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Interview: Ein gut geführter Haushalt macht das Leben leichter

Interview

Ein gut geführter Haushalt macht das Leben leichter

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    Rosemarie Weber (links) und Scarlett Gabriel gehören zum Vorstand des DHB – Netzwerk Haushalt. Sie wissen: Ein gut geführter Haushalt ist die Grundlage für ein gutes Leben.
    Rosemarie Weber (links) und Scarlett Gabriel gehören zum Vorstand des DHB – Netzwerk Haushalt. Sie wissen: Ein gut geführter Haushalt ist die Grundlage für ein gutes Leben. Foto: Silvio Wyszengrad

    In einem Lied hieß es einst „Das bisschen Haushalt macht sich von allein“. Das klang damals so, als könnte jeder einen

    Dieses Lied wird oft in diesem Zusammenhang zitiert. Obwohl es auf ironische Art auf die Bedeutung hinweisen soll, möchte ich unsere Einrichtung nicht damit verknüpft sehen. Das Lied stellt uns in die Ecke von Kochen, Putzen, Waschen und lässt die eigentliche Bedeutung dieser Tätigkeiten untergehen.

    Erzählen Sie etwas über diese eigentliche Bedeutung.

    Seit es Haushalte gibt, sind sie die Grundlage, auf die alle anderen Leistungen in einer Gesellschaft aufbauen: Kinderbetreuung, die Pflege von Senioren, die Zubereitung von Nahrung, der Umgang mit Geld – das alles gehört zum Führen eines Haushalts. Aber nicht jeder kann es, was auch daran liegt, dass es in den vergangenen Jahren große Veränderungen gegeben hat.

    Welche denn?

    Immer mehr Teilbereiche werden nach außen verlagert. Das fängt bei den Mahlzeiten an, die man sich morgens beim Bäcker und mittags in der Kantine holt. Die Kinderbetreuung und -erziehung übernehmen schon früh entsprechende Einrichtungen und unsere Senioren leben oft in Heimen.

    Was daran liegt, dass es mehr berufstätige Frauen gibt als früher. Sie bleiben nicht mehr zuhause, bis die Kinder groß sind...

    Ja, entweder die Frauen wollen erwerbstätig sein, oder sie müssen es, weil sie sonst den Anschluss im Beruf verpassen oder später mit der Rente nicht klarkommen. Es ist grundsätzlich ja auch nicht verkehrt, manche Tätigkeiten abzugeben, weil es Entlastung bringt. Die Kehrseite ist aber, dass man Kompetenzen abgibt oder sie gar nicht erst aufbaut. Ein Stück weit schiebt man damit die Verantwortung fürs Leben ab.

    Wie meinen Sie das?

    Wenn ich meine Mahlzeiten beim Bäcker hole, dann muss ich mich darauf verlassen, dass er die Hygieneanforderungen erfüllt. Wenn ich meine Lasagne im Discounter hole, kann es passieren, dass Pferdefleisch drin ist, auch wenn das eigentlich nicht erlaubt ist.

    Dieses Problem habe ich nicht, wenn ich selber koche, das stimmt...

    Fakt ist aber, dass es immer mehr Menschen gibt, die gar nicht mehr kochen können. Wir haben in unseren Kursen Teilnehmer in jedem Alter, denen fehlen grundlegende Kenntnisse über Ernährung. Man kann nicht mehr davon ausgehen, dass Kinder zuhause lernen, wie man sich ernährt.

    Aber in der Schule ist Ernährung doch ein Thema.

    Stimmt, es wird in den unterschiedlichen Klassen immer wieder behandelt. Aber wenn Kinder nach einer Aktion wie „Die gesunde Pause“ Lust bekommen auf Vollkornbrot mit Käse, dann scheitert es am Ende oft daran, dass das Elternhaus dies nicht unterstützt. Weber: Dazu muss man sagen, dass man sich auch außerhalb des eigenen Zuhauses gut ernähren kann. Aber man muss halt wissen, worauf es ankommt.

