schaufenstergestaltung in der Innenstadt aus, in der Zwischenzeit werden die Monitore geduldet. Eva Weber findet in der Sportkind-Debatte ein neues Thema, das sie fortan begleitet. Mehrfach betont sie, es sei Aufgabe der Stadt, den Menschen möglichst wenige Steine in den Weg zu legen und sie, wenn sie etwas anpacken, zu unterstützen. Die Politik, so formuliert es Weber, müsse sich "ins Ermöglichen verlieben und nicht ins Verhindern".

    Der Sanierungsstau ist groß: Schulen müssen sich gedulden

    Es war ein ambitioniertes Projekt: Im Jahr 2015 legte die Stadt ein 300-Millionen-Schulsanierungsprogramm auf. Doch in diesem Jahr wird immer deutlicher, was eigentlich schon lange klar ist: Das Geld reicht bei Weitem nicht. Zu groß ist der Sanierungsstau. Ärger gibt es unter anderem am Rudolf-Diesel-Gymnasium, das zwar grundlegend saniert wird. Für die gesperrte Turnhalle aber ist erst einmal kein Geld da. Auch andere Schulen müssen sich gedulden oder sich mit kleineren Sanierungen zufriedengeben.

    Eimer fangen Regenwasser auf: Die Turnhalle des Rudolf-Diesel-Gymnasiums ist gesperrt.
    Eimer fangen Regenwasser auf: Die Turnhalle des Rudolf-Diesel-Gymnasiums ist gesperrt. Foto: Silvio Wyszengrad

    Aus der Opposition gibt es Kritik, dass die Stadtregierung trotzdem an der teuren Sanierung des Theaters festhält - inzwischen geht die Stadt davon aus, dass sie bis zu 340 Millionen Euro verschlingen könnte. "Wir können die hohe Last der Sanierung nicht in astronomische Höhen wachsen lassen und alle finanziellen Spielräume für ein einzelnes Projekt opfern", kritisiert SPD-Stadträtin Jutta Fiener bei einer Sitzung im Sommer. OB Eva Weber betont im Laufe des Jahres dagegen mehrfach, die Schulen hätten Priorität. Die Stadt habe in den vergangenen zehn Jahren so viel Geld in die Schulen gesteckt wie noch nie. Die Schulden der Stadt erreichen indes, auch wegen Schulen und Theater, ein Rekordniveau: Bis Ende 2024 wird die Stadt etwa 488 Millionen Euro Schulden haben.

    Erschütternde Szenen: Skandalheim muss schließen

    Dass die Pflege der alten Menschen im Seniorenheim in der Ebnerstraße nicht so läuft, wie man sich das wünschen würde - darauf gibt es schon länger Hinweise. Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf fahrlässige Körperverletzung. Angehörige einer ehemaligen Bewohnerin haben Anzeige erstattet - es geht um mögliche Hygiene- und Pflegemängel. Im Februar dann sorgen die Aufnahmen einer "Team Wallraff"-Reporterin für Entsetzen, die als Praktikantin in dem Heim verdeckt recherchiert hat.

    Zu sehen sind ein rüder Umgang mit Bewohnern, apathisch wirkende Senioren, die zu schlecht betreut werden - und es gibt Vorwürfe, Bewohner würden mit Medikamenten ruhig gestellt. Als sich die angespannte Personallage wegen Krankheitsfällen weiter verschärft, ordnet die Stadt die Schließung des Heimes an. Hilfsorganisationen kümmern sich darum, die Menschen in andere Heime zu bringen. In den Monaten nach der Schließung des Skandalheims erhalten Angehörige und ehemalige Bewohner trotzdem noch Zahlungsaufforderungen des privaten italienischen Betreibers.

    Spritztour endet tödlich: Tragödie auf Ikea-Parkplatz

    Es soll eine Spritztour werden, doch die Fahrt endet schon nach wenigen Hundert Metern mit einer Tragödie. Anfang September stirbt eine 21-jährige Frau bei einem Autounfall auf dem Parkplatz des Augsburger Ikea-Möbelhauses. Der Fahrer, ein 53-jähriger Mann, verliert die Kontrolle über den Wagen - das die Rede ist von über 200 Stundenkilometern.

    Bei dem Unfall auf dem Ikea-Parkplatz an der Stuttgarter Straße in Augsburg wurde eine 21-jährige Beifahrerin getötet.
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    Eine 21-jährige Frau ist bei einem Unfall am Ikea-Parkplatz gestorben. Das Auto kam von der Straße ab und stoppte erst nach über 100 Metern. So lief der Unfall im August 2022 ab.

    Wie schnell der Wagen tatsächlich war und warum er von der Straße abkam, soll ein Gutachter ermitteln. Auch die Polizei geht aber von einer deutlich überhöhten Geschwindigkeit aus. Bei dem Fahrzeug soll es sich um einen Mercedes Brabus GLS 63 AMG - mit 800 PS - gehandelt haben. Der Fahrer, der eine kleine Werkstatt betreiben soll, soll den schweren Flitzer von einem Kunden gehabt haben. Die Kripo ermittelt wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Nächstes Jahr wird sich wohl entscheiden, zum welchem Ergebnis die Ermittler kommen. 

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