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Debatte: Museum jahrelang geschlossen: Augsburg muss das "römische Problem" lösen

Debatte

Museum jahrelang geschlossen: Augsburg muss das "römische Problem" lösen

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    2012 traten in der alten Dominikanerkirche  Bodenschäden auf. Das Römische Museum, das dort untergebracht war, musste aus Sicherheitsgründen geschlossen werden.
    2012 traten in der alten Dominikanerkirche Bodenschäden auf. Das Römische Museum, das dort untergebracht war, musste aus Sicherheitsgründen geschlossen werden. Foto: S. Wyszengrad (Archiv)

    Stellen Sie sich vor, Sie durchleben ein und denselben Tag immer wieder - vom Aufstehen bis zum Zubettgehen. Vielleicht sind kleine Nuancen anders, im Grunde aber ist der Tag derselbe. Sie kennen dieses schreckliche Szenario eventuell aus dem Film "Und täglich grüßt das Murmeltier". Genau nach diesem Schema läuft in Augsburg die Debatte ums Römische Museum - und das seit gut einem Jahrzehnt: Am Anfang steht die Erkenntnis, dass die aktuelle Situation schlecht ist. Danach werden Pläne erarbeitet, wie alles anders werden könnte. Nächste Frage: Wohin soll es kommen, das bessere Römermuseum? Ist auch das geklärt, klopfen sich alle Beteiligten auf die Schulter - und legen das Konzept in die Schublade. Das Geld für die Umsetzung fehlt ja sowieso, also Wiedervorlage in der nächsten Amtsperiode.

    Kulturreferent Jürgen Enninger spielt beim Römermuseum auf Zeit

    Nun hat der aktuelle Kulturreferent Jürgen Enninger das Thema geerbt und macht, was zuletzt seine Vorgänger taten: Er spielt auf Zeit und wirft mal wieder die Standortfrage auf. Enninger, eigentlich einer, der die Dinge anpackt, tut dies aus der Not heraus, dass ihm finanziell die Hände gebunden sind. Dennoch lässt sein Vorgehen Zweifel aufkommen an der Verlässlichkeit politischer Entscheidungen, schließlich hat Augsburgs Stadtregierung seit 2008 nicht nur mehrere Konzepte erarbeitet (und dafür viel Geld ausgegeben), sondern diese auch beschlossen. Inhalt: Der Augsburger Sammlung, eine der fünf wichtigsten Römersammlungen in Deutschland, könne "nur ein großzügiger Museumsneubau" gerecht werden, und der solle nicht außerhalb der Altstadt - im Gespräch war ein Areal am Pfannenstiel nahe der MAN - entstehen, sondern zentral neben der Dominikanerkirche am Predigerberg. Die Diskussion ums Wo müsste damit wirklich nicht mehr geführt werden.

    Es spricht auch einiges für diesen Museumsbau neben der Dominikanerkirche: Er läge in Sichtweite zum Schaezlerpalais, einem der wichtigsten Ausstellungshäuser Augsburgs und Sitz der Städtischen Kunstsammlungen, die das Römische Museum verwalten. Nimmt man das Maximilianmuseum dazu, fänden Besucherinnen und Besucher künftig drei wichtige Augsburger Museen in unmittelbarer Nähe und müssten nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln aus der Innenstadt zu einem wer weiß wo situierten Römermuseum fahren. Ein Neubau neben der Dominikanerkirche würde dem Römischen Museum zudem die Flächen für Dauer- wie Sonderausstellungen verschaffen. Ein dritter und wesentlicher Aspekt ist, dass die Stadt mit einer Neubebauung am Predigerberg einen Akzent setzen könnte. Es ist das letzte große Grundstück in so zentraler Lage in städtischem Besitz. Durch eine gekonnte Verbindung von Architektur und Nutzung (auch hier gibt es längst Entwürfe) könnte wieder mehr Leben in die Innenstadt kommen, deren Aussterben nicht erst seit Corona beklagt wird.

