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Augsburger Geschichte: Brunnenfigur Herkules steht seit 20 Jahren unter Dach

Augsburger Geschichte

Brunnenfigur Herkules steht seit 20 Jahren unter Dach

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    Aquarell von Joseph Eschenlohr aus den 1930er-Jahren: Der Augustusbrunnen ist noch von historischer Häuserkulisse umgeben.
    Aquarell von Joseph Eschenlohr aus den 1930er-Jahren: Der Augustusbrunnen ist noch von historischer Häuserkulisse umgeben. Foto: Sammlung Häußler

    Augsburgs „eingehauste“ Brunnen lösten eine Diskussion aus. Die Prachtbrunnen sollten im Winter unter Glaspyramiden sichtbar bleiben, statt sie großteils unter Bretterverschlägen zu verbergen. So lautete ein Vorschlag. In Salzburg gebe es bereits einen solchen Glasschutz. Der Leiter des Augsburger Welterbe-Büros, Ulrich Müllegger, sah sich in Salzburg um. Seine Erkenntnis: Ein Vorbild für Augsburg sei diese Art der winterlichen „Einhausung“ nicht.

    Über den Augsburger Brunnen stehen Doppelgänger

    Augustus, Herkules, Merkur und Neptun sind ohnehin auch im Winter sichtbar: Sie überragen die Abdeckungen der Brunnenbecken. Der Georgsbrunnen auf dem Metzgplatz bleibt ohne Winterschutz. Über den Brunnen stehen „Doppelgänger“: Die wertvollen Original-Bronzen sind ganzjährig im Maximilianmuseum unter Dach und aus der Nähe zu besichtigen.

    Bereits 1993 begann an den Prachtbrunnen eine Restaurierungs- und Tauschaktion, die erst nach 25 Jahren abgeschlossen sein sollte. 1993 wurde Augustus vom Sockel gehoben. Kunstexperten stellten klar, es sei nicht mehr zu verantworten, derart wertvolle und mit hohem Kostenaufwand restaurierte Kunstwerke wieder schädlichen Umwelteinflüssen auszusetzen. Kein Schutzwachs könne sie auf Dauer unbeschadet der Nachwelt erhalten. Fachleute empfahlen, alle Brunnenbronzen durch Abgüsse zu ersetzen.

    Die Messerschmitt-Stiftung finanzierte den ersten Abguss. Die Augustus-Kopie steht seit 1996 über dem Brunnen auf dem Rathausplatz. Es dauerte rund 20 Jahre, ehe auch alle anderen historischen Metallgüsse am Augustusbrunnen ausgetauscht wurden. Die Aktion begann 2015 mit einem Flussgott. Nach und nach folgten die anderen drei Fluss-Skulpturen, die Putten, Hermen, Widder, Löwen und Wappen. Alle Originale kamen nach der Restaurierung ins Maximilianmuseum. 2018 wurden die letzten Abgüsse montiert. „Nur noch Kopien am Augustusbrunnen“ lautete eine Zeitungs- Überschrift am 4. Mai 2018.

    Die 1993 mit Augustus begonnene Wechselaktion setzte sich bei den anderen Brunnen fort. 1997 „verschwand“ Herkules. Seit über 20 Jahren steht ein „Ersatz-Herkules“ über dem Brunnenbecken auf der Maximilianstraße. Am 5. November 1999 hob ihn ein Kran auf das Podest. 750 Kilo wiegt die Nachbildung, 3800 Kilo der Originalguss von 1597. Bis 2002 waren auch die Nebenfiguren am Sockel abgeformt: Die drei originalen Nymphen, drei wasserspuckende Tritonen, drei gänsewürgende geflügelte Putti und drei Löwenmasken wurden wie Herkules zu Museumsobjekten.

