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Augsburger Mädchenunterkunft: Wenn das Elternhaus kein Zuhause mehr sein kann

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Mädchenunterkunft Mosaik: Wenn das Elternhaus kein Zuhause mehr sein kann

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    Oftmals spielt sich Gewalt gegen Mädchen und Frauen im häuslichen Umfeld ab. Nicht immer sind die Spuren für jedermann sichtbar, da oftmals auch psychischer Druck ausgeübt wird.
    Oftmals spielt sich Gewalt gegen Mädchen und Frauen im häuslichen Umfeld ab. Nicht immer sind die Spuren für jedermann sichtbar, da oftmals auch psychischer Druck ausgeübt wird. Foto: dpa

    Hazme Oktay ist zwischen zwei Kulturen aufgewachsen, erzählt sie. Auf der einen Seite ihr aramäisches Elternhaus, auf der anderen Seite ihr Alltagsleben in Augsburg. Es habe immer wieder Themen gegeben, bei denen sie mit ihren Eltern aneinandergeraten sei. Sie sahen für sie eine Zukunft als Hausfrau. Das wollte Hazme Oktay nicht - und zog mit 14 Jahren in die Einrichtung Mosaik, wo Problemlagen der unterschiedlichsten Art Mädchen und junge Frauen zusammenführen. Später führte ihr Weg die heute 38-Jährige nochmals als in die Einrichtung, die in diesem Jahr ihr 40-jähriges Bestehen feiert. Das zweite Mal kam sie aber als Erzieherin dorthin.

    In dem Haus im Domviertel befinden sich zwei Wohngruppen, die nicht das Flair einer Einrichtung versprühen, sondern einer großen WG. Jede Bewohnerin hat ihr eigenes Zimmer, in das sie sich zurückziehen kann. Daneben gibt es gemütliche Räume, in denen man gemeinsam isst oder sich in der Gemeinschaft aufhält. Es gibt einen Partykeller, einen Werkraum und einen Garten, der gemeinschaftlich genutzt wird. Fotos von den Mädchen und jungen Frauen hängen am Treppenaufgang. Für sie ist Mosaik ein Zuhause auf Zeit geworden. Mitten in einer der beiden Wohngruppen hat Karin Lang ihr Büro, die Leiterin und therapeutischer Fachdienst der heilpädagogisch-therapeutischen Einrichtung der stationären Jugendhilfe für Mädchen und junge Frauen zwischen zwölf und 18 Jahren. „In unseren Wohngruppen gibt es gemeinsame Essenszeiten, Freizeitangebote und pädagogische Einzel- und Gruppengespräche.“ Für die Mädchen und jungen Frauen gebe es auch viele Aufgaben. Die Wäsche müsse selber gewaschen werden, einmal wöchentlich muss jede Bewohnerin beim Kochen helfen. „Das beinhaltet die Planung, den Einkauf und natürlich auch die Umsetzung“, berichtet Lang.

    In der Unterkunft „Mosaik“ leben Mädchen und junge Frauen zwischen zwölf und 18 Jahren. Hazme Oktay (rechts) – auf dem Bild zusammen mit Leiterin Karin Lang – wohnte früher selbst hier und arbeitete später auch hier als Erzieherin.
    In der Unterkunft „Mosaik“ leben Mädchen und junge Frauen zwischen zwölf und 18 Jahren. Hazme Oktay (rechts) – auf dem Bild zusammen mit Leiterin Karin Lang – wohnte früher selbst hier und arbeitete später auch hier als Erzieherin. Foto: Miriam Zißler

