Es ist eine überraschende Nachricht. Denn zuletzt galt die rechte Szene in Augsburg als überschaubar, wenig aktiv und nicht besonders gewalttätig. Im vorigen Jahr wurde im Bereich des Augsburger Polizeipräsidium, der bis Nördlingen reicht, nur eine Körperverletzung mit rechtsextremem Hintergrund angezeigt. Angriffe auf Asylbewerberheime, die andernorts zunehmen, gab es keine – nicht einmal Schmierereien. Die Zahl der Aktivisten bewege sich „im niedrigen zweistelligen Bereich“, heißt es. Nur ab zu treten sie an Infoständen und bei Demonstrationen auf.
Hat die Polizei die Lage falsch eingeschätzt? Geht von den Rechten in der Region doch eine weitaus größere Gefahr aus, als bislang vermutet? Nein, entgegnet Hauptkommissar Manfred Gottschalk von der Augsburger Polizei. An der Einschätzung der Situation habe sich durch die Verhaftung des selbst ernannten OSS-Präsidenten aus Bergheim nichts geändert. Denn Andreas H. war zwar Mitglied in der örtlichen NPD. Doch dort hielt man ihn aber eher für einen Schwätzer und nahm ihn nicht allzu ernst. Es sieht so aus, als ob er seine Gewaltfantasien gegen Salafisten und Ausländer vor allem im Internet auslebte – und sich dort in Chats mit Gleichgesinnten austauschte, die allesamt nicht in der Region leben.
In Augsburg selbst fand er offenbar keine Mitstreiter für einen rechten Kampf, wie er ihm vorschwebte. Tatsächlich haben die Rechtsextreme in der Region in den vergangenen Jahren ihre Aktivitäten eher zurückgefahren. Kameradschaften wie „Nationales Augsburg“ oder „Autonome Nationalisten Mering“ existieren nach Erkenntnissen der Ermittler gar nicht mehr. Noch vor einigen Jahren empfanden die Bürger der 13000-Seelen-Gemeinde Mering die rechte Gruppe dort als Bedrohung. Vermummte Gestalten zogen nachts pöbelnd durch Straßen und sprühten Parolen auf Wände. Im Jahr 2009 mussten Polizisten ein Rockkonzert vor rechten Jugendlichen schützen. Die Polizei ging dagegen vor und ermittelte zeitweise gegen über 20 Personen aus der Szene. Auch eine Bürgerinitiative stellte sich den rechten Umtrieben entgegen. Inzwischen ist wieder Ruhe eingekehrt.
Eines aber zeigt der Fall des Andreas H. dann doch: Auch wenn die rechte Szene klein ist, kann es immer Einzelne geben, die zur Gewalt neigen. Noch ist unklar, wie gefährlich die von H. gegründete „Oldschool Society“ wirklich war – und wie weit ihre Anschlagspläne schon gediehen waren. Doch ein ranghoher Beamter des Augsburger Präsidiums sagt: „Auch ein Einzeltäter, der ideologisch verblendet ist, kann natürlich sehr gefährlich sein.“
Hier stehen die Behörden allerdings vor dem selben Problem wie bei Islamisten. Wer sich zuhause vor dem Computer beim Surfen im Internet radikalisiert, der fällt erst mal nicht auf. Diese „Gefährder“ tauchen gar nicht unbedingt an Treffpunkten in der realen Welt auf. Sie nehmen auch nicht zwingend an Demonstrationen oder Versammlungen teil, wo sie den Staatsschutz-Ermittlern auffallen. Der Fall Andreas H. zeige, so ein Insider, wie wichtig es sei, die Internetaktivitäten extremistischer Gruppen zu überwachen. Für die Polizei vor Ort sei dieser Aufwand fast nicht zu stemmen.
Dennoch hat die Polizei immer wieder Erfolge bei ihren Ermittlungen. Im November 2013 ging die Polizei gegen die Gruppe „Legion Werwolf Schwaben“ vor und verhaftete deren Boss Harald F., 33. Die fünf bis zehn Aktivisten der „Legion Werwolf“ traten ähnliche auf wie jetzt die „Oldschool Society“. Sie präsentierten sich teils wie eine Rockergruppe. Harald F. wurde vom Amtsgericht unter anderem wegen Volksverhetzung, Erpressung und Betrug zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Seit F.s Inhaftierung sei die „Legion Werwolf“ aber nicht mehr aktiv, heißt es beim Verfassungsschutz.