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Debatte: Krisenmanagement oder Gestaltung: In welche Richtung steuert die Stadt?

Debatte

Krisenmanagement oder Gestaltung: In welche Richtung steuert die Stadt?

Stefan Krog
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    Wo soll Augsburg in zwei Jahren stehen? Angesichts der vielen Krisen ist das Bild momentan diffus.
    Wo soll Augsburg in zwei Jahren stehen? Angesichts der vielen Krisen ist das Bild momentan diffus. Foto: Ulrich Wagner

    Als Eva Weber (CSU) sich vor inzwischen fünf Jahren anschickte, Oberbürgermeisterin von Augsburg zu werden, erklärte sie, dass es künftig darauf ankommen werde, an der "Software" der Stadt zu arbeiten. Die Periode der Infrastrukturmaßnahmen wie Königsplatz und Fußgängerzonensanierung sei erst einmal vorbei, jetzt gehe es um Zusammenleben, Bürgerbeteiligung und die gesellschaftlichen Entwicklungen in der Stadt. Wie Recht sie mit dieser Feststellung hatte, dürfte Weber im Rückblick angesichts der vielfältigen Krisen selbst unangenehm überraschen. 

    Das Krisenmanagement hat die Stadt gemessen an den Herausforderungen gut hinbekommen, doch inzwischen scheint der Krisenmodus der Normalzustand zu sein. Was jenseits von

    Weber hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten - eigentlich schon Jahren, wenn man Corona dazuzählt - viel darum gekümmert, das friedliche Zusammenleben in der Stadt zu sichern. Nach dem Angriff auf Israel durch die Hamas floss viel Aufmerksamkeit ins Vermitteln innerhalb der Stadtgesellschaft. Zuletzt zeigte Weber angesichts der "Remigrations"-Überlegungen aus dem Hinterzimmer klare Kante, was rechtsextremes Gedankengut und den Wert der Demokratie betrifft. Diese Klarheit ist Weber in einer Stadt mit hohem Migrantenanteil hoch anzurechnen. 

    Krisenbewältigung kann nicht dauerhaft Leitthema in Augsburg sein

    Der Erhalt von Demokratie und Frieden muss Bestandteil von Regierungshandeln sein, momentan zweifellos mehr als sonst. Auf Dauer kann Krisenbewältigung aber nicht das Leitthema einer Stadtregierung sein. Es soll hier nicht darum gehen, Engagement für gesellschaftlichen Frieden und Gestaltung der Stadt gegeneinander aufzuwiegen, weil das keine Gegensätze sind. Wenn Weber sich beim Thema Miteinander zurückhielte, wäre nichts gewonnen, aber einiges verloren. Es wird andersherum ein Schuh daraus: Das gestaltende Moment mit den Alltagsproblemen kommt momentan zu kurz. 

    Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber.
    Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber. Foto: Peter Fastl

    Wer die Tagesordnungen der Stadtratssitzungen des vergangenen halben Jahres anschaut, der findet wenig wichtige Weichenstellungen. Als der Stadtrat am Donnerstag zu seiner monatlichen Sitzung zusammentrat, war das eine Angelegenheit von einer Stunde, in der großteils Formal-Beschlüsse gefasst wurden. Das ist für die erste Sitzung nach der Weihnachtspause nicht ungewöhnlich, doch auch in den vergangenen Monaten war es nicht viel interessanter.

    Es ist dabei gar nicht so, dass nichts passieren würde. Die Stadt ist beim Thema Kita-Ausbau mit großem Tempo dabei, das Schulsanierungsprogramm wird weiter durchgezogen, bei der Digitalisierung ist die Stadt deutlich vorangekommen, die Karolinenstraße wird saniert. Konzeptionell sind ein Plan zur Wärmeversorgung und zur Mobilität in Arbeit. Damit werden Weichen für die Zukunft gestellt, doch aktuell hat man das Gefühl, dass es vor allem darum geht, die Dinge am Laufen zu halten. Ein Stück weit ist das in diesen Zeiten von Unsicherheit, schnell wechselnden Gegebenheiten, Geldknappheit und Personalnot vielleicht ein angemessenes Ziel. Und womöglich steckt die Stadt nach einer Phase baulicher Erneuerung jetzt in einer Phase, in der sie neue Bedarfe erst wieder eruieren muss. Doch die Bürger erwarten eine Idee zur Zukunft der Stadt, fassbar in Projekten. Was in der Pipeline ist, dauert aber länger (Bahnhofstunnel, Linie 5), ist nicht finanzierbar (Neugestaltung Bgm.-Aurnhammer-Straße) oder zeitlich einfach noch weit weg (Spickelbad, Römermuseum).

    Schulsanierungen in Augsburg: Ein verdienstvoller Kraftakt

    Es wird ein Kunststück für die Regierung werden, mit diesen Erwartungen in den kommenden zwei Jahren umzugehen. Die Stadt legt wie in den vergangenen Jahren viel Geld zurück, um für Eventualitäten gerüstet zu sein. Das half bei den Krisen der vergangenen Jahre. Vielleicht ist die Hoffnung, einen Teil der Millionen nicht zu benötigen, um im Vor-Wahljahr etwas flüssiger zu sein. Denn zweifellos ist die Zeit der sprudelnden Einnahmen vorbei. Die Stadt investiert dennoch mit Vollgas in Schul- und Theatersanierung und nimmt dafür Schulden auf. Projekte mit Identifikationspotenzial sind das, anders als der Kö-Umbau (gleichwohl er umstritten war), aber nicht. Die Schulsanierungen sind ein verdienstvoller Kraftakt, aber dafür, dass Toiletten nicht mehr überlaufen und Fluchtwege sicher sind, kann sich die Stadt kaum feiern lassen. Und die Theatersanierung ist ein Langstreckenlauf, der immer teurer geworden ist, an dem die Stadtgesellschaft aber wenig Anteil nimmt

    In der Summe nimmt das - entgegen Behauptungen aus früheren Jahren - zusammen mit den gestiegenen Personalkosten anderen Projekte die Luft. Die jetzige Regierung muss Versäumnisse aus der Vergangenheit aufarbeiten unter schwierigen Rahmenbedingungen, sie arbeitet an der "Software", was nach außen nicht sofort sichtbar ist - aber dass trotz jahrelanger Vorplanungen jetzt zum Beispiel kein Geld für ein Radparkhaus am Bahnhofsvorplatz West da ist und die Fuggerstraße weiter vor sich hindümpelt, hätte nicht passieren dürfen.

    Schwarz-Grün in Augsburg liefert gerade keine Impulse

    Und auch inhaltlich hat man das Gefühl, dass Schwarz-Grün gerade etwas auf der Stelle tritt. Ein Teil der Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag wurde mehr oder weniger erfolgreich umgesetzt, doch die autofreie Maxstraße als Flaggschiffprojekt wurde vor Gericht versenkt. Im Prüfung Grottenau-Beruhigung, Alleen, Verbesserung des Busnetzes), man hat aber nicht das Gefühl, dass sich etwas tut. Und je näher die Wahl rückt, desto stärker werden die Zentrifugalkräfte im Bündnis - dessen Partner inhaltlich nicht geborene Koalitionäre füreinander waren - wirken. In einem guten Jahr wird man schon mit den Vorbereitungen auf den Wahlkampf beginnen. Dann wird es eher darum gehen, dass jeder für sich Handschrift zeigt und eine Bilanz vorlegt. Nur auf gutes Krisenmanagement - so schwierig es auch ist - zu verweisen, wird aber wohl nicht reichen. 

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