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Heimat-Check: OB Eva Weber: "Wir denken beim Verkehr noch zu sehr in den alten Schubladen"

Augsburgs OB Eva Weber im Interview mit unserer Redaktion: "Wir müssen schauen, wo man für bessere Querverbindungen zwischen den Stadtteilen sorgen kann."
Heimat-Check

OB Eva Weber: "Wir denken beim Verkehr noch zu sehr in den alten Schubladen"

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    Frau Weber, Ihr Weg zur Arbeit führt Sie von der Wohnung in der Maximilianstraße zum Rathausplatz. Besteht da nicht die Gefahr, die Stadtteile weiter draußen aus den Augen zu verlieren?
    EVA WEBER: In der Innenstadt zu wohnen und einen kurzen Weg ins Büro zu haben, ist bei meinem Job einfach angenehm. Aber mein Arbeitsplatz ist ja nicht nur hier am Rathausplatz. Ich bin ja jeden Tag in der Stadt unterwegs und sehe dabei viel. Es ist mein Job, dass ich mit den Leuten in Kontakt komme. Und im Stadtrat sitzen 60 Menschen, die sich auch für die Belange der Stadtteile einsetzen und sich als Kümmerer vor Ort verstehen – da gibt es Kritik, wenn etwas nicht gut läuft, aber auch Lob. Man sollte das nicht alleine an mir als Person festmachen. Ich glaube, das läuft in der Summe ganz gut.

    In der Innenstadt ist in den vergangenen Jahren viel geschehen – der Kö-Umbau, die Sanierung der Fußgängerzone, die Theatersanierung. Da kann man schon das Gefühl bekommen, die Stadtteile kämen zu kurz.
    EVA WEBER: Ich finde es schwierig zu sagen: Das Gefühl stimmt nicht. Denn es ist und bleibt nun mal das Gefühl der Menschen. Aber ich kann auch die Fakten benennen. Was in den vergangenen Jahren in der Innenstadt investiert wurde, das ist der Stadt insgesamt zugutegekommen – es ist im Interesse aller Augsburgerinnen und Augsburger, dass wir eine attraktive Innenstadt mit Geschäften und Gastronomie haben. Wir sind auch deshalb vom Oberzentrum zur Metropole geworden – sonst hätten wir diesen Titel gar nicht verdient. Und wir haben schon auch geschaut, dass es Entwicklungen in den Stadtteilen gibt. Da geht es um Stadtteilzentren, aber auch um die Entwicklung insgesamt. Man muss nur schauen, was auf dem Gaswerk-Gelände in Oberhausen oder beim Innovationspark im Univiertel passiert. Es gibt eine ganz Liste von Projekten, die ich aufzählen kann, dazu gehört auch der Zwölf-Apostel-Platz und die Neue Mitte in Hochzoll.

    Die Innenstadt ist oft im Fokus der Politik: Kommen die Stadtteile dabei zu kurz?
    Die Innenstadt ist oft im Fokus der Politik: Kommen die Stadtteile dabei zu kurz? Foto: Silvio Wyszengrad

    In unserem Heimat-Check haben Augsburgerinnen und Augsburger häufig angemerkt, ihnen fehle in ihrem Stadtteil ein echtes Zentrum – gerade in Haunstetten ist das ein Thema. Genannt werden dabei auch immer wieder fehlender Handel oder Gastronomie. Was kann die Stadt da tun?
    EVA WEBER: Man kann so etwas nicht auf dem Reißbrett planen, weil es immer auch eine Frage ist, wie die Menschen die Angebote wahrnehmen. In Haunstetten merkt man das vielleicht tatsächlich am gravierendsten. Da gibt es zwar den Georg-Käß-Platz, aber in der Hofackerstraße, wo früher mal das Leben pulsierte und auch viele Geschäfte waren, da sieht es im Moment eher trist aus. Viele vermissen es, wie es früher war. In den 1960/70er-Jahren war die

    Was kann die Stadt tun, dass sich neue Geschäfte ansiedeln und die Menschen solch neu gestaltete Orte auch annehmen?
    EVA WEBER: Direkt beeinflussen können wir das nicht. Aber wir haben Erfahrungswerte, wenn wir uns andere Projekte anschauen, etwa die Philippine-Welser-Straße oder die Steingasse. Dort haben die Investitionen im öffentlichen Raum dafür gesorgt, dass die Geschäfte und Immobilienbesitzer nachgezogen haben und wieder Leben in die Straße gekommen ist. Das lässt sich auch auf die Stadtteilzentren übertragen. In Lechhausen ist mit dem Neubau des Grünen Kranz, wo sich jetzt ein Restaurant und die Sozialstation befinden, ein hochattraktiver Ort im Stadtteilzentrum entstanden, der auch gut angenommen wird.

