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Augsburger Geschichte: In der Firnhaberau gibt es Schwaben-Wein aus Rumänien

Augsburger Geschichte

In der Firnhaberau gibt es Schwaben-Wein aus Rumänien

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    Rebstöcke am Fugger-Schloss Wellenburg bei Augsburg im Jahr 1536.
    Rebstöcke am Fugger-Schloss Wellenburg bei Augsburg im Jahr 1536. Foto: Franz Häußler

    Wein-Liebhaber genießen gerne auch einen unbekannten Wein. Ein solcher ist der „Schwaben-Wein“. Die einzige Weinbaugemeinde im Regierungsbezirk Schwaben ist Nonnenhorn am Bodensee. 13 Winzer bewirtschaften dort rund 400 Hektar Rebflächen. Die Weine aus dem schwäbischen Nonnenhorn sind geschätzt. Doch Internet-Suchmaschinen nennen bei der Eingabe von „Schwaben-Wein“ überraschenderweise nicht Weine aus Nonnenhorn, sondern aus Rumänien.

    Die rumänischen Anbaugebiete von „Schwaben-Wein“ liegen in Transsilvanien in den Regionen Banat und Siebenbürgen. Die Flaschen-Etiketten tragen in großer Schrift die Bezeichnung. Manche zeigen dazu eine kleine Zeichnung. Sie ist mit „Schwaben-Haus“ beschriftet. Der Wein-Name und das Bild erklären sich aus der Geschichte des Weinbaus im Banat und in Siebenbürgen. Im 18. Jahrhundert siedelten sich hier unter Kaiserin Maria Theresia rund 350.000 Auswanderer aus süddeutschen Ländern an. Sie wurden Schwaben genannt. Unter ihnen erreichte der Weinbau einen hohen Qualitätsstandard.

    Trauben an einem Rebstock aus Siebenbürgen in der Firnhaberau.
    Trauben an einem Rebstock aus Siebenbürgen in der Firnhaberau. Foto: Franz Häußler

    Nach dem Zweiten Weltkrieg produzierten auf den unter kommunistischer Herrschaft enteigneten Anbauflächen Staatsweingüter Weine als Devisenbringer für den Export. In Deutschland standen sie als Süß- und Billigweine in geringem Ansehen. 2007 wurde Rumänien Mitglied der Europäischen Union, die wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse änderten sich. Das führte zu einer Rückkehrwelle Deutschstämmiger nach Rumänien.

    Winzer kehrten nach Rumänien zurück

    Auch Winzer kehrten zurück. Sie bewirtschafteten im Banat und in Siebenbürgen wieder Rebflächen ihrer Vorfahren und führten internationale Wein-Qualitätsstandards ein. Weine aus den traditionsreichen Weinbauregionen erlangten Ansehen. Man kreierte die Bezeichnung „Schwaben-Wein“. Der Grund: Bei Übersiedlern in die Bundesrepublik ist Wein aus der einstigen Heimat Rumänien nicht in Vergessenheit geraten. Rund die Hälfte der Weine geht in den Export nach Deutschland.  

    Manche Neubürger besorgten sich Rebstöcke aus dem Banat oder aus Siebenbürgen. In der Siedlung Firnhaberau in Augsburg tragen Rebstöcke aus Siebenbürgen rote und weiße Trauben. Daraus wird alljährlich echter Schwaben-Wein zum Eigenverbrauch gekeltert, ohne dass dies auf einem Flaschen-Etikett steht und ohne dass Schwaben ein anerkanntes Weinbaugebiet ist.

    Weintransport im Banat. Keramik einer rumänischen Porzellan-Manufaktur.
    Weintransport im Banat. Keramik einer rumänischen Porzellan-Manufaktur. Foto: Franz Häußler

    Das schwäbische Bodensee-Weindorf Nonnenhorn im Landkreis Lindau wird im Deutschen Weingesetz der Weinbauregion Baden zugeordnet. In Nonnenhorn hat der Weinbau eine ununterbrochene Tradition. Andernorts in Schwaben wurde der Weinbau wiederbelebt. Vor 500 Jahren gab es in Schwaben zahlreiche Weingärten. Hier ging der Weinbau bald nach 1560 in einer sogenannten kleinen Eiszeit zu Ende. Die Durchschnittstemperaturen sanken und die Trauben reiften nicht mehr. Jetzt befinden wir uns in einer Warmzeit. Der Temperaturanstieg führte zur Wiederbelebung des Weinbaus in Schwaben und Altbayern.

    Klöster nutzten Hänge als Weinberge

    Unterhalb des Schlosses Leitheim besaß das Zisterzienser-Kloster Kaisheim einen Weinberg. Um 1770 beendete hier ein Abt den Weinbau. Im Jahr 2016 ließ die Messerschmitt-Stiftung (seit 2008 Schloss-Besitzerin) den fast 5000 Quadratmeter großen Rebhang über der Donau neu bepflanzen. Der Winzer Armin Düll aus dem fränkischen Mailheim erntet und keltert die Trauben zu Schwaben-Wein. Bei Neuburg gibt es seit 1991 wieder Weingärten über der Donau. Der Weinhausbesitzer und Winzer Josef Tremml legte sie an und vermarktet die Weine. Weiter donauabwärts werden bei Regensburg und bei Passau Trauben aus ausgedehnten Neuanpflanzungen gekeltert. Wie in Leitheim nutzten einst Klöster die zur Donau abfallenden Hänge als Weinberge.

    Flaschen-Etikett „Schwaben Wein“ aus Rumänien mit gezeichnetem Schwaben-Haus.
    Flaschen-Etikett „Schwaben Wein“ aus Rumänien mit gezeichnetem Schwaben-Haus. Foto: Franz Häußler

    Die Fugger hatten die Eigenproduktion von Schwaben-Wein finanziell zwar nicht nötig, doch sie folgten dem Beispiel der Klöster. In Sichtweite von Augsburg ließen sie vor rund 500 Jahren den Schlossberg von Wellenburg mit Rebstöcken bepflanzen. Auch am Hang unterhalb des Fugger-Schlosses Markt über dem Schmuttertal wuchsen einst Rebstöcke. Das belegen Bilder und Beschreibungen.

    Die höheren Temperaturen lassen inzwischen sogar Trauben in Bad Hindelang im Allgäu in 860 Meter Höhe reifen. Dort hegt und pflegt der Hotelier Armin Gross Rebstöcke auf einem 500 Quadratmeter großen Südhang. Schwaben-Wein aus Bad Hindelang ist beileibe kein Säuerling, sondern ein exklusiver Genuss.

    Weitere stadthistorische Exkursionen von Franz Häußler finden Sie hier.

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