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Augsburger Hotelturm: Der Himmelsstürmer

Augsburger Hotelturm

Der Himmelsstürmer

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    Der Himmelsstürmer
    Der Himmelsstürmer

    Kaum einer hat die Silhouette des modernen Augsburg so geprägt wie er: Der Unternehmer Otto Schnitzenbaumer hat mit dem Hotelturm an der Kongresshalle eines der markantesten Gebäude der Stadt errichtet. Nun ist er im Alter von 90 Jahren im Kreis seiner Familie gestorben.

    Groß war die Aufregung Anfang der 70er Jahre in Augsburg, als Schnitzenbaumer seine Vision vorstellte: Mit Europas höchstem Hotelbau wollte er ein „Wahrzeichen für das neuzeitliche Augsburg“ schaffen. Die Zwillingstürme von Marina-City in Chicago, 1967 von Bertrand Goldberg erbaut, hatten den einstigen Landmaschinenhändler beeindruckt. Trotz Widerständen von Bürgern und Denkmalpflegern, die das Bild der Stadt und den angrenzenden Wittelsbacher Park gefährdet sahen, begann Schnitzenbaumer 1971 mit dem Bau des 40-Millionen-Mark-Projektes.

    Es war für ihn eine Herzensangelegenheit, noch dazu in seiner Heimatstadt: Schnitzenbaumer wurde am 1. Mai 1922 in Augsburg geboren. Nach seiner Rückkehr aus dem Zweiten Weltkrieg baute er das Geschäft seines Vaters zum bedeutendsten Landmaschinenhersteller Süddeutschlands aus. Als der Strukturwandel der Landwirtschaft in Bayern einsetzte, schuf er sich Anfang der 60er Jahre ein zweites Standbein als Immobilienunternehmer: 1968 baute er mit dem Apartmentcenter in der Jakobervorstadt Augsburgs erste moderne Wohnanlage mit Hallenschwimmbad, Fitnessraum und Ballettstudio.

    Der „Maiskolben“, wie die Augsburger den Hotelturm liebevoll nennen, eröffnete nach nur 14 Monaten Bauzeit im Juli 1972 pünktlich zu den Olympischen Spielen. 1973 war er sogar Ort eines spektakulären Verbrechens: Evelyn Jahn, Erbin des Wiener-Wald-Imperiums, wurde in einem Apartment 30 Stunden gefangen gehalten.

    1974 verkaufte Schnitzenbaumer das damals höchste Fertigteilgebäude Deutschlands überraschend an den Textilunternehmer Hans Glöggler. Der Kaufvertrag wurde aber wegen der nicht bezahlten Kaufsumme widerrufen und das Gebäude ging an Schnitzenbaumer zurück. Da aber auch er finanzielle Probleme hatte, wurde der Turm 1980 zwangsversteigert. Trotz wechselnder Besitzer und strittiger Nutzungen in den Folgejahren steht er bis heute fest auf seinem Sockel am Rand des Wittelsbacher Parks und ist aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken.

    Otto Schnitzenbaumer war ein Visionär, der auch andere prägende Gebäude in Augsburg bauen ließ: etwa den Kaiserhof 2000 am Königsplatz, in dem heute die Stadtsparkasse ihren Sitz hat, oder das Messe-Büro-Center an der Universität, vielen Augsburgern bekannt als Glöggler-Hochhaus. In den 70er Jahren richtete er die legendäre Diskothek Moby Dick, in der sich heute die Diskothek Circus befindet, und das Restaurant Chesa in den Räumen des ehemaligen Hotels Weißes Lamm ein.

    Auch das Einkaufszentrum Schwabylon baute er

    In München konzipierte Schnitzenbaumer 1973 mit dem Schwabylon ein gigantisches Einkaufs- und Freizeitzentrum, das sich durch seine ungewöhnliche Architektur auszeichnete: Es war fast fensterlos und erinnerte von außen an eine Stufenpyramide, auf die eine stilisierte aufgehende Sonne in knalligen Farben – Rot, Orange, Gelb – aufgemalt war. Das Schwabylon erwies sich jedoch als Fehlinvestition, 1979 wurden Teile des Gebäudes abgerissen. Mit dieser Idee war Schnitzenbaumer seiner Zeit 30 Jahre voraus: Heute steht ein nahezu identisches Bauwerk in Dubai.

    Auch andere Immobilienprojekte auf der ganzen Welt sind untrennbar mit dem Namen Otto Schnitzenbaumer verbunden, der als Lizenznehmer der Holiday-Inn-Kette viele Hotels baute. Unter anderem auf den Seychellen, wo er Ruhe und Entspannung fand und am Strand von Mahé ein Haus besaß. „Das dort ist das letzte Paradies auf dieser Erde“, sagte er einmal im Interview mit unserer Zeitung.

    Am 29. Dezember ist Otto Schnitzenbaumer im Beisein seiner drei Söhne in seinem Haus im Herrschinger Ortsteil Wartaweil am Ammersee friedlich eingeschlafen. Gestern wurde er auf dem Hermanfriedhof beigesetzt. Auf seinen Wunsch fand die Beerdigung im engsten Familien- und Freundeskreis statt. In seinen letzten Tagen kam Schnitzenbaumer seinem Prestigeobjekt, dem Hotelturm, wieder etwas näher: Die HC Grundstücks GmbH, deren Gründungsgesellschafter er war, erwarb im Dezember den 35. Stock des Turmes.

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