    Auch in Göggingen wünschen sich viele, dass das Zentrum mit der Bürgermeister-Aurnhammer-Straße wieder attraktiver wird.
    EVA WEBER: Das Angebot in Göggingen ist noch immer ein gutes, auch nach dem Wegzug von Sport Förg. Wir haben hier noch, im Gegensatz zu vielen anderen Stadtteilen, einen Schuhladen, es gibt ein sehr beliebtes Eiscafé, Optiker. Das Zentrum ist auch dank der Hessing-Kliniken gut besucht. Aber es stimmt: Die Bürgermeister-Aurnhammer-Straße ist, was die Gestaltung des öffentlichen Raumes angeht, aus der Zeit gefallen. Es gibt schon entsprechende Überlegungen, wie man das anpacken kann. Aber auch hier müssen wir schauen, wie wir das im städtischen Haushalt unterbringen. Es steht eben auch in direkter Konkurrenz zu Schulsanierungen, Kinderbetreuungsangeboten und anderem.

    In Stadtvierteln, die etwas weiter weg vom Zentrum liegen, ist der Nahverkehr ein Thema. Es geht um die Anbindung, aber auch darum, dass man immer zuerst in die Stadtmitte fahren muss, um in einen anderen Stadtteil zu kommen. Ist das sternförmige System überhaupt noch zeitgemäß?
    EVA WEBER: Für das sternförmige System hat man sich entschieden, weil es damals der Stand der Dinge für eine Stadt dieser Größenordnung war. Ich glaube, grundsätzlich ist dieses System auch richtig. Die Straßenbahnlinien bilden das Rückgrat des gesamten ÖPNV in der Stadt. Tatsächlich müssen wir schauen, wo man für bessere Querverbindungen zwischen den Stadtteilen sorgen kann. Allerdings müssen solche Angebote auch genutzt werden. Eine Verbindung zwischen Inningen und Bergheim hatten wir schon einmal – sie wurde dann wieder abgeschafft, weil sie nur wenig genutzt worden ist. Ich glaube aber, dass wir hier in Zukunft mit veränderten Mobilitätsangeboten auch anders agieren können – es geht dabei um Rufbusse, autonome Fahrzeuge, Mobilitätsstationen. Wir denken beim Verkehr noch zu sehr in den alten Schubladen: Auto, Fahrrad, ÖPNV. Wir müssen flexibler werden und die vielen Verkehrsdaten, die wir jetzt schon haben, besser nutzen. Ich denke da auch an eine App, die nicht allein das Angebot der Stadtwerke abbildet, sondern mehr – etwa die Ladestationen für E-Autos, wie es auch die Fraktion der Bürgerlichen Mitte vorgeschlagen hat.

    Es wird aber auch um die Frage gehen, ob die Mobilitätsangebote für die Bürgerinnen und Bürger bezahlbar sind.
    EVA WEBER: Da möchte ich eine Lanze für den ÖPNV brechen. Eine der gefühlten Wahrheiten in Deutschland ist, der ÖPNV sei zu teuer. Wenn ich mir die Preise für die Abos bei uns anschaue und umrechne auf das, was ein Auto im Monat kostet, dann ist das für viele eben doch bezahlbar. Wir werden in der nächsten Zeit vor allem damit beschäftigt sein, das bestehende Angebot weiter halten zu können, die Fahrgastzahlen sind noch längst nicht auf Vor-Corona-Niveau. Eigentlich sagen alle Experten: Wichtiger als der Preis ist das Angebot. Ein Bekannter von mir wohnt in Pfersee und arbeitet in Lechhausen. Er sagt, da gebe es für ihn keine anständige Verbindung, mit dem ÖPNV braucht er eine Stunde, mit dem Auto zwölf Minuten. Viele entscheiden auch danach, wie viel Zeit es kostet.

    Der Augsburger Immobilienmarkt schneidet in unserem Heimat-Check im Vergleich ziemlich schlecht ab. Wohnraum fehle, sagen viele. Gleichzeitig wird aber auch kritisiert, dass die Stadt immer mehr zugebaut werde und es immer enger werde.
    EVA WEBER: In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns ständig. Einerseits heißt es, es gibt zu wenig Wohnraum, andererseits möchte aber auch keiner zu viele und neue Nachbarn. Wir versuchen als Stadt, so wenig wie möglich Flächen neu zu versiegeln, auch wegen des Klimaschutzes. In erster Linie sollen Flächen, die bisher schon genutzt wurden, neu bebaut werden – etwa das Zeuna-Stärker-Areal in Oberhausen oder das Eberle-Areal in Pfersee. Und wenn man sich manche Stadtviertel, wie etwa die Firnhaberau anschaut, dann war das sicher in den 1950er-Jahren der richtige Gedanke, dass jeder noch seinen eigenen Gemüseacker brauchen kann. Dass da aber jetzt Familien sind, die auf ihrem Grundstück gerne für die Kinder etwas bauen würden, weil sie sich anderen Grund auch gar nicht leisten können, das ist auch nachvollziehbar. Deshalb gibt es hier Leitlinien der Stadt, wie man das möglich machen kann. Letztlich ist es ein Spannungsfeld, das man in jeder Großstadt hat.