    So sah es in der Dominikanerkirche aus, als dort noch das Römische Museum untergebracht war.
    So sah es in der Dominikanerkirche aus, als dort noch das Römische Museum untergebracht war. Foto: Silvio Wyszengrad

    Trotzdem zieht die neue Regierungskoalition nicht, im Gegenteil: Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) schloss das neue Römermuseum gleich nach ihrer Wahl für diese Amtszeit kategorisch aus. Kein Geld, hieß es beinahe lapidar. Aber muss das heißen, dass man auch keine Ideen entwickelt? Eigentlich nicht, doch es scheint fast, als würde Schwarz-Grün das Problem gar nicht schnell und - vor allem - grundlegend lösen wollen. Die Koalition legt ihre Schwerpunkte stattdessen auf die Bewältigung der Corona-Krise, eine Wende in der Verkehrs- und Klimapolitik und im Bereich Kultur auf die millionenschwere Sanierung des Staatstheaters, die ein Erbe aus der Ära Gribl ist. All diese Dinge sind wichtig und notwendig, doch fürs Römermuseum bedeutet das leider, dass es noch auf Jahre im Zeughaus vor sich hin dümpelt, denn, Ironie des Schicksals: Während sich wechselnde Regierungskoalitionen auf dem Papier eine schöne neue Römerwelt erschufen, musste das reale Museum 2012 von heute auf morgen wegen statischer Probleme schließen.

    Der Zustand im Römischen Museum muss endlich beendet werden

    Dieser Zustand muss endlich beendet werden. Ein erster Schritt wäre, einen neuen Standort für das Berufsschulzentrum zu suchen, das momentan neben der Dominikanerkirche angesiedelt ist. Um einen Museumsneubau errichten zu können, müsste diese Einrichtung weichen, wogegen sich die zuständigen Behörden bislang aus unterschiedlichen, aber lösbaren Gründen sträubten. Die Gespräche darüber könnte Schwarz-Grün wieder aufnehmen - man braucht dazu kein Geld, sondern lediglich den Willen, das "römische Problem" zu lösen.

    In einem zweiten Schritt muss die Sanierung der Dominikanerkirche deutlich schneller vorangetrieben werden, denn auch hier ist lange nichts Wesentliches passiert. Eine Begründung: Man könne das Gebäude nicht umbauen, ohne zu wissen, wie es später mit einen Neubau zusammenspielen wird. Ein schwaches Argument: Der Kirchenbau stammt aus dem 16. Jahrhundert, er überstand die Bombardierung im Zweiten Weltkrieg und wurde mithilfe bürgerschaftlichen Engagements wieder instand gesetzt. Er ist ein geschütztes Baudenkmal von so großer Bedeutung, dass die Stadt ihn schon deshalb erhalten und der Öffentlichkeit wieder zugänglich machen muss. Die Kombination mit einem Museumsneubau wäre eine ideale Nutzung.

    Studenten der Hochschule für Architektur in Wiesbaden haben dieses Modell für das Römermuseum in einer Denkwerkstatt entworfen.
    Studenten der Hochschule für Architektur in Wiesbaden haben dieses Modell für das Römermuseum in einer Denkwerkstatt entworfen. Foto: Hochschule für Architektur RheinMain

    Fachleute aus Archäologie und Museen könnten inzwischen nachdenken, welche Objekte aus der Römerzeit sie Besucherinnen und Besuchern einmal zeigen möchten und wie eine Dauerausstellung konzipiert sein müsste. Doch natürlich werden sie keine Zeit in solche Gedankenspiele investieren, bevor sie aus der Politik nicht das eindeutige (und verlässliche) Signal bekommen, dass es überhaupt einen Neubau an dieser Stelle geben wird. Dieses Signal könnte Schwarz-Grün geben, würde man zum Beispiel im Stadtrat einen Grundsatzbeschluss über die Zukunft des Römermuseums fassen. Beim Theater war dies einst auch möglich.

    Ein virtueller Rundgang ist zu wenig

    All diese Schritte könnten das neue Augsburger Römermuseum in der laufenden Amtsperiode voranbringen, ohne dass die Stadt Millionen investieren müsste (es gibt im Übrigen auch Fördertöpfe für Sanierungen und Planungen). Jeder einzelne Schritt wäre außerdem sinnvoller, als ein virtueller Rundgang zu Ausgrabungsstätten, an denen die Besucherinnen und Besucher heute wenig bis gar nichts mehr sehen können, weil die Stadt nahezu jeden Fund zwar dokumentieren, dann aber wieder zuschütten lässt. Augsburg ist nicht Trier, es gibt hier keine monumentalen römischen Relikte im Stadtbild, die man bestaunen könnte. Um die Bedeutung dieser Stadt im Römischen Reich auch nur annähernd erfassen zu können, brauchen wir ein modernes und neues Ausstellungshaus, das auch Originale zeigt. Oberbürgermeisterin Eva Weber könnte sich das Römische Museum irgendwann als "ihr" Projekt auf die Fahnen schreiben. Doch dafür muss sie es jetzt entschlossen angehen.

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