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Augsburger Nachtleben: Ältestes Erotiklokal der Stadt: Sex ist tabu

Augsburger Nachtleben

Ältestes Erotiklokal der Stadt: Sex ist tabu

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    Warten auf die Männer: Die Frauen ziehen sich auf der Bühne aus, aber Sex ist nicht erlaubt. „Wir sind eine Bar und kein Bordell“, sagt der Chef.
    Warten auf die Männer: Die Frauen ziehen sich auf der Bühne aus, aber Sex ist nicht erlaubt. „Wir sind eine Bar und kein Bordell“, sagt der Chef. Foto: Wyszengrad

    Marc kann sich nicht entscheiden. Der junge Mann, Mitte 20 vielleicht, sitzt auf einem schwarzen Ledersofa. Er hat einen Freund dabei, doch der ist gerade eingenickt. Soll er einen privaten Tanz buchen? Zwei leicht bekleidete Tänzerinnen haben Marc in ihre Mitte genommen. Es dauert nicht lange, dann haben sie ihn überzeugt. Er zückt seine EC-Karte, 40 Euro wird ihn das Vergnügen kosten. Eine der Frauen, Andrea, geht mit ihm zu einem Sessel. Sie schließt die dunklen Vorhänge. Einige Minuten später ist alles schon wieder vorbei. Marc sieht etwas mitgenommen aus, er lächelt.

    Augsburgs älteste Striptease-Bar

    Es ist kurz nach 22 Uhr in der Apollo-Bar. In Augsburgs ältester Striptease-Bar mit 67-jähriger Geschichte hat der Abend gerade erst begonnen. Luciano Fiorella, 39, steht an der Bar und lässt den Blick schweifen über sein kleines Reich. Es gibt eine Bühne, Sitzgruppen, ein Separee. Es glitzert, glänzt und eine Discokugel wirft zuckendes Licht an die Wände. Luciano trägt ein schwarzes Polohemd und Jeans, die dunklen Haare hat er nach hinten gegelt. Er ist entspannt. „An den Wochentagen ist es ruhiger“, sagt er. „Heute wird es nicht sehr stressig.“ Deshalb sind heute auch nur drei Tänzerinnen da. Am Wochenende, da sind es deutlich mehr.

    Die Frauen ziehen sich aus, aber Sex ist tabu

    Marc hat sich wieder zu seinem schlafenden Kumpel gesetzt. Er weckt ihn und erzählt ihm etwas – mit grinsender Miene. Was ist hinter dem Vorhang passiert? „Die Mädels tanzen dort nur für den Gast“, sagt Luciano. Sie ziehen sich aus. Aber Sex ist tabu. „Wir sind eine Bar und kein Bordell.“ Sein Geschäft lebt von Männern, die nicht alles wollen. Viele Ehemänner kommen in die Apollo-Bar. „Sie wollen Spaß haben“, sagt Luciano, „aber ihre Frau nicht betrügen.“

    Luciano, der Boss, kommt eigentlich gar nicht aus dem Rotlichtmilieu. Er schenkt sich eine Cola ein und erzählt. Seine Ausbildung hat er in einem Restaurant gemacht. Später hat er es selbst mit einem italienischen Lokal versucht. Doch es war schwer, damit Erfolg zu haben. „Die Gastronomie ist ein Knochenjob, da muss man hart arbeiten und es lohnt sich nicht immer.“ Dann kam vor 14 Jahren die Gelegenheit, ins Nachtleben einzusteigen. Der langjährige Chef der Apollo-Bar hörte damals auf, er setzte sich zur Ruhe. Luciano Fiorella stieg ein. War er mit Mitte 20 nicht zu jung für das Nachtleben? „Anfangs war es nicht ganz einfach“, sagt er, „da musste ich mir schon Respekt verschaffen.“ Heute sitzt er fest im Sattel. Einen anderen Job kann er sich nicht mehr vorstellen. „Ich will hier in Rente gehen.“

    Luciano schmeißt die Bar nicht alleine. Seine Schwester Maria, 42, steht seit Jahren hinter der Theke. „Man muss freundlich sein, aber auch bestimmt, damit die Gäste nicht über die Stränge schlagen“, sagt sie. Maria kann das. Sie strahlt Autorität aus. Auch, als sie Marc und seinem Freund klar macht, dass es an der Zeit ist, zu gehen. Die Männer gehen raus, Arm in Arm. Maria macht sich einen Kaffee und plaudert mit den Tänzerinnen.

    Die meisten Tänzerinnen kommen aus Osteuropa

    Andrea, Michelle und Alexa kommen aus Rumänien. Sie sind hier, um Geld zu verdienen. Andrea erzählt, sie studiere in der Heimat Marketing. „Hier kann ich einfach mehr verdienen als Zuhause.“ Die meisten Tänzerinnen sind aus Osteuropa. Deutsche Frauen arbeiten zwar auch in der Apollo-Bar, etwa eine Jura-Studentin aus Augsburg, doch sie sind in der Minderheit.

    Auf der Tanzfläche spielte Andrea, die Jüngste, gerade die verruchte Verführerin. Jetzt hat sie ein Tuch über die Schultern gelegt und wirkt fast schüchtern. In Plauderlaune ist sie nicht. Wie die Augsburger so sind? „Sie sind zurückhaltend“, sagt Andrea lächelnd. „Es dauert, bis sie auftauen.“ Die meisten Gäste bei Luciano sind Stammgäste, die schon lange kommen. Fremde Gesichter sieht er vor allem, wenn Geschäftsleute zur Fachmesse „Interlift“ nach Augsburg reisen. Wenn ein Stammgast plötzlich wegbleibt, hat er meistens geheiratet. Doch viele kommen wieder, nach ein paar Jahren. Und es sind nicht nur Männer. Auch Frauen besuchen inzwischen häufiger die Bar.

    Es ist 23 Uhr. Für Luciano, Maria und die Tänzerinnen ist die Nacht noch lange nicht zu Ende. Erst um 4 Uhr ist Feierabend. Am Morgen wird Luciano den Schlaf nachholen. Nachmittags hat er Zeit für seine drei Kinder – er sieht sie häufiger, als ein normaler Angestellter. Vielleicht wird er mit ihnen ins Freibad gehen. Sollte er dort einen Gast treffen, dann wird er ihn nicht grüßen. Nicht alle wollen, dass ihre Ausflüge ins Nachtleben bekannt werden. Diskretion gehört zum Geschäft.

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