    Das DHB – Netzwerk Haushalt versucht, dieses Wissen zu vermitteln. Was sind Ihre Hauptaufgaben?

    Bekannt sind wir für unser Kursprogramm – Kochen und Nähen zum Beispiel. Da kommen Teilnehmer, die praktische Anleitung fürs Leben suchen, aber sie wollen auch, dass es Spaß macht. Für sie bieten wir Kurse an, die im Trend liegen; veganes Kochen zum Beispiel. Diese Kurse sind meistens voll. Schwieriger ist es, unseren Bildungsauftrag zu erfüllen und Leute zu erreichen, die gar nicht wissen, dass sie ein Defizit haben.

    Nennen Sie doch mal ein Beispiel...

    In Zusammenarbeit mit dem Landwirtschaftsministerium bieten wir ein Ernährungstraining für Menschen in prekären Lebensverhältnissen an. Sie lernen bei uns, wie man auch mit wenig Geld gesund kochen kann. Um alle Plätze zu belegen, müssen wir aber jedes Mal die Wohlfahrtsverbände und sozialen Einrichtungen abklappern, um für unser Angebot zu werben.

    Weil die Einrichtungen das Netzwerk Haushalt nicht kennen?

    Es liegt wohl auch daran, dass es sehr viele Angebote gibt. Außerdem ist die Motivation der meisten potenziellen Teilnehmer oft nicht so hoch.

    Das DHB – Netzwerk Haushalt bietet auch berufliche Fortbildungen an.

    Ja, wir haben zwei Lehrgänge, die auf den Abschluss als staatlich anerkannte Hauswirtschafterin hinführen. Die Praxis holen sich die Teilnehmer zum Beispiel in Gastronomiebetrieben, in Bayern zählt auch das Führen des eigenen Haushalts als Praxiserfahrung. Die Theorie gibt es dann bei uns. Bald startet außerdem ein Fortbildungslehrgang für angehende Fachhauswirtschafter. Diese Fachkräfte übernehmen die hauswirtschaftliche Versorgung, soziale Betreuung und Grundpflege bei Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz.

    Wie laufen diese Angebote?

    Sie werden gut angenommen, was auch daran liegt, dass die Berufsaussichten gut sind. Man hat heute in vielen Einrichtungen wie Heimen oder Horten erkannt, dass Missstände in der Haushaltsführung zu großen Mängeln führen können. Ein gut geführter Haushalt dagegen führt auch dazu, dass sich die Menschen in einer solchen Einrichtung wohl fühlen; zum Beispiel, weil das Umfeld ansprechend gestaltet ist. Auch das gehört zu einem funktionierenden Haushalt.

    Spielt auch die Versorgung von Menschen in Privathaushalten eine Rolle für Ihre Lehrgangsteilnehmer?

    Ja. Es gibt Senioren, die in ihrer gewohnten Umgebung alt werden wollen, aber nicht mehr alle Arbeiten verrichten können. Hauswirtschaftliche Fachkräfte können sie da unterstützen.

    Trügt denn der Eindruck, dass Tätigkeiten in der Hauswirtschaft oft nicht so anerkannt sind wie andere Berufe?

    Nein. Selbst Frauen, die solche Berufe hauptberuflich ausüben, sagen oft, dass sie „nur“ in der Hauswirtschaft arbeiten.

    Warum ist das so?

    Da sind wir wieder bei Ihrer ersten Frage: Weil jeder denkt, er kann es. Weil diese Berufe schlecht bezahlt sind. Und weil alles, was selbstverständlich ist, nicht richtig anerkannt wird.

    Ist das der Grund, warum Ihre Organisation sich nicht mehr „Hausfrauenbund“ nennt, sondern DHB – Netzwerk Haushalt?

    Der Name wurde 2009 geändert, weil Hausfrauenbund nicht mehr ausdrückt, was wir machen. Dieser Name ist nur noch in der Abkürzung DHB enthalten. Wir vertreten die Interessen der Hauswirtschaft, was früher vor allem Hausfrauen waren. Heute ist es viel mehr. Interview: Nicole Prestle

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