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Corona-Pandemie: Krisenstimmung in der CSU: Weber und Sailer kritisieren Söder

Corona-Pandemie

Krisenstimmung in der CSU: Weber und Sailer kritisieren Söder

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    Bayerns Ministerpräsident Markus Söder steht für seine Corona-Politik in der Kritik. Die kommt in der Zwischenzeit auch aus den eigenen Reihen.
    Bayerns Ministerpräsident Markus Söder steht für seine Corona-Politik in der Kritik. Die kommt in der Zwischenzeit auch aus den eigenen Reihen. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Augsburgs Landrat Martin Sailer (CSU) fand diese Woche deutliche Worte: Der mangelnde Nachschub an Impfstoff für die Impfzentren sei ein "absoluter Skandal", wetterte er im Kreistag, um gleich noch eine Schippe draufzulegen: "Das ist Staatsversagen auf ganzer Linie." Sailer, als Bezirkstagspräsident und Chef des größten schwäbischen Landkreises einer der bekanntesten Kommunalpolitiker in Schwaben, hadert schon einige Zeit mit den Regierenden in Berlin und München. Auch Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) war mit dem Agieren des Freistaats in der Corona-Krise zuletzt nicht glücklich, wenn sie dies auch verhaltener formulierte: "Ein Lockdown wäre ehrlicher gewesen", kommentierte sie die Absage der Weihnachtsmärkte sowie die 2Gplus-Regel für Zoo und Botanischen Garten. Das Verhältnis zwischen Freistaat und Kommunalpolitikern scheint angespannt – nicht nur diese Äußerungen machten das deutlich.

    Ein abgestimmtes Vorgehen zwischen Land und Kommunen war – ähnlich wie zwischen Bund und Ländern – zuletzt nur selten zu erkennen. Prominentestes Beispiel: die Christkindlesmärkte, für die die drei größten bayerischen Städte je eigene Lösungen suchten. München hatte seinen bereits abgesagt, da hielten die beiden kleineren Städte Augsburg und Nürnberg noch eisern daran fest. Erst das allgemeine Aus, das Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bayernweit ausrief, bewirkte auch in Schwaben und Franken eine Absage. Söder, heißt es aus Insiderkreisen, soll mit dem Vorgehen der beiden Städte unzufrieden gewesen sein. Er hätte sich gewünscht, dass Augsburg und

    Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber.
    Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber. Foto: Silvio Wyszengrad

    Augsburgs Oberbürgermeisterin war und ist beim Christkindlesmarkt anderer Meinung. Sie wollte Bürgerinnen und Bürgern, aber auch den Händlern nach fast zwei Jahren Pandemie und Einschränkungen etwas Weihnachtsstimmung bieten, zumal andere bayernweite Regeln dies ihrer Ansicht nach gerechtfertigt hätten: "Das alles fand zu einem Zeitpunkt statt, als Clubs und Diskotheken öffnen durften." Mit welchem Grund, fragt Weber, hätte man da eine Veranstaltung unter freiem Himmel absagen sollen? Dass das Aus aus der Landeshauptstadt dann so kurzfristig kam, habe wiederum ihr nicht gefallen. "Am Montag wäre es losgegangen, am Freitag wurde alles abgesagt." Bei einem Telefonat mit München in derselben Woche habe es dafür noch keinerlei Anzeichen gegeben.

