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Augsburger Geschichte: Krumme Ziffern und schlechte Omen - das steckt hinter unseren Hausnummern

Augsburger Geschichte

Krumme Ziffern und schlechte Omen - das steckt hinter unseren Hausnummern

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    Eine besondere Hausnummer: die Bahnhofstraße 18 1/2a. Computer haben damit allerdings ihre Mühe.
    Eine besondere Hausnummer: die Bahnhofstraße 18 1/2a. Computer haben damit allerdings ihre Mühe. Foto: Ruth Plössel/Stadt Augsburg

    Hausnummern scheinen keine Geschichte zu haben, so selbstverständlich und alltäglich sind sie für uns geworden. Aber gerade Augsburg kann diesbezüglich eine außergewöhnliche Historie vorweisen. Die ursprünglich interne Bezifferung der 52 ersten Häuser der Fuggerei gilt als weltweit älteste noch gültige Hausnummerierung.

    In der berühmten Sozialsiedlung sind außerdem einige der gotischen Hausnummern aus dem Jahr 1519 bis heute erhalten geblieben. Der Durchbruch bei der Hausnummerierung erfolgte dann 1750, als alle Häuser von Madrid eine fortlaufende Nummer erhielten. Bei der gleichen Aktion 1794 in Köln entstand die Adresse „4711“, aus der bald eine berühmte Parfümmarke wurde. Die stadtweiten Nummerierungen geschahen jedoch nicht, um den Menschen die Orientierung zu erleichtern.

    Die Hausnummern dienten dem staatlichen Zugriff auf die Bewohner

    Vielmehr sollte der staatliche Zugriff auf die Bewohner verbessert werden, insbesondere für Steuereintreiber, Polizei und Rekrutierungsdienste. Beim bisherigen Ordnungssystem mit meist nicht sichtbaren Hausnamen, oft ähnlich oder sogar gleichlautend, war man auf die Auskunftsfreudigkeit der Untertanen angewiesen. „Die Hausnummern müssen Bettler bekämpfen, sowie liederliche und gefährliche Leute ausfindig machen“, versuchte man die neue Kontrolltechnik zu rechtfertigen. Trotzdem wurden die Nummern immer wieder beschmiert, zerkratzt oder entfernt. In der Freien Reichsstadt Augsburg erfolgte im Jahr 1781 die erste stadtweite Adressierungsaktion.

    Die Ratsherren hatten sich auf Vorschlag des Ingenieurs Lukas Voch für eine Durchnummerierung in Stadtvierteln entschieden. So wurde Augsburg innerhalb der Stadtmauern in acht Litera-Bezirke A bis H eingeteilt. Der Außenbereich bildete zusätzlich den Litera-Bezirk J. Für jedes einzelne Anwesen kam eine Nummer hinzu und definierte so die amtliche Adresse. Es gab nur eine Ausnahme: In der Fuggerei machte man die seit 1519 internen Hausnummern 1 bis 52 zu amtlichen Adressen „Fuggerei 1 bis 52“. Die prominenteste Anschrift „A1“ erhielt damals ein Brauereigasthof, das heutige Restaurant im Capitol. Hier am zentralen Merkurbrunnen in der Maximilianstraße trafen die vier Litera-Bezirke A bis D aufeinander. Ein aufmerksamer Beobachter kann heute noch etliche alte Hausnummern entdecken, etwa an der Schlossermauer.

    In der Fuggerei sind noch gotische Hausnummern aus dem Jahr 1519 erhalten. In diesem Fall handelt es sich um die Nummer vier. Sie sind bis heute gültig.
    In der Fuggerei sind noch gotische Hausnummern aus dem Jahr 1519 erhalten. In diesem Fall handelt es sich um die Nummer vier. Sie sind bis heute gültig. Foto: wys

    Die Litera-Adressierung stieß an ihre Grenzen, als die Stadt Augsburg immer mehr über die Stadtbefestigung hinauswuchs. Im Jahr 1879 führte man im Außenbereich und 1938 in der Innenstadt das bis heute gültige Prinzip der Hausnummerierung entlang der Straßen ein. Gerade Hausnummern werden vom Stadtzentrum aus gesehen an der rechten Straßenseite, ungerade Hausnummern an der linken Straßenseite festgelegt. Wieder wurde der Fuggerei eine Sonderstellung zugestanden: Die bisherigen Adressen „Fuggerei 1 bis 52“ blieben in der mit Mauern abgeschlossenen Sozialsiedlung trotz amtlicher Gassennamen bestehen. Heutzutage vergibt das Geodatenamt als städtische Vermessungsbehörde jährlich einige Hundert neue Hausnummern.

    Das Geodatenamt der Stadt Augsburg versucht, Wünsche zu erfüllen

    Derzeit findet man rund 43.100 Adressen in Augsburg. Eine Satzung regelt die Straßenbenennung und die Hausnummerierung. Ist eine Straße bereits durchgehend nummeriert, erhalten Neubauten in Baulücken eine Hausnummer mit Bruchzahl. Bei rückwärtigen Gebäuden wird die Zahl durch einen Buchstaben ergänzt. Eine bundesweite Rarität dürfte die Kombination von Bruchzahl und Buchstabe sein, wie „Bahnhofstraße 18 1/2 a“. So eine Anschrift versuchen die städtischen Vermesser mittlerweile zu vermeiden, denn sie bereitet manchem Computerprogramm ein Problem.

    Gelegentlich sind Bauherren oder Bewohner mit der zugeteilten Nummer nicht zufrieden. Das Geodatenamt bemüht sich, die Wünsche zu berücksichtigen, soweit es die städtische Satzung zulässt. So konnte einem Bauherrn mit chinesischen Wurzeln mit einer anderen Hausnummer geholfen werden. Die ursprünglich für sein Eigenheim vorgesehene Nummer 4 hätte nach fernöstlicher Tradition das Allerschlimmste für ihn und seine Familie bedeutet. Aber bei Feng-Shui-Anhängern mit ihrer eigenen Zahlenmystik wissen die städtischen Vermesser inzwischen, dass man „schlechten“ Hausnummern mit Farben oder Verzierungen entgegenwirken kann.

    Lesen Sie mehr Augsburger Stadtgeschichte auch auf unserer Facebook-Seite Augsburger Geschichte.

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