    1996/97 verbrachte auch Merkur in der Restaurierungswerkstatt. Auch er bekam einen Doppelgänger. Im Juli 1997 wurde die Merkur-Kopie auf den verwaisten Sockel am Moritzplatz gestellt. Das Original ist seit Frühjahr 2000 im Viermetzhof des Maximilianmuseums zu sehen. Der 1599 gegossene Merkur war schon des Öfteren vom Sockel gehoben worden. Anno 1661 war die erste Restaurierung nötig, 1913 musste er wieder in die Werkstatt.

    Die Bronzeskulptur war 1913 noch mit dem Gusskern aus Eisen, einer Mischung aus Sand, Lehm und Kuhdung gefüllt. Diese Materialien sprengten durch eindringendes Wasser und Frost die Bronzehaut. Man entschloss sich zur Radikallösung: Merkur wurde aufgeschnitten und das Innenleben entfernt. Die Reparaturstellen verschloss man im damals neuen autogenen Schweißverfahren. 1940 verschwand Merkur: Er kam in bombensichere Verwahrung ins Kloster Ottobeuren. Im Juli 1947 kehrte er als erste der ausquartierten Brunnenfiguren zurück.

    Auch der neue St. Georg hat Patina angenommen

    Seit September 2003 steht ein neuer St. Georg über dem kleinen Brunnenbecken auf dem Metzgplatz am Fuß des Perlachbergs. Er hat inzwischen Patina angenommen. Bei der Aufstellung glänzte die Kopie golden. So habe auch die historische Bronzeplastik vor 438 Jahren ausgesehen, erklärten Experten 2003. Sie hatten mittels einer Metallanalyse die Zusammensetzung der Gusslegierung festgestellt. St. Georg bestehe aus einer stark bleihaltigen Bronzemischung. Diese glänze nach dem Polieren des Gusses in einem dunklen Goldton. Die Patina entwickle sich durch Oxidation. Man müsse mit dem neuen St. Georg nur etwas Geduld aufbringen, dann schaue auch er alt aus. Sie behielten recht.

    Die 212 Zentimeter hohe, 896 Kilo schwere „Statue des Ritters Georg mit dem Lindwurm unter den Füßen“ (so in einer Beschreibung) ist auf der Standfläche mit „v 1565 d“ signiert. Die Buchstaben verweisen auf Veit Dütsch als Gießer, 1565 auf das Gussjahr. Historiker stellten fest, dass damals eine Reiterrüstung abgeformt wurde. Details wie Scharniere, Nieten und Ziselierungen würden das beweisen.

    Wie lange die Brunnenbronzen einst ihr leuchtendes Aussehen behielten, ist nicht überliefert. Zwar wirke heutzutage die Umweltverschmutzung aggressiver als vor ein paar hundert Jahren, doch allzu saubere Luft wehte auch früher nicht durch Augsburgs Straßen. Geheizt wurde mit Holz, schmiedende und schmelzende Handwerker erzeugten mit Holzkohle hohe Temperaturen. Was da durch die Kamine über die Stadt verteilt wurde, war stark schadstoffhaltig.

    Umweltverschmutzung wirkt sich aus

    Umwelteinflüssen war Neptun 475 Jahre lang ausgesetzt. Der vermutlich um 1535 gegossene nackte antike Meeresgott mit Delfin und Dreizack gilt als Augsburgs älteste Brunnenplastik aus Metall. Die 175 Zentimeter große Figur hatte eine Wanderung über einige Aufstellungsorte im Stadtzentrum hinter sich, ehe sie anno 1888 auf dem früheren „Saumarkt“ in der Jakobervorstadt bei der Fuggerei platziert wurde. Der „Saumarkt“ heißt seit der Absiedlung des Schweinemarktes Jakobsplatz.

    Am 7. Juli 1942 wurde Neptun vor den erwarteten Luftangriffen in Sicherheit gebracht. Im Dezember 2005 kam er als letzte der historischen Brunnenplastiken in die Restaurierungswerkstatt und von dort im Oktober 2006 ins Maximilianmuseum. Ein Abguss vertritt ihn seitdem über dem Brunnenbecken auf dem Jakobsplatz.

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