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Augsburger Geschichte: Als Pferde die Straßenbahn zogen

Augsburger Geschichte

Als Pferde die Straßenbahn zogen

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    Personentransport anno 1897: Eine Pferde-Straßenbahn (links) auf der Hermanstraße beim Hotel Kaiserhof. Vor dem Eingang an der Halderstraße steht eine Reisekutsche.
    Personentransport anno 1897: Eine Pferde-Straßenbahn (links) auf der Hermanstraße beim Hotel Kaiserhof. Vor dem Eingang an der Halderstraße steht eine Reisekutsche. Foto: Sammlung Häußler

    Die Straßenbahn wird als Augsburgs öffentliches Nahverkehrsmittel Nr. 1 propagiert. Die weiträumige verkehrsmäßige Erschließung der Stadt durch Elektro- schienenfahrzeuge gilt als großes Plus in der Umweltbilanz. Vor 140 Jahren schufen

    Ein Vertrag vom 4. Februar 1879 gilt als Straßenbahn-„Geburtsurkunde“. An diesem Tag unterzeichneten die Bürgermeister als Rechtsvertreter der Stadt Augsburg die Vereinbarung mit den Ingenieuren Charles de Féral und Emil von Pirch aus Metz über die Einrichtung einer Pferde-Trambahn in Augsburg. Die Unternehmer waren an die Stadt herangetreten und hatten den Plan unterbreitet.

    Die Pferde-Tram sollte nicht an den damaligen Stadtgrenzen enden. Deshalb hatten die Trambahn-Initiatoren bei den Bürgermeistern der Nachbardörfer Lechhausen, Pfersee und Göggingen angefragt, ob sie an ein Augsburger Schienennetz angebunden werden wollten. Die Gemeinden schlossen im März und April 1879 die entsprechenden Verträge. Nun erst setzten die Detailplanungen ein. Die Schienen mussten innerhalb der Augsburger Altstadt vielfach in verwinkelten Straßen und Gassen verlegt werden.

    Fast 1,3 Millionen Fahrgäste in der Trambahn

    Am 19. August 1880 unterzeichnete König Ludwig II. die Konzessionsurkunde. Am 15. November wurde die offene Handelsgesellschaft „Augsburger Trambahn“ gegründet. Den Bauauftrag bekam eine Berliner Firma. Dann begann das große Buddeln: Viele Straßen, in denen zwei Jahre zuvor Wasserleitungen verlegt worden waren, wurden bei der Schienenverlegung erneut zu Baustellen. Schon am 8. Mai 1881 fuhr die erste Pferde-Trambahn, am 1. Oktober war das gesamte 16,5 Kilometer lange Gleisnetz befahrbar. Im ersten Betriebsjahr benutzten fast 1,3 Millionen Fahrgäste die Trambahn.

    Fast geräuschlos und erschütterungsarm fuhren die motorlosen Wagen auf den Schienen, während die Kutschen mit eisenbeschlagenen Rädern auf holprigem Pflaster recht laut waren. Nach dem Vollausbau standen 99 Pferde als Zugtiere für 30 Tramwagen bereit. 62 Mann umfasste das Personal vom Direktor über Kutscher und „Kondukteure“ (Schaffner) bis zu den Stallburschen. Am Augustusbrunnen lag der Hauptumsteigeplatz, erst 1905 übernahm der Königsplatz diese Funktion. Vom Rathaus aus fuhren die Tramwagen im 16-Minuten-Takt zum Bahnhof, nach St. Ulrich, nach Göggingen, Oberhausen (bis zur Drentwettstraße) und nach Pfersee. Die Linienführung zwischen dem Augustusbrunnen und dem Hauptbahnhof war abenteuerlich.

    Winkzeichen statt fester Haltestellen

    Die Schienen verliefen kurvenreich über Philippine-Welser-Straße, Martin-Luther-Platz, Annastraße zum Königsplatz, ehe die lange Gerade zum Hauptbahnhof führte. Feste Haltestellen gab es 1881 außer den Endpunkten nicht: Der Kutscher hielt auf Winkzeichen an! Betriebszeit war im Sommer von 6 bis 21 Uhr, im Winter zwischen 7 und 20 Uhr. Den Planern lag keine Verkehrsanalyse vor. Erst die Praxis offenbarte, welche Strecke defizitär war.

    Die Trambahn-Gesellschaft reagierte mit der Stilllegung wenig frequentierter Linien. Aus wirtschaftlichen Gründen verringerte sich bis 1885 die befahrene Gleislänge von 16,5 auf 12,3 Kilometer. Trotz der Sparmaßnahmen war kein Gewinn zu erwirtschaften. Auch der versuchsweise Einsatz von Dampfloks statt Pferden im Jahr 1886 änderte daran nichts. Die Betreiber suchten deshalb Käufer für das Augsburger Trambahn-Unternehmen. Am 1. Juli 1891 wechselte es erstmals den Besitzer. Im Mai 1895 kaufte die „Elektrizitäts-AG, vormals Schuckert & Co.“ (Nürnberg), für eine halbe Million Goldmark die Pferdebahn, um sie zu elektrifizieren. Es wurden nicht nur Oberleitungen gezogen, sondern auch das Schienennetz von Breitspur (1,43 Meter) auf die noch heute gebräuchliche Ein-Meter-Spur umgestellt. Am 11. Juni 1898 traf das erste „Fuhrwerk mit der Deichsel auf dem Buckel, ohne Ross und ohne Hü und Hott“, wie eine Lokalzeitung schrieb, in Lechhausen ein. Am 1. September 1898 war offizielle Betriebseröffnung der „Elektrischen“.

    Innerhalb der Stadtgrenzen galt der Fünf-Minuten-Takt

    Vier Linien befuhren ein 14,37 Kilometer langes Schienennetz mit 37 Motorwagen und 12 Anhängern. Innerhalb der Stadtgrenzen galt der Fünf-Minuten-Takt. Im Jahr 1900 wurde die Aktiengesellschaft „Augsburger elektrische Straßenbahn“ als neue Betreiberin gegründet. Der Konzessionsvertrag enthielt die Bedingung, die Stadt könne die Straßenbahn ablösen und selbst betreiben. Von diesem Recht machte sie 1908 Gebrauch. Am 24. Juli bekam die Stadt von der königlichen Regierung die Konzession, am 1. September war Eigentumsübergang. Für drei Millionen Mark wechselten alle Anlagen, 40 Motorwagen und 14 Anhänger in städtisches Eigentum.

    Seit 111 Jahren fährt die Straßenbahn unter städtischer Regie. 1926 kam der erste Bus zum Einsatz. Busse erweiterten fortan das Nahverkehrsnetz auf Strecken, die sich für neue Schienentrassen nicht lohnten. Am 1. November 1938 wurden die Stadtwerke Augsburg gegründet und die „Verkehrsbetriebe“ eingegliedert. Sie wandelten sich 2003 in die Stadtwerke-Tochter „Augsburger Verkehrsgesellschaft GmbH“ (AVG). 2018 beförderte die

    Frühere Folgen des Augsburg-Albums zum Nachlesen finden Sie im Online- Angebot unserer Zeitung unter www.augsburger-allgemeine.de/augsburg-album

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