    Sailer und Weber: Es hakt an der Kommunikation

    Diese Kurzfristigkeit vieler bayerischer Pandemie-Entscheidungen ist eine Sache, die die Kommunalpolitiker ärgert. Eine andere ist die (mangelnde) Kommunikation. "Wir Kreisverwaltungsbehörden geraten immer wieder in massiven Zugzwang, wenn Ankündigungen in Pressekonferenzen oder in ähnlichem Rahmen als neue Tatsachen präsentiert werden, über die wir im Vorfeld nichts wissen, für die keine Rechtsgrundlagen vorliegen, mit deren Umsetzung wir aber beauftragt sind", kritisiert Landrat Martin Sailer. Diese Situation habe sich in den zurückliegenden Monaten mehrfach ergeben. Eva Weber sieht das ebenso: "Normalerweise stimmt sich die Staatsregierung mit den kommunalen Spitzenverbänden ab". Vor allem bei Schulthemen sei dies teils "komplett schief gegangen", sagt Oberbürgermeisterin Eva Weber. Bei den Luftfiltern habe der Freistaat sehr kurzfristig bekannt gegeben, dass es dafür ein Förderprogramm gibt. "So etwas mit superkurzen Vorlaufzeiten zu verkünden, das war nicht gut, zumal wir Vergabefristen haben und einen laufenden Haushalt. Da kann man nicht einfach mal ein paar Millionen locker machen." Als Augsburg einen Pilotversuch für Lollitests an Kitas und Schulen starten wollte, lehnte der Freistaat ab. "Das hat mich tatsächlich geärgert", gibt Augsburgs OB Eva Weber offen zu. Man hatte im Vorfeld viel Zeit in das Projekt gesteckt, die Uniklinik hätte den Versuch auch wissenschaftlich begleitet. "Da hätte man in München auch früher sagen können, dass man das nicht will."

    Die Politiker vor Ort stehen in der Kritik, obwohl sie nur Vorgaben umsetzen

    Die Politiker vor Ort stehen während der Pandemie immer wieder in der Kritik, obwohl sie oft nur die Vorgaben des Freistaats umsetzen. Aktuell sei das größte Problem der Impfstoffmangel, sagt Landrat Martin Sailer. "Wir sollen die Impfkampagne an vorderster Front umsetzen und müssen stets in den kritischen Phasen um Impfstoff feilschen und bangen." Auf Unverständnis stößt bei ihm vor allem die Vorgehensweise bei den Kinderimpfstoffen: Für Fünf- bis Elfjährige sollen diese früher zur Verfügung gestellt werden, als angekündigt, im bayerischen Impfportal sei die Bereitstellung von Terminen für Kinder aber erst ab Januar möglich. Diese technischen Aspekte, sagt Sailer, sollten eigentlich längst geklärt sein. "Mich ärgert auch, dass die Abwicklung in der Zwischenzeit wieder vollständig bei uns liegen wird."

    Augsburgs Landrat Martin Sailer.
    Augsburgs Landrat Martin Sailer. Foto: Marcus Merk

    Verglichen mit früheren Amtsperioden ist die laute Kritik am Freistaat neu - so wie auch der Schulterschluss zwischen Oberbürgermeisterin und Landrat, die nicht eben dafür bekannt sind, dicke politische Freunde zu sein. Noch unter Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl – ein CSU-Neuling, der schnell in der Gunst des damaligen Ministerpräsidenten Horst Seehofer aufstieg – war der Kontakt nach München so eng, dass für die Region plötzlich Dinge wie eine millionenschwere Theatersanierung oder eine Uniklinik möglich wurden. Mit den Amtswechseln von Gribl zu Weber und Seehofer zu Söder, heißt es, sei dieser Draht etwas abgekühlt, obgleich er immer noch eng sei. Eva Weber passe als junge Frau in verantwortungsvoller Position in das Bild, das Markus Söder von seiner CSU zeichnen will und werde deshalb in München immer Gehör finden. Martin Sailer dagegen musste den Posten als CSU-Vize abgeben – weil er als Mann mit 51 Jahren eben nicht in dieses Bild passt. Die personelle Umstrukturierung, betont Sailer, habe aber nichts mit seiner Kritik an Söders Corona-Politik zu tun. Dennoch dürften dem Ministerpräsidenten die Äußerungen aus der Region Augsburg nicht gefallen. Von der Welt jüngst zum "unbeliebtesten Ministerpräsidenten" gekürt und deshalb laut Insidern "nicht gerade guter Laune", kann er nicht auch noch Kritik aus den eigenen Reihen brauchen.

    Bei allen Problemen wollen Weber und Sailer aber nicht außen vor lassen, dass der Freistaat die Kommunen grundsätzlich gut unterstütze. Allein, dass München die Hälfte der Ausfälle bei den Gewerbesteuer-Einnahmen übernehme, lasse Städte in anderen Bundesländern neidisch werden. "Unsere Wünsche und Vorschläge stoßen in München auch nicht auf taube Ohren", versichert Sailer. "An den maßgeblichen Aspekten, die aus unserer Sicht im Sinne der Pandemiebewältigung besser laufen müssten, hat sich doch nichts Wesentliches geändert."

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