    Im Schnitt bleiben die Mädchen in der Einrichtung Mosaik 1,5 bis 1,7 Jahre

    Die Gründe, warum Mädchen und jungen Frauen in das Haus im Domviertel ziehen, eine Einrichtung des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF), sind sehr unterschiedlich. Sie reichen von Zerwürfnissen im Elternhaus bis zu Gewalterfahrungen. Im Schnitt leben sie 1,5 bis 1,7 Jahre in der Einrichtung. „Es gibt aber auch Bewohnerinnen, die länger hier bleiben“, berichtet Karin Lang. Bei einem Teil der Mädchen gebe es das Ziel, dass sie wieder in ihr Elternhaus zurückkehren, bei anderen sei das ausgeschlossen. Dann stehe die Vorbereitung der Jugendlichen auf ein eigenständiges, selbstverantwortliches Leben in der eigenen Wohnung im Vordergrund. In der Nähe der Wohngruppen von Mosaik im Äußeren Pfaffengäßchen befinden sich drei Einzelapartments im Schwedenweg. „Dort können unsere Bewohnerinnen selbstständig werden, haben aber noch ihre vertrauten Ansprechpartnerinnen in ihrer Nähe.“ Die wenigsten verlassen aber das Mosaik, um direkt in einer eigenen Wohnung zu leben. „Viele gehen von uns aus in eine verselbständigende Anschlussmaßnahme“, so Lang.

    Die Mädchen und jungen Frauen kämen größtenteils aus der Stadt und Landkreis Augsburg, ein Teil aber auch aus dem Allgäu, München oder Franken. „Wir sind sehr spezialisiert. Das ist schon etwas Besonderes“, sagt Karin Lang. In jeder Wohngruppe lebten sechs Bewohnerinnen. Um sie kümmern sich pädagogische und therapeutische Fachkräfte und Erzieherinnen. Neben dem internen und externen Therapieangebot gebe es in der Einrichtung auch Ansprechpartnerinnen für Schule und Beruf. Hazme Oktay machte, während sie in der Einrichtung Mosaik lebte, ihren Schulabschluss und begann eine Ausbildung zur Erzieherin. Sie arbeitete als Erzieherin in Kindergärten, Horten und Krippen und auch - Jahre später - in ihrer früheren Einrichtung Mosaik. „Ich hatte noch mit meinen ehemaligen Erzieherinnen Kontakt und sie hatten mir erzählt, dass es dort Bedarf gibt.“

    Als Erzieherin hat Hazme Oktay die „ungefilterte Nähe“ zu den Bewohnerinnen geschätzt

    Sie fasst es als Kompliment an die Einrichtung auf, dass sie diesen beruflichen Weg eingeschlagen habe. Ihr Wissen, wie es sich als Bewohnerin anfühlt, dort zu leben, habe sie in ihre Arbeit einfließen lassen können. „Es ist schon eine besondere Wohnsituation. Aber ich habe mich selbst selten als Heimkind gefühlt“, erinnert sie sich. Dort habe sie gelernt, ihr Leben zu planen. „Freiraum für Spontanität gab es wenig. Wenn ich am Samstag mal einen Tag nach München fahren wollte, musste ich das beantragen und darüber wurde in der wöchentlichen Teambesprechung entschieden.“ Noch heute hat sie Kontakt zu ehemaligen Mitbewohnerinnen. Auch als Erzieherin habe sie das besondere Miteinander geschätzt. „Diese Nähe ist voll schön. Man sieht sich spätabends oder gleich nach dem Aufstehen. Da ist ein ungefilterter Kontakt möglich.“ Sie sei ein Typ, der nie auf der Stelle treten will. Deshalb habe sie 2020 dort ihre Arbeit beendet und bietet seither kreative Workshops im Bereich Upcycling an. Derzeit kümmert sie sich um ihre kleine Tochter.

    Kürzlich wurde das 40-jährige Bestehen von Mosaik mit einer Veranstaltung gefeiert, bei der Karin Lang und Hazme Oktay auf der Bühne über die Einrichtung sprachen. In all den Jahrzehnten habe die Anlaufstelle nicht an Bedeutung eingebüßt, im Gegenteil. „Der Bedarf nimmt zu. Man kann feststellen, dass die gesamtgesellschaftlichen Belastungen größer sind, als noch vor ein paar Jahren“, stellt Karin Lang fest.

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