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Interview: „Neue Straßen sind die falsche Richtung“

Interview

„Neue Straßen sind die falsche Richtung“

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    Der neue Umweltreferent Reiner Erben ist passionierter Radfahrer. Während seiner Amtszeit will er sich deshalb auch dafür einsetzen, den umweltfreundlichen Verkehr in Augsburg auszubauen.
    Der neue Umweltreferent Reiner Erben ist passionierter Radfahrer. Während seiner Amtszeit will er sich deshalb auch dafür einsetzen, den umweltfreundlichen Verkehr in Augsburg auszubauen. Foto: Peter Fastl

    Als Umweltreferent hat man doch sicher eine Lieblingspflanze...

    Ich mag gerne Kakteen. Die sind pflegeleicht und blühen überraschend, dann aber wunderschön.

    Welches Stück Augsburger Natur sehen Sie ganz oben auf der Agenda?

    Der freie Lech mit dem Jahrhundertprojekt „Licca liber“ ist auf einem guten Weg. Der wirklich vorbildliche Beteiligungsprozess des Freistaates hat dazu ein klares Ergebnis gebracht. Das geplante Wasserkraftwerk von Eon im Naturschutzgebiet Stadtwald Augsburg wird von einer großen Mehrheit abgelehnt. Auch die Stadtregierung hat die klare politische Haltung, dass Wasserkraftnutzung in diesem ökologisch wertvollen Bereich nicht erwünscht ist. Das würde die Ziele, dem

    Wie soll es mit dem Stadtwald weitergehen, der immer mehr austrocknet?

    Es gibt einen Beschluss und auch die Mittel für einen Probebetrieb, um an einer Stelle Wasser in den Stadtwald einzuleiten. Die Verwaltung ist dran, zuständig dafür ist aber Referentin Eva Weber.

    Unter ihrem Amtsvorgänger war die Sanierung des Stempflesees ein großer Aufreger in der Bevölkerung. Herrscht nun Stillstand bei diesem Vorhaben?

    Nach meinen Informationen ist  die Verwaltung dabei, die von den Bürgern gewünschte kleine Lösung umzusetzen. Zuständig ist aber ebenfalls Eva Weber, die nun für die städtischen Forste verantwortlich ist, auf deren Gebiet sich der Stempflesee befindet.

    Die Stadt hat sich eine Strategie vorgenommen, um die Artenvielfalt der Natur zu erhalten und zu verbessern. Wie werden Sie vorgehen, wenn es Konflikte gibt, beispielsweise mit neuen Bauvorhaben?

    Wir müssen über mögliche Konflikte früher ins Gespräch kommen. Außerdem habe ich den Eindruck, dass unsere Biodiversitätsstrategie innerhalb der Stadtverwaltung noch bekannter gemacht werden muss, um die verschiedenen Abteilungen zu sensibilisieren. Ich erwarte auch, dass Ziele zugunsten der Artenvielfalt bei Konflikten berücksichtigt werden und nicht nur ein Feigenblatt sind.

    Ein strittiges Thema im Verkehrsbereich ist die Umweltzone. Kommt in Augsburg die 3. Stufe, bei der nur noch schadstoffarme Autos mit grüner Plakette fahren dürfen?

    Das entscheidet die Regierung von Schwaben. Die Stadt kann und muss aber Vorschläge machen. Dem Grunde nach sind alle Stufen der Augsburger Umweltzone beschlossene Sache. Autos mit gelber Plakette sind aber erst dann nicht mehr in der Innenstadt erlaubt, wenn nach dem Umbau des Königsplatzes neue Verkehrszählungen durchgeführt werden und eine Analyse von Wirkung und Verhältnismäßigkeit dieses Fahrverbot rechtfertigt.

    Sind Sie für weitere Fahrverbote?

