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Augsburger Plärrer: Selbstporträt mit Gewehr: Diese Attraktion gibt es nur noch auf dem Plärrer

Augsburger Plärrer

Selbstporträt mit Gewehr: Diese Attraktion gibt es nur noch auf dem Plärrer

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    Bei Franz Durner musste es stets rund gehen auf dem Plärrer. Dieses Bild entstand 1972 – und noch heute ist Durner Stammgast beim Volksfest.
    Bei Franz Durner musste es stets rund gehen auf dem Plärrer. Dieses Bild entstand 1972 – und noch heute ist Durner Stammgast beim Volksfest. Foto: Rosmarie Küchelbacher

    Es ist immer dieselbe Perspektive, und doch ist jedes Foto ein Unikat. Die Bilder zeigen Schützen mit konzentriertem Blick – und fast immer auch Umstehende, die das Geschehen mit wechselndem Gesichtsausdruck beobachten. Tausende solcher Selbstporträts mit Waffe liegen in den Augsburger Haushalten, es sind Dokumente aus vielen Jahrzehnten Plärrergeschichte. Entstanden sind sie alle beim Foto-Schießen auf dem Volksfest. Bis in die 1980er Jahre war das eine große Attraktion auf Festen in ganz Deutschland. Der Boom ist vorbei. Heute gibt es nur noch auf dem Augsburger Plärrer einen Foto-Schießstand.

    Schnappschüsse, passend zu der jeweiligen Zeit

    Der Augsburger Peter Simbeck, 72, hat mit seinem Stand jahrzehntelang viele große Volksfeste in der Republik besucht. Die Leute standen Schlange, um ein Foto von sich zu schießen – im wahrsten Sinne des Wortes. Entstanden sind so viele faszinierende Bilder, die auch immer etwas von der Zeit erzählen, aus der sie stammen. Schnappschüsse aus den 1960er Jahren zeigen Männer mit dicken Hornbrillen. Damals war auf dem Plärrer noch nicht die Tracht im Trend, man trug Sakko und Schlips. Spätere Fotos dann, aus den 1980er Jahren, zeigen Frauen mit Dauerwelle und Männer mit Schnauzbart und großer Sonnenbrille – als ob sie gerade auf einen Bösewicht anlegen würden. Szenen, die auch aus einem US-Film jener Jahre stammen könnten.

    Trifft man die Scheibe, macht die Kamera ein Foto

    Spannend ist auch die Perspektive. Sie wirkt, als hätte sich der Fotograf todesmutig vor den Gewehrlauf gestellt. Tödliche Schüsse kann man mit den Jahrmarkt-Luftgewehren aber ohnehin nicht abgehen. Und hinter der Kamera stand auch noch nie ein Mensch. Das Prinzip des Foto-Schießens ist seit seiner Erfindung im Grunde gleich geblieben. Trifft der Schütze in die Mitte der Scheibe, wird ein Kontakt ausgelöst und die

    Boom der Foto-Schießstände ist vorbei

    Früher glichen diese Fotos vom Schießstand einer Sensation. In den 1960er Jahren hatte sich Simbecks Vater Gustav eine neue Methode mit Röntgenpapier ausgedacht, mit der Schwarz-Weiß-Fotos binnen weniger Minuten fertig waren. „Für die Leute war das unglaublich, dass sie so schnell ein Foto von sich bekommen konnten“, erzählt Peter Simbeck. Viele Schausteller sprangen damals auf den Zug auf und gingen mit eigenen Foto-Schießständen auf Tour. Auf dem Plärrer in Augsburg standen zeitweise sogar mehrere Stände dieser Art. Doch diese großen Zeiten sind vorbei.

    Digitalisierung nimmt den Reiz des Foto-Schießens

    Heute, da jeder mit dem Handy schnell ein Foto machen und es binnen weniger Sekunden ins Internet stellen kann, hat das Foto-Schießen bei den Volksfest-Besuchern etwas an Reiz verloren. Viele Betriebe haben aufgehört. Peter Simbeck betreibt inzwischen noch den einzigen reinen Foto-Schießstand. Den Stand hat er 1977 gebaut und seither immer wieder modernisiert. Auch er arbeitet heute mit Digitaltechnik. Er öffnet seinen Stand inzwischen aber nur noch auf dem Herbstplärrer. „Es war an der Zeit, in Rente zu gehen“, sagt Peter Simbeck. Seine Tochter setzt die Familientradition fort. Sie ist mit einem eigenen Schießstand unterwegs – und bietet, neben anderen Spielen, auch noch Foto-Schießen an.

    Fotos zur Überführung von Verbrechern

    Zu Peter Simbeck kommen viele Stammkunden, die seit Jahrzehnten bei ihm schießen und zu Hause schon eine ganze Sammlung von Fotos haben. Regelmäßig sieht man auch Großeltern oder Eltern, die ihren Kindern das Foto-Schießen mal zeigen wollen. Die Fotos sind übrigens nicht nur nette Andenken. Einmal, erzählt Peter Simbeck, sei einem Kunden während des Schießens die Brieftasche gestohlen worden. Das Glück: Auf dem Foto des Schützen war zu sehen, wie der Dieb zugriff. Der Täter wurde gefasst.

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