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Debatte: Die Aussagen der Vergangenheit holen die Stadtregierung ein

Debatte

Die Aussagen der Vergangenheit holen die Stadtregierung ein

Stefan Krog
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    Die Theatersanierung (hier ein Blick in den so genannten Bühnenturm über der Bühne, in dem bei Aufführungen die Kulissen hochgezogen werden) hat sich zum finanziellen Abenteuer für die Stadt entwickelt.
    Die Theatersanierung (hier ein Blick in den so genannten Bühnenturm über der Bühne, in dem bei Aufführungen die Kulissen hochgezogen werden) hat sich zum finanziellen Abenteuer für die Stadt entwickelt. Foto: Silvio Wyszengrad

    Die Augsburger Stadtregierung gibt aktuell ein desaströses Bild ab: Bei der Linie 5 musste nach dreieinhalb Jahren in der Genehmigungsschleife die Notbremse gezogen werden, weil sich diese Trasse als nicht mehr durchführbar herausstellte. Die Bahnhofsvorplätze sind nicht fertig, der Tramtunnel bleibt auf Jahre eine Sackgasse. Bei der Theatersanierung läuft es jetzt auf die dritte Kostensteigerung innerhalb von vier Jahren hinaus, das Projekt zieht sich in die Länge. Es sind nicht irgendwelche Infrastrukturprojekte (der fehlgeschlagene Maxstraßen-Fußgängerzonenversuch soll hier gar nicht mehr vertieft behandelt werden), sondern es sind die teuersten Einzelmaßnahmen dieser und der vergangenen Stadtregierung, und es sind die Flaggschiff-Baustellen, mit denen man sich bei deren Gelingen nur zu gern geschmückt hätte.

    Auch andere Städte wie München sind betroffen

    Der Furor der Opposition mit dem Duktus „Die können‘s nicht“ springt dabei zu kurz. Für sich genommen ist jede Verzögerung und Verteuerung ja zumindest in gewissem Maße erklärbar. Die Baupreise sind in den vergangenen Jahren explodiert - das merkt man nicht nur am Theater, sondern auch an Schulprojekten. Und Augsburg ist ja nicht als einzige Stadt davon betroffen: In München stoppte der Freistaat die Planungen für einen Musiksaal und stimmte ein Streichkonzert an, um die explodierenden Kosten zu halbieren. Der Unterschied liegt darin, dass in München noch nicht mit dem Bau begonnen wurde, während es in Augsburg schon zu spät war, die Notbremse zu ziehen, zumindest was das Große Haus betrifft.

    Dennoch haben die Kostensteigerungen politische Sprengkraft, weil der Stadt das Geld ausgeht - sicher nicht nur wegen der Theatersanierung, aber eben auch. Es ist spürbar, dass inzwischen kaum noch Mittel da sind für Infrastrukturmaßnahmen, die nichts mit Schulen zu tun haben. Sie genießen zurecht Priorität, aber Fuggerstraße, Bauernmarkt, Stadtteilprojekte - all das wird seit Jahren geschoben. Die von Sanierungsbefürwortern gerne ins Feld geführte Argumentation, dass man ein Projekt nicht gegen das andere aufrechnen dürfe, erweist sich zunehmend als absurd - bei 417 Millionen Euro (auch wenn etwa die Hälfte gefördert werden sollte) stimmen die Gewichtungen im Haushalt als Ganzes einfach nicht mehr und es grenzt an Realitätsverweigerung, nicht gegenzurechnen. In seinem privaten Haushalt käme kein Mensch auf die Idee, das bei seinen Ausgaben nicht zu tun.

    Die Kritiker der Augsburger Theatersanierung haben Recht behalten

    Doch politisch gefährlich werden die Kostensteigerungen vor allem, wenn man gedanklich ein paar Jahre zurückspringt. Es gab genug Kritiker, die 2016 davor warnten, dass die 186 Millionen Euro nicht reichen würden. Man musste keine Neigung zum Fatalismus haben, um zu dieser Einschätzung zu kommen - Baupreissteigerungen waren in diesem Betrag ohnehin nicht eingerechnet (die Tragweite erfasste der Stadtrat damals nicht oder wollte diese nicht erfassen). Der Architekt hatte in den Monaten zuvor umgeplant, um von den zwischenzeitlich veranschlagten 200 Millionen Euro wegzukommen, die im Stadtrat wohl noch schwerer durchzubringen gewesen wären. Und als der Beschluss dann gefallen war, schmolz der Risikopuffer zusammen, bevor auch nur ein Stein am Theater bewegt wurde, weil schnell klar wurde, dass es doch komplizierter wird. Das sieht im Nachhinein alles nicht gut aus, und dass Bedenken damals von den Regierenden weggelächelt wurden, macht es nicht besser. Diese Kritiker haben im Ergebnis Recht behalten - zum Teil aus den falschen Erwägungen heraus (Corona und Ukrainekrieg konnte damals nun wirklich keiner vorhersehen), aber im Ergebnis stimmen die damaligen düsteren Prognosen.

    Und auch daran sei erinnert: Durch die Theatersanierung werde nichts verunmöglicht, sagte die heutige Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU), damals noch Finanzbürgermeisterin, angesichts des Finanzierungskonstrukts, das über Kredite die jährlichen Belastungen zwar in die Zukunft verlängerte, aber auf jährlich 3,85 Millionen Euro reduzierte. Davon kann heute nicht mehr die Rede sein - in Spitzenjahren sind es angesichts der gestiegenen Schulden über sieben Millionen Euro Kreditrückzahlungen, und das in Zeiten, die von den fetten 2010er Jahren weit entfernt sind. Wie gesagt: Zumindest in Teilen war das nicht vorhersagbar, aber es holt die Stadtregierung heute ein. Es ist richtig, dass Linie 5 und Theater geerbte Projekte für die seit 2020 amtierende Stadtregierung waren, die schon ihre Schwierigkeiten mitbrachten. Die Dauer-Krise seit 2020 hat das nicht einfacher gemacht - rauere Zeiten hatte bisher wohl wenige Stadtregierungen zu bewältigen.

    Das Umschwenken bei der Linie 5 ist nach dreieinhalb Jahren Planungszeit angesichts neu auftauchender Schwierigkeiten der richtige Schritt, aber wenn man sich in Erinnerung ruft, wie vehement die „geflügelte Lösung“ vom Regierungslager verteidigt worden war, bietet Schwarz-Grün nun große Angriffsfläche. Gleiches gilt fürs Theater. Der Wahlkampf für die Kommunalwahl 2026 kann jetzt als eröffnet betrachtet werden, und Schwarz-Grün macht dabei knapp zwei Jahre vor der Wahl keinen guten Eindruck.

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