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Das ist die Geschichte der Krypta im Augsburger Dom.

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Augsburg unterirdisch: Auf Zeitreise in der Krypta des Doms

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    Nicht immer war die Krypta so puristisch wie heute. Domkonservator Michael Schmid zeigt freigelegte Deckenfresken in der Krypta des Augsburger Doms.
    Nicht immer war die Krypta so puristisch wie heute. Domkonservator Michael Schmid zeigt freigelegte Deckenfresken in der Krypta des Augsburger Doms. Foto: Klaus Rainer Krieger

    Brütend heiß ist es an diesem Sommertag in Augsburg. Das Thermometer hat die 30 Grad überstiegen. Wer kann, hat sich ein kühles, schattiges Plätzchen gesucht. Und einige sind bei dieser Suche auch im Augsburger Dom gelandet. Genauer gesagt: Unter dem Augsburger Dom. Sieben Stufen führen vom Westaltar, den die Sommersonne an diesem Nachmittag in goldenes Licht taucht, hinab in die kühle Unterwelt. Und in eine andere Zeit.

    Nach all der goldglänzenden, überirdischen Pracht tauchen die Besucher in der Krypta in die puristische Stille ab. Mit weißem Kalkputz sind die buckligen Wände getüncht. Niedrig wölbt sich die Decke über den Köpfen. Wohl an kaum einem anderen Ort im Dom wird die jahrhundertealte Geschichte des Gotteshauses so spürbar wie hier. Und das, sagt Diözesankonservator Michael Schmid, ist kein Zufall. Denn sie gehört zum ältesten Teil des Augsburger Doms. „Nachdem der Vorgängerdom an der Westseite eingestürzt war, hat man hier mit dem Neubau begonnen“, erzählt Schmid. Recht pragmatisch und im modernen Sinne nachhaltig seien die Baumeister um das Jahr 1000 an ihre Aufgabe herangegangen. Für den Bau der Krypta wurden die Reste des alten Domes verwendet, daneben viele steinerne Fragmente aus Augsburgs römischer Vergangenheit. Schmid deutet im fahlen Licht, das durch eine kleine Öffnung an der Westseite hereinfällt, auf den Sockel einer Säule, die das Gewölbe trägt. Ihre Basis ist eher oval, eine andere dagegen eckig. Gut möglich, dass sie einst einen römischen Prachtbau in Augusta Vindelicorum schmückten. „Man hat damals genommen, was man finden konnte und was gepasst hat“, verrät der 50-Jährige. „Die hatten in der Romanik wenig Schmerz mit Asymmetrie.“

    Die Erbauer der Krypta nutzten um das Jahr 1000 auch Fragmente aus der römischen Vergangenheit, etwa für die Säulen, die das Gewölbe stützen.
    Die Erbauer der Krypta nutzten um das Jahr 1000 auch Fragmente aus der römischen Vergangenheit, etwa für die Säulen, die das Gewölbe stützen. Foto: Klaus Rainer Krieger

    So puristisch wie heute war die Krypta des Augsburger Doms nicht immer

    Doch unterirdische Krypten seien damals hoch im Kurs gestanden. In vielen Kirchen, sagt Schmid, seien in der Romanik in den unterirdischen Gewölben Reliquien bedeutender Heiliger und Seeliger ausgestellt gewesen, die die Pilger dort verehren konnten. In späteren Epochen habe man sich für diesen Teil allerdings nicht mehr großartig interessiert. Aus heutiger Sicht, sagt Schmid, sei das ein Glücksfall. Denn so entkam die Krypta, die Petrus und Paulus geweiht ist, den großen Modernisierungswellen im Dom weitestgehend.

    Doch natürlich hat sich auch hier in den vergangenen 1000 Jahren etwas getan. So weiß und puristisch, wie sie sich nun präsentiert, war die Krypta des Augsburger Doms nicht immer. Im Gegenteil: „Früher waren die Wände hier sehr bunt.“ Das zeigt sich exemplarisch an einer Stelle im östlichen Teil, wo jahrhundertealte Malereien zu sehen sind. Zwei sich überlagernde Schichten mit unterschiedlichen Darstellungen haben die Restauratoren hier freigelegt. Die untere aus der Spätromanik, darüber eine Kreuzdarstellung aus der Frühgotik. Die Geschmäcker, sagt Schmid, hätten sich teils schnell geändert. Und so sei man in puncto Wandgestaltung gerne mit der Zeit gegangen.

    Nachdem die Verehrung von Reliquien zunehmend in den Hintergrund rückte, veränderte sich auch die Nutzung der Krypta. Etliche Domherren wurden dort über die Jahrhunderte begraben. In den 70er-Jahren habe man dann aber beschlossen, deren sterbliche Überreste anderswo zu bestatten und die Krypta in der Folge als Grablege für die verstorbenen Augsburger Bischöfe vorbereitet. Zwei frühere Oberhirten haben seither dort ihre letzte Ruhe gefunden: Erzbischof Josef Stimpfle und Bischof Viktor Josef Dammertz. Rote Rosen sind an ihren Grabplatten abgelegt, eine kleine Kerze bringt Licht in das schummrige Gewölbe. Unter den Terakotta-Platten, sagt Schmid, seien schon zahlreiche weitere Grabkammern vorbereitet. „So können dort noch ein paar Jahrhunderte die Augsburger Bischöfe beigesetzt werden.“

    Ein Gefühl der Ehrfurcht liegt in der kühlen Luft

    Und auch wenn der legendäre Bischof Simpert nicht hier, sondern in Ulrich und Afra begraben liegt, ein Erinnerungsstück an ihn gibt es auch im Dom. Ein Altarstein mit Flechtbandornamenten aus dem karolingischen Dom, den Simpert bauen ließ, zieht in einer Nische die Blicke auf sich. Gleich gegenüber der spätromanischen Madonnenfigur, die von Gläubigen gerne zum stillen Gebet aufgesucht wird. Gedämpft flüstern die Besucher, die an ihr vorbeilaufen und die Krypta besichtigen. Das unterirdische Gewölbe, in dem seit mehr als 1000 Jahren Menschen beten, löst Ehrfurcht aus. Ein Gefühl, das bleibt, wenn man die Krypta wieder verlässt. Mit jeder Stufe, die es nach oben geht, wird es heller. Der Blick fällt unweigerlich auf den Hauptaltar, auf Jesus, der dort unter den bunten Glasfenstern am Kreuz hängt. Es ist ein Aufstieg von der Dunkelheit ins Licht. „Das hat schon eine besondere Symbolik“, findet Domkonservator Schmid.

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