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Augsburger Geschichte: Lech spielt eine wichtige Rolle bei der Stromversorgung

Augsburger Geschichte

Lech spielt eine wichtige Rolle bei der Stromversorgung

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    1918 versandte Postkarte von den Lechwerken Gersthofen und den benachbarten Farbwerken.
    1918 versandte Postkarte von den Lechwerken Gersthofen und den benachbarten Farbwerken. Foto: Sammlung Häußler

    Am 27. Januar findet in Gersthofen eine Informationsveranstaltung zu dem Projekt "Contempo2“ statt. Es soll die ökologische Stromerzeugung durch Wasserkraft und die Gewässerökologie besser in Einklang bringen. Das Projekt umfasst den 22 Kilometer langen Lech-Abschnitt zwischen dem Wehr beim Müllberg und dem Kraftwerk bei Ellgau. Angesichts der Energiekrise und der Auswirkungen des Klimawandels besitzt das Vorhaben höchste Aktualität. Es ist ein durch EU-Mittel gefördertes Pilotprojekt. Ist es erfolgreich, soll es europaweit auf vergleichbare Flüsse übertragen werden.

    Bei der Ursachenforschung zu den auf diesem Lech-Abschnitt zu lösenden Problemen muss man über 170 Jahre zurückblenden. Die ökologisch negativen Veränderungen verursachte der Mensch: Sie begannen mit der Regulierung des Wildflusses Lech, der bei Hochwasser immense Schäden verursachte. Seine "Bändigung“ begann 1852 ab dem Augsburger Hochablass lechabwärts. 

    Der Lech durchfließt 19 Kilometer Augsburger Territorium

    Der Hochablass wurde vor vielen Jahrhunderten in den Lech gebaut, um davon Kanäle abzuleiten. Augsburg ist eine wasserreiche Stadt. Die Gesamtlänge von Flüssen, Kanälen und Bächen auf dem Stadtgebiet beträgt 173,2 Kilometer. Der Lech durchfließt 19 Kilometer

    Der mäandernde Wildfluss Lech im Jahr 1846 kurz vor Beginn der Regulierung.
    Der mäandernde Wildfluss Lech im Jahr 1846 kurz vor Beginn der Regulierung. Foto: Sammlung Häußler

    Im Jahr 1840 drehten sich in Augsburg 230 Wasserräder und Turbinen. "Seit Jahrhunderten haben die Stadtbäche außerordentlich viel zum Wohlstand der Bürgerschaft beigetragen“, heißt es 1894. Wasserturbinen waren damals ihre wichtigsten Motoren. 1894 gab es außerdem 182 Dampfmaschinen und 112 Gasmotoren. 

    Das elektrische Zeitalter begann in Augsburg im Jahr 1882. Strom entwickelte sich zur revolutionierenden Energie, allerdings musste ursprünglich jeder Betrieb den Strom für seinen Bedarf selbst erzeugen. Dort trieben Wasserkraftwerke Generatoren an. Für die Elektrifizierung der 1881 eingeführten Pferde-Straßenbahn im Jahr 1898 musste ein Kraftwerk am Senkelbach gebaut werden. Wasserstrom reichte nicht aus, sodass die Tram-Elektrozentrale auch zwei Dampfmaschinen mit Generatoren erhielt.

    Im Jahr 1891 gelang im Deutschen Reich die Stromübertragung über 170 Kilometer. Damit war der Beweis erbracht, dass Strom über große Strecken zu transportieren ist. Aufgrund dieser Erkenntnis baute die Baumwollspinnerei am Stadtbach 1901/02 ein Wasserkraftwerk auf der Wolfzahnau. Dazu musste ein 1100 Meter langer Kanal gegraben werden, in dem sich Stadtbach und Proviantbach vereinigen. Das Elektrizitätswerk produziert noch heute Strom. 

    Lech musste für Stromerzeugung korrigiert werden

    Die Voraussetzung für die Stromerzeugung für die Region in einem Großkraftwerk in Gersthofen bildete der korrigierte Lech. Nach der Regulierung tiefte er sich in seinem engen Bett innerhalb von nur 50 Jahren über sechs Meter ein. Um weitere Eintiefungen zu verhindern, mussten in Augsburg Streichwehre als Bremsschwellen eingebaut werden. Alle Lechwehre sind inzwischen mit Kraftwerken bestückt.

    So warb das „Lechelectricitätswerk Gersthofen“ vor 120 Jahren für elektrisches Licht.
    So warb das „Lechelectricitätswerk Gersthofen“ vor 120 Jahren für elektrisches Licht. Foto: Sammlung Häußler

    Ein Minikraftwerk verbirgt sich in der Wehranlage beim Müllberg, mit der Lechwasser in den Kraftwerkskanal abgeleitet wird. Die Pläne für diesen Kanal wurden 1893 vorgestellt, 1898 war Baubeginn. Der Lech wurde 37,4 Kilometer vor seiner Mündung in die Donau gestaut, um ein neues Kanalbett parallel zum Lech auf Gersthofer Gebiet zu füllen. Über dem Kanal erstand Bayerns bis dahin größtes Wasserkraftwerk. Seit Oktober 1901 liefert es Lechstrom, erzeugt im "Lechelectricitätswerk“, der Urzelle der heutigen "Lechwerke“ (LEW). Das Kraftwerk war die Voraussetzung für die Ansiedlung der Farbwerke (heute Industriepark Gersthofen). Sie benötigten große Mengen Gleichstrom. 

    Mit Strom aus dem Gersthofer Großkraftwerk begann die großflächige Elektrifizierung Augsburgs. Es belieferte 1901 Firmen mit Kraftstrom, ab Mai 1902 auch mit Lichtstrom. Privatkunden mussten sich gedulden, bis die nötigen "Luftleitungen“ gebaut waren. 

    Neues Projekt soll negative Folgen der Lech-Kanalisierung beseitigen

    Mit dem Projekt "Contempo2“ sollen negative Folgen der Lech-Kanalisierung vor rund 170 Jahren und der Wasserableitung ab 1901 korrigiert werden. Die Lechauen trockneten aus. Seit 1996 wird ein Teil wiedervernässt. Die Lechwerke bauten bei Gersthofen einen Düker vom Kraftwerkskanal unter dem Lech hindurch in die Auen. In Rohren strömen rund 1000 Liter pro Sekunde und sprudeln östlich des Lechs aus einem künstlichen Quelltopf. Der 750 Meter lange Chardonnaybach leitet das Lechwasser ins alte Bett des Branntweinbachs, der nach rund 5000 Metern in den Lechauen versickert. 

    Das Aquarell zeigt 1903 die Stromgeneratoren im Kraftwerk Gersthofen.
    Das Aquarell zeigt 1903 die Stromgeneratoren im Kraftwerk Gersthofen. Foto: Sammlung Häußler

    Ein Naturlehrpfad mit Tafeln und Hörstationen begleitet das Biotop aus zweiter Hand. Über das Projekt "Contempo2“ soll Ende 2023 wenige Meter vom Lech entfernt in einem Pavillon am Europaweiher beim Müllberg informiert werden.

    Weitere stadthistorische Exkursionen mit Franz Häußler finden Sie hier

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