Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Debatte: Bewundert und beschimpft: Wie lange hält das Klimacamp in Augsburg noch durch?

Debatte

Bewundert und beschimpft: Wie lange hält das Klimacamp in Augsburg noch durch?

Michael Hörmann
    • |
    Das Klimacamp hat seine Zelte jetzt am Moritzplatz in Augsburg aufgeschlagen.
    Das Klimacamp hat seine Zelte jetzt am Moritzplatz in Augsburg aufgeschlagen. Foto: Silvio Wyszengrad

    Es war am 1. Juli 2020, als sich die politische Welt in Augsburg veränderte. Im März hatte die Kommunalwahl stattgefunden, die neue

    Beim Klimacamp handelt sich um ein vorübergehendes Lager aus Zelten und Europaletten, in dem Aktivisten für ihr Anliegen eintreten. Sie tun dies mit Protesttafeln, organisieren Veranstaltungen und Demonstrationen. Vor allem aber – und das ist der entscheidende Punkt – werden die Klimaschützer öffentlich wahrgenommen. Die jungen Leute, die ihr Lager im Juli 2020 neben dem Augsburger Rathausplatz aufschlugen, sind bis heute mitten in der Stadt präsent. Respekt, muss man sagen.

    Die Meinungen über das Klimacamp in Augsburg gehen auseinander

    19 Monate hat das Klimacamp bereits durchgehalten – gegen politische Querschüsse, gegen manche Anfeindungen und auch gegen ein oft wahrnehmbares Kopfschütteln über die Aktion seitens mancher Bürgerinnen und Bürger. Allerdings ist es bei Weitem nicht so, dass es nur Gegner gibt. Viele Menschen sympathisieren mit den Zielen des Klimacamps: Es wird Geld gespendet, es gibt Unternehmen, die die Aktivisten mit Lebensmitteln beliefern.

    Das Klimacamp startete am Augsburger Rathaus.
    Das Klimacamp startete am Augsburger Rathaus. Foto: Silvio Wyszengrad

    Erinnert muss aus heutiger Sicht daran werden, dass die Stadtspitze die Aktivisten am liebsten noch Anfang Juli 2020 vom Hof gejagt hätte. Eine Polizeiaktion, die das Lager geräumt hätte, stand unmittelbar bevor – sie wurde in letzter Minute abgeblasen. Der weitere Verlauf der Auseinandersetzung zwischen Stadtspitze und Aktivistinnen und Aktivisten ist bekannt: Das Klimacamp wird von den Regierenden registriert und respektiert, ein Einverständnis aber gibt es nicht. Das Klimacamp ist längst zu einem Fall für die Gerichte geworden. Die Stadt möchte, dass das Camp aufgegeben wird, die Aktivisten wollen jedoch nicht freiwillig abrücken. Sie halten dagegen und bekamen in erster Instanz Recht.

    Die Frage, ob das Klimacamp vom Versammlungsrecht geschützt ist oder von der Stadt aufgelöst werden darf, wird wohl Ende Februar vor Gericht erörtert. Vor dem Verwaltungsgerichtshof in München soll dann ein mündlicher Verhandlungstermin stattfinden. Der Ausgang auf der juristischen Ebene ist offen. Es ist jedoch vollkommen richtig, dass die Richter in der Frage der Genehmigung das letzte Wort haben.

    Es geht in der Debatte über das Klimacamp auch um Stimmungen

    Es gibt in der Debatte um das Klimacamp aber nicht nur die juristische Seite. Es geht um Stimmungen und die Bedeutung der Aktion. Machen wir uns nichts vor: Das Klimacamp war deshalb so erfolgreich in der öffentlichen Wahrnehmung, weil es am besten Platz in der Stadtmitte aufgebaut war. Wer am Augsburger Rathausplatz stand, registrierte zwangsläufig das wilde Camp, das keinen Schönheitspreis gewinnen wollte. Es wollte Druck auf die Stadträte im Rathaus aufbauen, und das war allein schon wegen der Örtlichkeit möglich.

    Dies hat sich seit einigen Wochen geändert. Das Klimacamp musste weichen, weil der Perlachturm eingerüstet und das Umfeld aus Sicherheitsgründen geräumt wurde. Die Aktivisten, die für ihre Ziele weiter eintreten wollen, zogen zähneknirschend um, ein alternativer Standort wurde gefunden: Das Camp ist nun am Moritzplatz. Dieser Ort fällt im Vergleich zum Rathausplatz aber extrem ab, Passantinnen und Passanten nehmen weniger Notiz von der Protestaktion. Es ist zu bewundern, dass die Aktivisten dennoch beharrlich weitermachen und auch die Nächte vor Ort verbringen. Die Genehmigung setzt dies als eine Auflage voraus. So muss das Camp permanent besetzt sein. Den Aktivisten ist dies bewusst. Darum gibt es Zeitpläne, wer wann seinen freiwilligen Dienst anzutreten hat.

    Bei Veranstaltungen ist derzeit deutlich weniger los als früher

    Der neue Standort kann die Aktivistinnen und Aktivisten nicht glücklich stimmen. Und es gibt auch andere Entwicklungen, die dokumentieren, dass die breite Masse nicht mehr so mitzieht wie zu den Anfängen. Beteiligt am Klimacamp sind Vertreter von Fridays for Future (FFF), jener Organisation, die in den zurückliegenden Jahren große Protestaktionen in Augsburg auf die Beine stellte. Meist an Freitagen zogen teils mehrere Tausend Menschen durch die Stadt, um für eine andere Klimapolitik zu demonstrieren. Es gab Fahrraddemos, bei denen hunderte Teilnehmer mitmachten.

    Bei der Geburtstagsfeier von Fridays for Future zum dreijährigen Bestehen der Ortsgruppe war wenig los.
    Bei der Geburtstagsfeier von Fridays for Future zum dreijährigen Bestehen der Ortsgruppe war wenig los. Foto: Michael Hörmann

    Das ist gegenwärtig anders, was auch zu einem Teil mit der Corona-Pandemie zu erklären ist. Aber sie ist nicht allein ausschlaggebend. Offenbar sind selbst die größten Anhängerinnen und Anhänger müde geworden. Der dreijährige Geburtstag der FFF-Ortsgruppe Augsburg am Rathausplatz war am Freitagnachmittag der Vorwoche eine eher traurige Veranstaltung. Nicht einmal 30 Personen verloren sich auf dem Rathausplatz. Am Sonntag darauf protestierten nur noch 50 Radlerinnen und Radler bei einer Fahrt durch die Innenstadt.

    Die Aktivisten des Klimacamps verstehen es dennoch glänzend, sich gut in Szene zu setzen. Aktionen werden gefilmt und online verbreitet. Die Kommunikation läuft höchst professionell. Nicht von ungefähr heißt es bereits aus Reihen der Stadt, dass die Pressemitteilungen des Camps schneller und prägnanter seien als die hausinternen Mitteilungen der Augsburger Verwaltung. Dies hat aber nichts damit zu tun, dass da ein paar junge Studenten und Schüler zu viel Zeit haben. Das Klimacamp hat aufgrund seines politischen Anliegens Unterstützer, die nie vor Ort im Camp sein müssen. Dazu zählen auch Kommunikationsstrategen und Anwälte. Ohne deren Unterstützung hätte es das Klimacamp wohl auf keinen Fall 19 Monate lang gegeben.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden