![](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674144167-1/ver1-0/img/modal-user-780w.jpg)
Lastenräder gab es in Augsburg bereits vor mehr als 100 Jahren
![Lastenfahrrad anno 1899: Kellnerin mit Maßkrug-Transporter. Lastenfahrrad anno 1899: Kellnerin mit Maßkrug-Transporter.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674144167-1/ver1-0/img/placeholder/1x1.png)
Lastenräder ermöglichten früher Handwerkern den Transport ihrer Waren, heute werden oft Kinder befördert. Um 1900 war ein Fahrrad-Führerschein in Augsburg Pflicht.
Das Transportfahrrad gehört zum gewohnten Straßenbild. An Kitas fahren alle für die Beförderung von Kindern geeigneten Typen vor, Warentransporte finden mit Zweirad- oder Dreirad-Pedelecs statt. Transport-Fahrräder können auch gemietet werden. Das Cargo Bike ist zu einem populären Beförderungsfahrzeug geworden.
Seit etlichen Jahren widmen in Deutschland technische Hochschulen Forschungsprojekte dem Lastenrad und berichten darüber im Internet. Mit Schlagzeilen wie „Sechs Reifen für die Umwelt“ für Dreiräder oder „Kühlschrank to go“ für Fahrrad-Transporter mit eingebauter Kühlbox machen sie darauf aufmerksam. Die Hochschule Mittelhessen entwickelte, baute und testete zweirädrige E-Lastenbikes. „Schneller, günstiger, umweltfreundlicher und gesünder“ lautete ein Slogan für dieses Studienprojekt. Professoren und Studierende bewältigten als Tester sogar Wohnungsumzüge mit den zweirädrigen Lastenbikes.
Viele Post-Pedelecs sind in Augsburg unterwegs
Bei der Deutschen Post sind Tausende elektrisch motorisierte Lastenräder im Gebrauch. Die Post initiierte umfangreiche Tests mit Fahrrad-Transportern für ihre Zustellerinnen und Zusteller, um optimale Gefährte zu ermitteln. Die mit Hochleistungs-E-Motoren ausgerüsteten, oftmals hoch bepackten Post-Pedelecs zählen zum gewohnten Straßenbild in Augsburg.
![Anno 1898: Dreirad mit Transportbehälter. Anno 1898: Dreirad mit Transportbehälter.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674144167-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Augsburg bemüht sich, dem Ziel einer Fahrradstadt näher zu kommen. Dazu zählen nicht nur Fahrradwege und Fahrrad-Stellplätze. 2019 gab es in Augsburg ein Förderprogramm für Lastenräder. „Wocheneinkauf erledigen? Ware ausliefern? Kind zur Kita bringen? Das geht in der Stadt auch gut mit dem Lastenrad – ohne Stau, ohne Lärm und ohne Abgase!“ So wurde 2019 geworben. Der Kauf von 120 Lastenrädern konnte gefördert werden. 2024 läuft ein Pilotprojekt des Augsburger Mobilitätsplans, das Unternehmen den gewerblichen Einsatz von Lastenrädern schmackhaft machen soll.
Lastenfahrräder gibt es seit rund 130 Jahren. Sie waren in den 1890er-Jahren die Weiterentwicklung dreirädriger Fahrräder. Diese waren sturzsicher und wurden als Damen-Fahrräder propagiert. Sie ermöglichten Frauen mit langen Röcken schickliches Radeln. Der Schritt zum Transport-Fahrrad war nicht weit.
![Veloziped-Fahrkarte Nr. 2465 aus dem Jahr 1897 für Brauereidirektor Friedrich Bergdold. Veloziped-Fahrkarte Nr. 2465 aus dem Jahr 1897 für Brauereidirektor Friedrich Bergdold.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674144167-1/ver1-0/img/placeholder/1x1.png)
Der Bäckerlehrling mit Brezen in der geflochtenen Rückentrage wurde zum Inbegriff des Frischware-Lieferanten per Fahrrad. Fahrradfabriken bauten Dreiräder als Bäckerräder mit Front- und Heckbehältern für Körbe. Auch andere Handwerker orderten solche Transport-Fahrräder. Man war noch nicht motorisiert, und das Fahrrad war das ideale individuelle Fortbewegungs- und Transportfahrzeug. Zum populärsten Dreiradfahrer entwickelte sich der Eismann. Mit den in einer bemalten Kiste versenkten Eisbehältern gehörte er in Augsburg zu sommerlichen Freiluft-Großveranstaltungen.
Ohne Führerschein gab es keine Erlaubnis zum Radfahren
1908 werden amtliche Vorschriften für das Fahrrad als Gewerbefahrzeug erlassen: „Auf Fahrräder, welche im öffentlichen Transportgewerbe verwendet werden, sowie auf die Fahrer dieser Räder finden die allgemeinen Bestimmungen über den Betrieb der dem öffentlichen Transportgewerbe dienenden Beförderungsmittel Anwendung.“ Ein Fahrrad-Führerschein war für jede Radlerin und jeden Radler Pflicht. 1897 hieß er Veloziped-Karte, später Radfahr-Karte oder Fahrkarte. Klara Straub, Tochter des Besitzers der Schwallmühle, bekam im Alter von 21 Jahren ein Fahrrad und am 30. Mai 1900 eine Fahrkarte. Mit der amtlichen Fahrerlaubnis erhielt sie die „Vorschriften über den Radfahrverkehr“ und zwei kleine Schilder mit der Nr. 5769 ausgehändigt. Sie waren am Fahrrad anzubringen.
![Fahrrad-Fahrkarte Nr. 5769 für die Mühlbesitzerstochter Klara Straub. Fahrrad-Fahrkarte Nr. 5769 für die Mühlbesitzerstochter Klara Straub.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674144167-1/ver1-0/img/placeholder/1x1.png)
Eine 1899 gedruckte Bildpostkarte zeigt eine sportliche Kellnerin als Eilzustellerin mit einem Fahrrad-Maßkrugtransporter. Die Darstellung deutet auf die Popularität des Lastenfahrrads vor 125 Jahren hin. Dessen Image ging mit zunehmender Motorisierung verloren. Es galt als Arme-Leute-Vehikel. Als in den 1980er-Jahren Ökobewusste das Lastenrad wiederentdeckten, mussten sie Transporter mit Muskelantrieb oftmals selbst bauen. Als die Nachfrage stieg, spezialisierten sich Hersteller auf Transportfahrräder. Der Boom für Pedelecs oder E-Bikes und gestiegenes Umweltbewusstsein bescherten die heutige Vielfalt an Lastenbikes und Cargo-E-Bikes für alle Verwendungszwecke.
Weitere stadthistorische Exkursionen von Franz Häußler finden Sie hier.
Sie haben nicht die Berechtigung zu kommentieren. Bitte beachten Sie, dass Sie als Einzelperson angemeldet sein müssen, um kommentieren zu können. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an moderator@augsburger-allgemeine.de.
Um kommentieren zu können, gehen Sie bitte auf "Mein Konto" und ergänzen Sie in Ihren persönlichen Daten Vor- und Nachname.
Bitte melden Sie sich an, um mit zu diskutieren.