Fakt oder Lüge: Thomas Laschyk und seine Kollegen vom Blog Volksverpetzer haben eine Mission: Mit sorgfältigen Recherchen – reißerisch aufbereitet mit großen Lettern und knackigen, griffigen Heads –- greifen sie in rechte Diskurse ein, decken Lügen auf und schaffen es mit ihren Ergebnissen nicht selten selbst in die großen Nachrichten. Auch wenn sich Aktivismus und Journalismus im traditionellen Zeitungsgeschäft ausschließen – dieser Blog, der jetzt den Marion-Samuel-Preis der Stiftung Erinnerung erhielt, funktioniert.
Das lässt sich am steigenden Erfolg, an den inzwischen 13 Festangestellten und an den Abonnenten sehen. Sie tragen diese vor zehn Jahren von Thomas Laschyk gegründete Plattform, die als Unternehmen in Augsburg eingetragen ist. Keine Werbung, keine öffentliche Förderung, nur private Spenden und symbolische Abos finanzieren die Journalisten und Aktivistinnen. Sie hinterfragen Narrative und Medienberichterstattung, decken die Lügen hinter politischen Kampagnen auf, nehmen gefällige Verschwörungstheorien auseinander, und treten Querdenkern, Corona-Maßnahmen-Gegnern und der in Teilen rechtsextremen AfD auf die Füße. Dafür haben sie schon einige Gerichtsverfahren bestreiten müssen – und gewonnen.
Stiftung Erinnerung ehrte erstmals ein gegenwartsorientiertes Projekt
Vor etwa 100 Gästen vergab jetzt die Stiftung Erinnerung des langjährigen FCA-Präsidenten und Augsburger Ehrenbürgers Walther Seinsch im Barbarasaal ihren jährlichen Marion-Samuel-Preis an den Volksverpetzer. In ihrem Grußwort betonte Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) die Bedeutung von Journalismus für die Demokratie und die „Kontrolle der Machthabenden“. Walther Seinsch konnte nach Auskunft der Familie wegen einer Erkältung nicht teilnehmen. Sein Sohn Jörn Seinsch erklärte, die Stiftung ehre erstmals nicht ein auf das Erinnern gerichtetes, sondern ein gegenwartsorientiertes Projekt. Es sei notwendig, laut zu werden. In Zeiten, in denen eine in Teilen rechtsradikale Partei auf Platz eins in den Umfragewerten zusteuere, müsse auch Journalismus Haltung zeigen. Seinsch lobte das Konzept der Preisträger, journalistische Recherche mit plakativen Methoden, mit Ironie, Emotionen und Großbuchstaben zu vermitteln. „Erfolgreich wenden Sie die Strategien rechter Politiker und Bewegungen gegen diese und erreichen so die Menschen.“
Die Laudatio hielt der Würzburger Rechtsanwalt Chan-Jo Jun. Er machte deutlich: „Die Menschen werden nicht mit falschen Zahlen oder falschen Experten indoktriniert, sondern mit falschen Erzählungen.“ Es sei das Verdienst des Volksverspetzers, angesichts von Faschismus nicht „neutral“ zu sein, sondern mit präzisen, sorgfältigen Fakten und einer plakativen Essentialisierung die Menschen zu erreichen. „In 160 Zeichen, sodass es jeder versteht“. Chan-Jo Jun ist gewähltes Mitglied des Bayerischen Verfassungsgerichts und machte wegen seiner Prozesse gegen Facebook und Twitter in den letzten Jahren mehrfach Schlagzeilen.
Thomas Laschyk zeigte sich in seiner Dankesrede geehrt, in seiner Heimatstadt einen solchen politischen Preis (dotiert ist er mit 25.000 Euro) zu bekommen. „Sie würdigen nicht nur mich als Gründer, sondern mein Team und die Methode Volksverpetzer gegen Hass, Lügen und Unrecht“, erklärte er in seinem Kurzstatement. Oft würden sie kritisiert, man solle doch nicht so panisch sein, es sei doch alles nicht so schlimm. „Aber gerade, wenn es ‚noch nicht so schlimm ist‘, sollte man ja handeln, den Entwicklungen entgegentreten. Denn Faschismus kehrt immer schleichend ein“, so der Blog-Gründer.
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