    Umweltzonen in Großstädten sind ein wichtiges Mittel, um die gesundheitsgefährdende Belastung der Luft mit Feinstaub und Stickoxid zu reduzieren. Ich bin überzeugt, dass man an problematischen Stellen in Augsburg etwas tun muss. Die Menschen, die dort wohnen, haben ein Anrecht darauf.

    Als Grüner waren Sie immer gegen große neue Straßenbauprojekte. Jetzt wollen CSU und SPD die MAN-Spange und die Entlastungsstraße beim Hauptbahnhof. Werden Sie als Umweltreferent mitspielen?

    Ich sehe es als klare Aufgabe, den umweltfreundlichen Verkehr auszubauen. Neue Straßenbauten würden in die falsche Richtung gehen. Da will ich noch Überzeugungsarbeit leisten. Mit dem Umbau am Kö und Hauptbahnhof und der Realisierung der Fahrradstadt werden wir aber noch eine Weile beschäftigt sein.

    Umweltreferent Rainer Schaal hielt seine Mitarbeiter an der kurzen Leine, was bei einigen für Frustrationen sorgte. Welchen Umgangsstil wollen Sie pflegen?

    Ich bin Teamarbeit gewohnt und freue mich über engagierte Mitarbeiter. Aus meinen Gesprächen in der Verwaltung weiß ich, dass viel Kompetenz und Erfahrung da ist.

    Welche Ziele haben Sie für die Entwicklung einer zukunftsfähigen Stadt?

    Augsburg wurde 2013 als „nachhaltigste Großstadt Deutschlands“ ausgezeichnet. Auf diesen Lorbeeren dürfen wir uns nicht ausruhen. Wir haben noch einiges zu erledigen, etwa bei der Energiewende oder beim Klimaschutz. Ich will mich dafür einsetzen, dass die Sanierungsrate bei städtischen Gebäuden mehr als verdoppelt wird. Das wird finanziell nicht einfach. Die Investitionen der Stadt werden aber ein Konjunkturprogramm fürs heimische Handwerk sein. Insgesamt will ich mich darum kümmern, dass bei allen Entscheidungen ökologische, ökonomische und soziale Auswirkungen beachtet werden.

    Thema Energiewende: Wie sieht der städtische Kurs aus?

    Wir sind gemeinsam mit den Stadtwerken auf einem guten Weg. Das Ziel, alle Augsburger Haushalte mit regenerativem Strom zu versorgen, wird in diesem Jahr erreicht. Bis 2017 wollen die Stadtwerke auch die Straßenbahnen komplett mit erneuerbarer Energie betreiben. Im nächsten Schritt müssen wir dahin kommen, dass auch die Industriebetriebe mit regenerativem Strom versorgt werden.

    Sie sind auch Referent für Integration. Mit Flüchtlingsunterkünften hat es zuletzt viel Ärger gegeben...

    Formal sind für Flüchtlinge der Sozial- und der Ordnungsreferent zuständig. Aber ich will, dass sie menschenwürdig untergebracht werden. An einem entsprechenden Konzept der Stadt werde ich mitarbeiten. Die Regierung von Schwaben rechnet damit, dass die Flüchtlingszahlen in diesem Jahr schwabenweit von 3000 auf 5000 steigen. Einen Teil müssen wir in Augsburg unterbringen. Neue Unterkünfte sollten in möglichst kleine Einheiten übers Stadtgebiet verteilt werden. Die Menschen vor Ort müssen frühzeitig informiert und beteiligt werden.

    Wo sehen Sie in diesem Bereich noch Aufgaben?

    Über 40 Prozent der Augsburger haben einen Migrationshintergrund. Die zuständigen Stellen sind aber noch sehr zersplittert. Ich möchte sie zusammenführen und auch die Ehrenamtlichen im Integrationsbeirat mit einer eigenen Geschäftsstelle besser unterstützen. Eine zusätzliche Stelle dafür wurde bereits genehmigt. Interview: Eva Maria Knab

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