    Wo sehen Sie die größten Probleme auf dem Wohnungsmarkt?
    EVA WEBER: Was bei uns vor allem ein Thema ist, sind Menschen, die sich echt schwertun, größere Wohnungen zu finden. Allerdings muss man da bei manchen auch unterscheiden zwischen dem, was ich möchte und was ich wirklich brauche – ohne dass ich das bewerten will. Der Immobilienmarkt war in den vergangenen Jahren sicher angespannt. Aber es ist auch ein Stück weit normal, dass eine Großstadt eine Anziehungskraft hat und wir hier andere Preise haben als auf dem Land. Wir wollen auch nicht um jeden Preis wachsen. Denn es geht ja nicht nur um den Bau neuer Wohnungen, man muss dann auch die ganze andere Infrastruktur zur Verfügung stellen – etwa Kinderbetreuung und Schulen.

    Oberhausen bekommt in unserer Umfrage die schlechteste Gesamtbewertung, vor allem bei den Punkten Lebensqualität und Sauberkeit gibt es schlechte Noten. Ist Oberhausen ein Sorgenkind für Sie?
    EVA WEBER: Nein. Ich mag Oberhausen, auch weil es der urbanste Stadtteil ist. In Oberhausen habe ich immer ein bisschen Berlin-Gefühl, ein bisschen Kiez. Ich mag auch die Stadtteilgespräche, die wir in Oberhausen führen. Diese Gespräche sind immer sehr bodenständig, sehr zielorientiert. Ich finde es wichtig, Stadtteile nicht schlechtzureden. Jeder Stadtteil ist anders und hat eine andere Geschichte. Oberhausen ist ja schon seit Jahrzehnten immer Teil der Stadtsanierung, das hat in den 1980er-Jahren angefangen. Da ist viel passiert. Und es geht auch weiter, etwa mit dem Klimaquartier Rechts der Wertach. Das machen wir bewusst in Oberhausen. Gerade schauen wir auch, wie wir den Park an der Schöpplerstraße aufwerten können. Ich weiß, dass es natürlich Orte in Oberhausen gibt, die sehr kritisch gesehen werden, etwa der Helmut-Haller-Platz. Hier muss sicher noch mehr passieren, baulich und inhaltlich. Aber mit dem Süchtigentreff "Betreff" ist auch schon vieles besser geworden. Drogenhilfe und SKM machen da eine hervorragende Arbeit.

    Muss die Stadt mehr für die Sauberkeit tun in Oberhausen?
    EVA WEBER: Beim Thema Sauberkeit bin ich immer zwiegespalten. Die Stadt muss natürlich sauber machen, gar keine Frage – und das passiert in Oberhausen genauso wie in allen anderen Stadtteilen. Aber das Thema Sauberkeit haben wir schon alle auch selber mit in der Hand.

    Könnten Sie es sich vorstellen, in Oberhausen zu wohnen?
    EVA WEBER: Ja, das kann ich mir vorstellen. Ich habe mir in Oberhausen auch mal eine Wohnung angeschaut. Es ist dann aber daran gescheitert, dass sie keinen Balkon hatte.

    In manchen Stadtteilen hadern die Menschen noch immer mit der Eingemeindung – etwa in Göggingen. Ist es nicht unfair, dass
    EVA WEBER: Die Gebietsreform ist jetzt 50 Jahre her. Mir geht es darum, dass wir uns damit beschäftigen, wie wir das gut in die Zukunft führen. Kürzlich hatten wir die Veranstaltung zum 50. Jahrestag der Eingemeindung von Göggingen, Bergheim und Inningen. Mich hat es beeindruckt, was der Dirigent der Bergheimer Blasmusik erzählt hat. Er ist in den 90ern geboren, er ist in

    Wenn Sie umziehen würden – welcher Stadtteil wäre Ihr Favorit?
    EVA WEBER: Das ist wirklich eine schwierige Frage, weil ich mir – ehrlich – jeden Stadtteil gut vorstellen könnte und jeder Stadtteil seine Besonderheiten hat, die man lieben kann. Der Fußweg zu meinem Büro ist aber schon ein großer Vorteil, insbesondere wenn ich abends einen Termin habe und mich davor noch mal umziehen muss. Also erst mal bleibe ich gerne da, wo ich bin.

    Zur Person

    Die CSU-Politikerin Eva Weber, 45, ist seit 2020 die Oberbürgermeisterin von Augsburg. Zuvor war sie Wirtschafts- und Finanzreferentin der Stadt.

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