Die mögliche Verschmelzung des Augsburger Verkehrs- und Tarifverbunds (AVV) mit dem Münchner Verkehrsverbund (MVV) würde wohl die Abschaffung der „City-Zone“ mit dem Gratis-Nahverkehr in der Kerninnenstadt zur Folge haben. Diese Sonderlösung passe nicht in die Tarifsystematik des MVV, so AVV-Geschäftsführerin Linda Kisabaka am Freitag bei einer Vorstellung der Zwischenergebnisse. Man könne über Kompensationen nachdenken. Augsburgs Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle (CSU), zuständig für den Nahverkehr, hat bereits eine Idee.
AVV: Kurzstreckenticket auch in den Regionalzügen?
Hübschle bringt eine Ausweitung der Kurzstreckenregelung um eine Haltestelle im Stadtgebiet sowie die Einbeziehung der Regionalbahn ins Spiel. Hintergrund: Momentan kann man mit dem Kurzstreckenticket (ein Streifen oder ein Einzelfahrschein für 1,90 Euro) von der Einstiegshaltestelle weg (sie wird nicht mitgezählt) vier Haltestellen weit fahren. Die Nutzung der Regionalbahn ist ausgenommen. Die Idee ist, die Kurzstrecke um eine Haltestelle auszudehnen und in Augsburg auch die Nutzung der Bahn (dort dann aber nur zwei Haltestellen) freizugeben. Dies entspricht der Systematik in München, wo U- und S-Bahn auch über zwei Stationen nutzbar sind. Von Hochzoll an den Hauptbahnhof käme man dann mit dem Kurzstreckenticket.
Die Cityzone (Geltungsbereich jeweils eine Haltestelle von Königsplatz/Moritzplatz aus) würde dafür wegfallen. Sie war 2020 vordergründig als Projekt zur Mobilitätswende eingeführt worden, hat aber angesichts der kurzen Distanzen eine überschaubare Bedeutung. Faktisch diente sie vor allem dazu, die Folgen der Abschaffung der Innenzone 10 im Zuge der Tarifreform 2018 für Gelegenheitsfahrgäste abzumildern. Auf diese Weise verlängerte sich die Kurzstrecke für Fahrgäste mit dem Fahrziel Kö un eine Haltestelle.
Ungewiss ist, ob es so kommen wird, genauso wie die Frage, ob die Verbünde überhaupt fusionieren. Denn Zahlen zu den Finanzen gibt es noch nicht. Der Freistaat hatte sich zuletzt angesichts der Haushaltslage zurückhaltend geäußert, was einen Finanzierungsanschub betrifft. Zahlen sollen am 11. Dezember präsentiert werden. Am Freitag trafen sich Vertreter von MVV, AVV, Stadt Augsburg und den Landkreisen (Augsburg, Aichach-Friedberg, Dillingen), um den Stand zu diskutieren. Hier ein Überblick:
-Warum überhaupt eine Fusion? Angestoßen hatte die Überlegungen AVV-Aufsichtschef und Landrat Martin Sailer (CSU) im Sommer. MVV-Geschäftsführer Bernd Rosenbusch sagte, ein Zusammenschluss biete Vorteile, weil man über Synergien Kosten sparen könne. Vor allem aber vereinfache ein einheitlicher Tarif die Nahverkehrsnutzung. „Wir wollen den Menschen den Einstieg erleichtern.“
-Ticketpreise: Nach den jetzigen Überlegungen würde das MVV-Tarifsystem genutzt. Bei den Einzelfahrscheinen liegt der MVV auf leicht höherem Niveau als der AVV. Vor allem bei den Abos könnte es in Teilen teurer werden, weil die Berechnung im MVV nach Zonen und nicht nach Geltungsbereichen (im AVV gibt es „Zonen-Pakete“ für Stadt, Stadt und Umland, nur Umland oder komplettes Gebiet) erfolgt. Zum größeren Problem würde das aber erst, wenn es das Deutschlandticket nicht mehr gibt. Ein Vorteil wäre, dass der MVV für Kinder günstiger ist. Es gäbe auch wieder ein breiteres Spektrum an Abos. Im Umland soll das Kurzstreckenticket die Fahrt innerhalb einer Ortschaft unabhängig von der Haltestellenzahl ermöglichen.
-Tarifzonen: Die Idee ist, das MVV-Ringzonensystem, das an der Grenze zu Aichach-Friedberg endet, auszudehnen. Die Stadt Augsburg wäre dabei eine eigene Zone, das Umland wäre in weitere Ringe (dann mit München als Zentrum) unterteilt. Um das praktisch handhabbar zu machen, soll es Übergangszonen zwischen den Ringen geben. Nach diesem Muster sind aktuell schon die Augsburger Umlandstädte eingestuft, die tariflich auf die Zonengrenze gelegt wurden. So ist es möglich, in die Stadt oder ins weitere Umland zu fahren, ohne eine Tarifgrenze zu überschreiten. Bisher gibt es nur einen Grobentwurf.
-Name: Der Name eines künftigen Großverbundes ist noch unklar. Aus der CSU-Fraktion im Augsburger Stadtrat heißt es aber, dass „M“ für München in der Region kaum vermittelbar sei.
-Regionale Mitsprache: Stadt- und Kreisräte hinterfragten, wie viel Einfluss man künftig haben werde, wenn vieles von München aus gesteuert wird. MVV-Chef Rosenbusch sagte, die Kommunen blieben weiterhin verantwortlich für den Nahverkehr in ihrem Bereich. Stadt und Landkreise werden sich bei übergreifenden Themen künftig aber mit den anderen MVV-Landkreisen abstimmen müssen. Rosenbusch sagte, man könne so aber auch gemeinsam mehr Gewicht zum Beispiel gegenüber dem Freistaat in die Waagschale werfen. In Augsburg würde der etwaige Großverbund weiterhin Büros betreiben.
-Politische Tendenz: Die Stadt- und Kreisräte beschlossen mit großer Mehrheit, die Planungen fortzuführen. Allerdings forderten viele Politiker noch genauere Informationen zu Vor- und Nachteilen für Kommunen und Fahrgäste. Ohne Zahlen zu den Finanzen sei das Thema nicht entscheidungsreif.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden