Es ist noch ein paar Tage hin, bis der Christkindlesmarkt auf dem Augsburger Rathausplatz am Montagabend eröffnet. Doch im Stand von Friedrich Müller-Ebert liegt der Duft des Advents schon in der Luft. Ganz frisch wurde gerade der Glühwein geliefert. So frisch, dass die Kartons sogar noch warm sind und inmitten des ganzen Vorbereitungstrubels den Stand nicht nur mit dem Aroma von Zimt und Nelken füllen, sondern ihn auch gleich noch mit heizen. „Frisch ist er einfach am besten, denn nach 14 Tagen fangen die Gewürze langsam an, sich abzubauen“, sagt Müller-Ebert.
Der 74-Jährige muss es wissen. Denn er ist auf dem Christkindlesmarkt seit Jahrzehnten eine Institution, wenn es um das weihnachtliche Heißgetränk geht. Seit 39 Jahren schenkt er hier Glühwein aus. Und das auch noch in einem Alter, in dem andere längst den wohlverdienten Ruhestand genießen. Doch eine Adventszeit ohne den Christkindlesmarkt, ohne den Lichterzauber und die Menschen auf dem Rathausplatz, ohne den Duft von Glühwein und Kinderpunsch in der Nase, das kann sich Friedrich Müller-Ebert nicht vorstellen. „Ich bin einfach ein Schaustellerkind. Wenn irgendwo ein Markt ist und du bist nicht dabei, da kommst du dir verloren vor.“ So werden auch diesen Advent wieder die sechs Meter an der Ecke beim Verwaltungsgebäude sein Reich sein. Oft elf Stunden täglich bis Heiligabend. Auch wenn ihm die Folgen eines Beinbruchs noch zu schaffen machen – ohne Christkindlesmarkt geht es nicht. Schließlich ist das auch Familiensache.
Müller-Eberts Großvater begann dort 1912 mit dem Verkauf von Christbäumen und selbst gebasteltem Christbaumschmuck. Später betrieben seine Eltern und seine Onkel dort mehrere Stände. „Meine Mutter hat Engelchen gebastelt und auf dem Markt verkauft, als er noch in der Fuggerstraße war. Und ich habe schon als Kind die Flügel dafür ausgeschnitten oder Strohsterne gebastelt.“ 1966, mit 21 Jahren, hatte Müller-Ebert dann seinen ersten eigenen Stand, verkaufte erst Christbaumschmuck. „Zu der Zeit waren es nur etwa halb so viele Händler und die Stadt ging hausieren, damit sie den Platz voll bekam.“
Glühwein auf dem Augsburger Christkindlesmarkt: Die Besucher begannen zu verweilen
Als seine Mutter krank wurde, pausierte er einige Jahre und bewarb sich nach ihrem Tod für einen Glühweinstand, für den er 1980 den Zuschlag bekam. Der heiße Gewürzwein war zu dieser Zeit auf dem Markt noch so etwas wie eine Neuheit. Denn erst einige Jahre zuvor hatte Charly Held ihn dort zum ersten Mal angeboten, erzählt Müller-Ebert. „Bis in die 70er Jahre war das ein reiner Warenmarkt. Erst dann haben meine Onkel versucht, mit Wurst reinzukommen.“ Als der Glühwein dazukam, habe sich langsam auch das Verhalten der Marktbesucher verändert. Die Menschen kamen nicht nur schnell zum Einkaufen, sondern verweilten. „Das kam letztlich auch den Warenhändlern zugute.“
Heute gibt es bei Friedrich Müller-Ebert und seiner Frau Renate längst nicht mehr nur Glühwein. Zu seinem Dauerbrenner, dem Enge-lespunsch, haben sich über die Jahre immer mehr Getränke gesellt. „Die Leute trinken heute gerne auch gehobene Weine wie Merlot oder Chardonnay. Junge Frauen bestellen oft heißen Caipirinha.“ Und mittlerweile gibt es sogar alkoholfreien Merlot. Eine Entwicklung, die Müller-Ebert pragmatisch sieht. „Man muss anbieten, was die anderen auch haben. Und was der Kunde möchte, das bekommt er auch.“
Was sich aber in all den Jahren nicht verändert habe, sei das Flair des Christkindlesmarktes. „Die Menschen benehmen sich hier anders. Jeder ist ergriffen von der Weihnachtszeit und dem, was der Markt ausstrahlt. Diese Lieblichkeit und Romantik, das ist schwer zu beschreiben“, sagt Müller-Ebert, der als Schausteller auf Volksfesten und Märkten in ganz Süddeutschland herumgekommen ist.
Nur ein einziges Mal hat er es in all den Jahren erlebt, dass ein Gast über die Stränge schlug und er die Polizei rufen musste. Auch wenn die Wogen an Bundesligaspieltagen manchmal höher schlagen. Wenn am Abend das Geschäft so richtig brummt und sich die Menschen in Trauben um seinen Stoinernen Ma an der Ecke scharen, ist der 74-Jährige in seinem Element. Doch er schätzt auch ruhigere Zeiten, wenn man mit den Stammkunden ins Gespräch kommt, die man alle Jahre wieder hier trifft und die schon mal Blumen oder Plätzchen für seine Frau Renate vorbeibringen. „Wir sind zusammen mit den Kunden alt geworden.“
Dominik Merz ist zum ersten Mal auf dem Christkindlesmarkt in Augsburg dabei
Alt werden möchte am liebsten auch Dominik Merz mit seinen Kunden auf dem Christkindlesmarkt. Der 36-Jährige aus Donauwörth ist in diesem Jahr mit der Firma MeRa zum ersten Mal mit dabei und bietet gemeinsam mit seinem Geschäftspartner beim Fuggerdenkmal naturbelassene Kräuterdips, Pesto, Liköre, Öle, Essige und Marmeladen an. Schon einige Jahre steht er damit auf der Dult. „Die Kunden haben immer wieder gefragt, warum wir nicht auch beim Christkindlesmarkt sind. Dann hat einer aufgehört und wir haben uns beworben.“ Bei Pfannen Fordermaier hatte Merz außerdem schon in früheren Jahren Christkindlesmarktluft geschnuppert. „Das wollte ich wieder haben.“
Seit Monaten ist er deshalb neben seinem Hauptjob im Vertrieb voll im Weihnachtsmodus. „Das ist quasi mein Hobby“, sagt er lachend. Dekoration und Beleuchtung für den Stand besorgen, neue Produkte kreieren. Extra für den Christkindlesmarkt haben sie ein Glühwein- und Kinderpunschgelee aufgelegt. Auch ein Bratapfel- und Winterlikör ist neu im Sortiment. Jetzt, sagt Dominik Merz, müsse nur noch das Wetter passen. „Gott sei Dank bin ich da recht kälteresistent. Den Ofen brauche ich erst ab fünf Grad minus.“ Doch egal ob Regen oder Schnee: Merz fiebert seinem ersten Augsburger Christkindlesmarkt mit eigenem Stand entgegen: „Wir freuen uns sehr, dass wir reingerutscht sind und wir hoffen, dass wir lange bleiben dürfen.“
Mehr zu den Öffnungszeiten und dem Programm auf dem Augsburger Christkindlesmarkt lesen Sie hier.
In der Region gibt es noch viele weitere Weihnachtsmärkte. Hier bieten wir einen Überblick mit Karte: zur Weihnachtsmarkt-Übersicht.