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Göggingen: Massenkaraoke mit 500 Laienstimmen

Göggingen

Massenkaraoke mit 500 Laienstimmen

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    500 Laien bilden beim Rudelsingen im Kurhaus Göggingen einen gemischten Chor.
    500 Laien bilden beim Rudelsingen im Kurhaus Göggingen einen gemischten Chor. Foto: Michael Eichhammer

    Stars wie Abba, Queen, ACDC, Oasis, Udo Lindenberg, BAP und Peter Maffay geben sich am Dienstag, dem 15. Oktober quasi die Klinke in die Hand. Kein Wunder also, dass das Parktheater im Kurhaus Göggingen gerammelt voll ist. Natürlich sollte man der Vollständigkeit halber erwähnen: Keiner der Stars ist an diesem Abend persönlich vor Ort. Vielmehr sind bei dem regelmäßigen Event „Rudelsingen“ die Gäste die eigentlichen Stars.

    Gitarrist und „Rudelsingen“-Moderator Uli Wurschy und der Pianist Volker Becker im Backstage-Bereich.
    Gitarrist und „Rudelsingen“-Moderator Uli Wurschy und der Pianist Volker Becker im Backstage-Bereich. Foto: Michael Eichhammer

    Auf der Bühne stehen in Augsburg die Musiker Volker Becker am Klavier und Akkordeon sowie Uli Wurschy an der Akustik- und E-Gitarre, während ein diesmal rund 500-köpfiger gemischter Laien-Chor, der nie gemeinsam geprobt hat, aus voller Kehle mitsingt. Für Textsicherheit sorgen die auf einer großen Leinwand eingeblendeten Texte. Wenn man so will ist das „Rudelsingen“ also eine Art Massen-Karaoke. Die meisten Gäste sind mit dem Prozedere bestens vertraut, denn das „Rudelsingen“ findet zum wiederholten Male und mehrfach im Jahr in Augsburg statt. Als Uli Wurschy fragt, wer zum ersten Mal dabei ist, heben die wenigsten die Hand. „Wir hoffen, dass für euch alle was dabei ist“, erklärt er. Davon sollte man ausgehen, denn die musikalische Bandbreite reicht über Jahrzehnte und von Stilen wie Rock und Pop über Schlager bis zu Klassikern.

    Augsburg ist als Ort fürs „ausrasten“ bekannt

    Beim Rock-Medley zu Beginn kommt der Gesang noch hauptsächlich von der Bühne, doch spätestens bei „Auf der Reeperbahn nachts um halb Eins“ ist das Publikum im Saal und auf den Rängen warmgesungen. Es geht im Text zwar um St. Pauli bei Nacht, doch die Augsburger Nacht kann heute in Sachen Stimmung mithalten – inklusive kollektivem Schunkeln. Später sind es Hits wie „Can´t take my eyes of you“ und Abbas „Mamma Mia“, die für die höchsten kollektiv ersungenen Dezibelzahlen sorgen. „Wenn ein Ort fürs Ausrasten bekannt ist, dann Augsburg“, schmeichelt Uli Wurschy dem Publikum und applaudiert seinem zufällig zusammengewürfelten Chor als dieser stimmgewaltig „O sole mio“ trällert.

    Männer sind beim „Rudelsingen“ deutlich in der Unterzahl. Zu den Ausnahmen gehört Jens, der mit seiner Partnerin Britta aus Fürstenfeldbruck angereist ist. „Normalerweise singen wir nur im Auto, im Badezimmer oder auf Partys“, erzählt er. „Wir können nicht singen, deswegen sind wir da: Hier hört uns keiner raus“, ergänzt Britta augenzwinkernd. Beide sind begeistert von der „sehr schönen Location“ und finden den Event „lustig“.

    Ein ganzes Rudel von Gesangstalenten ist zu siebt vor Ort: „Die Mamas müssen mal raus“, sagt Nicole, eine der sieben Damen aus der Gruppe, welche den Event im Parktheater schon seit Jahren immer wieder besucht. Auch die Freundinnen Marion und Monika aus dem Landkreis Augsburg schwärmen vom „wunderschönen „Ambiente“ und der Akustik. Sie freuen sich vor allem über die älteren Schlager, die sie an „das gute alte Kassettenrekorder-Zeitalter“ erinnern.

    Das Kollektiv klingt bemerkenswert tonsicher

    Conny und Nicole aus dem Landkreis Aichach-Friedberg sind auf die Idee der Teilnahme gekommen, weil sie bei einem Karaoke-Abend viel Spaß hatten. „Wir können beide keinen geraden Ton singen“, gestehen sie amüsiert. Das zählt zu den erstaunlichen Beobachtungen des Abends: Obwohl fast ausschließlich Laien mitsingen, klingt das Kollektiv bemerkenswert tonsicher. Fast könnte man an eine akustische menschliche Schwarmintelligenz glauben.

    „Singen verbindet“, sagt Marit aus Ansbach. Sie ist bereits seit 12 Jahren Fan der Rudelsingen-Events, die in ganz Deutschland stattfinden und besucht immer wieder neue Orte. „Heute bin ich wegen der Location da, ich kannte das Kurhaus nur von Fotos“, erklärt sie.

    Die Bühnenmusiker Volker Becker und Uli Wurschy sind nur zwei von insgesamt acht Teams, die in über 100 Städten als Gastgeber beim „Rudelsingen“ fungieren. Erfunden wurde das Format bereits 2011 in Münster von David Rauterberg. Er freut sich über rund 10.000 Rudelsingende in ganz Deutschland pro Monat – und darüber, dass der Event in Augsburg bereits zum 15. Mal stattfindet.

    „Mindestens 80 Prozent der Besucher sind Frauen“, schätzt Pianist Volker Becker. Die Altersspanne liegt vornehmlich zwischen 40 und 80 Jahren. „Immer wieder schön zu sehen ist, dass sich auch die Älteren für moderne Musik begeistern“, findet er. Was die Besucherzahlen angeht, erlebt das Rudelsingen seit 2019 einen Aufwärtstrend, berichtet Becker. Über die Kriterien bei der Songauswahl erklärt er: „Mindestens 50 Prozent der Leute sollten ein Lied kennen, der Rest wird mitgezogen.“ Darüber hinaus sollte ein Song auch nicht allzu schwer zu singen sein. Neben den von den Profis ausgewählten Hits können Gäste im Vorfeld ihre Liederwünsche online vorschlagen.

    „Das Parktheater ist eines unserer Top 3-Häuser“, sagt Gitarrist Uli Wurschy. „Wir sind immer total gern hier, es ist immer voll und die Stimmung immer gut.“ Das sehen die Gäste genauso. Deshalb ist das 16. Augsburger Rudelsingen am Donnerstag, dem 19. Dezember bereits ausverkauft und ein Zusatzkonzert am 16. Dezember geplant.

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