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Augsburger Geschichte: 26. Februar 1944: 730 Augsburger starben in der Bombennacht

Augsburger Geschichte

26. Februar 1944: 730 Augsburger starben in der Bombennacht

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    Die Ludwigstraße vor Beginn der Räumung. Im Hintergrund ist zur Grottenau bereits ein Durchgang begehbar.
    Die Ludwigstraße vor Beginn der Räumung. Im Hintergrund ist zur Grottenau bereits ein Durchgang begehbar. Foto: Sammlung Häußler

    Eine 1947 erstellte Kriegsschadensbilanz registrierte in Augsburg 4390 zerstörte und 8200 beschädigte Wohnhäuser. Außerdem wurden 593 Firmen und 88 öffentliche Gebäude, darunter 16 Kirchen, zu Ruinen. Fast 90 Prozent dieser Schäden richteten die rund 1650 Sprengbomben und etwa 280.000 Brandbomben an, die in der eiskalten Nacht vom 25. auf den 26. Februar 1944 aus über 500 britischen Bombern auf die Stadt fielen. Sie war Augsburgs Walpurgisnacht. 730 Menschen kamen allein bei diesem Bombardement ums Leben.

    An der Blücherstraße sind Särge mit Toten aufgereiht, die in der Nacht vom 25. auf den 26. Februar 1944 in einem Splittergraben ums Leben kamen.
    An der Blücherstraße sind Särge mit Toten aufgereiht, die in der Nacht vom 25. auf den 26. Februar 1944 in einem Splittergraben ums Leben kamen. Foto: Sammlung Häußler

    Am frühen Nachmittag des 25. Februar 1944 - es war ein Freitag - hatten 199 US-Bomber die Messerschmitt-Werke an der Haunstetter Straße bombardiert. Da bereits andere Städte von "Doppelschlägen" heimgesucht worden waren, herrschte große Spannung. Tatsächlich heulten am Abend die Sirenen: Luftalarm! Gegen 22.40 Uhr erreichten die ersten der in England gestarteten britischen Bombenflugzeuge Augsburg. Sie hatten nicht die Rüstungsindustrie, sondern die Wohnstadt als Ziel.

    Die Jakoberstraße war wenige Tage nach Augsburgs schrecklichster Bombennacht wieder befahrbar.
    Die Jakoberstraße war wenige Tage nach Augsburgs schrecklichster Bombennacht wieder befahrbar. Foto: Sammlung Häußler

    Die Maschinen kamen aus Süden. Einige lösten ihre todbringende Last bereits über dem Hochfeld und dem Bismarckviertel aus - das eigentliche Ziel war jedoch die dicht bebaute Innenstadt. Während im Ulrichsviertel nur einzelne Häuser brannten, wurde das Bäckergassenviertel bis zur Dominikanerkirche am schwersten getroffen. Hier wurde ein Inferno entfesselt.

    Augsburgs Kern wurde in der Bombennacht fast total zerstört

    Über der Westseite der Maximilianstraße begann mit dem Drei-Mohren-Hotel eine bis zum Dom verlaufende Zone fast totaler Zerstörung. Die Moritzkirche brannte, das Rathaus stand in Flammen. Bombenteppiche fielen auf das Lechviertel, das Georgs- und Heilig-Kreuz-Viertel, getroffen wurden die meisten Gebäude der Kernstadt.

    Auf der schuttübersäten Annastraße liegt noch eine leere Schlauchrolle vom  Löscheinsatz der Feuerwehren.
    Auf der schuttübersäten Annastraße liegt noch eine leere Schlauchrolle vom Löscheinsatz der Feuerwehren. Foto: Sammlung Häußler

    Als gegen 23.20 der Motorenlärm verklang und die Einschläge aufhörten, versuchten beherzte Menschen zu löschen. Sie retteten manches Haus, indem sie die Stabbrandbomben aus den Dachstühlen warfen, das Feuer mit Sand, Wasser oder Patschen erstickten. Dass beispielsweise die evangelische Heilig-Kreuz-Kirche scheinbar unbeschädigt erhalten blieb, ist die fast übermenschliche Leistung einiger weniger.

    Auf wichtigen Straßen wie der Maximilianstraße war bereits einige Tage nach der Bombennacht vor 77 Jahren die Fahrbahn benutzbar.
    Auf wichtigen Straßen wie der Maximilianstraße war bereits einige Tage nach der Bombennacht vor 77 Jahren die Fahrbahn benutzbar. Foto: Sammlung Häußler

    Der von rund 70 Brandbomben getroffene Dom verdankt seinen Erhalt vor allem den Vorsorgemaßnahmen von Domkaplan Aichele: Er hatte im riesigen Dachstuhl an allen möglichen Stellen Löschmittel deponiert und eine Löschmannschaft aus Ministranten so lange trainiert, bis sie sich im vielstöckigen Gebälk auch bei Nacht zurechtfanden wie in ihrer Hosentasche. Zusammen mit Dom-Mesner Wendelin Seitz machten die Buben 27 Brandstellen unschädlich. Ein aufflackernder Brand über der Marienkapelle wurde von einem Trupp Soldaten bekämpft.

    Bomberwelle jagte Augsburger in die Luftschutzräume

    Eine zweite Bomberwelle jagte kurz vor 1 Uhr die Menschen abermals in die Luftschutzräume. Die Bomben sollten nun nach der ausgeklügelten perfiden Zerstörungsstrategie das Werk der ersten Welle vollenden, einen flächendeckenden Flammensturm in der zuvor "aufgerissenen" Innenstadt entfachen. Das gelang unter anderem deshalb nicht, weil vorausfliegende Zielmarkierer ihre "Christbäume" genannten Markierungsbomben zu weit östlich setzten. Die Masse der Bomben fiel nun auf die Jakobervorstadt und das südliche Lechhausen. Nach etwa 40 Minuten hatten die rund 250 Flugzeuge ihre Luftminen, Spreng- und Brandbomben abgeladen. Zwei Tage lang war danach die Sonne hinter einer Wand von Qualm und Staub nur als glutrote Scheibe zu erkennen.

    Der Stadtmarkt und die St.-Anna-Kirche im Hintergrund waren schwerstens getroffen.
    Der Stadtmarkt und die St.-Anna-Kirche im Hintergrund waren schwerstens getroffen. Foto: Sammlung Häußler

    Die Bilanz von Augsburgs schrecklichster Bombennacht 25./26. Februar 1944 war furchtbar: 4368 Brände zählten amtliche Stellen, 90.000 Obdachlose, 730 Tote! 2790 Gebäude waren zerstört oder beschädigt. Doch der Luftkrieg war längst nicht zu Ende: Insgesamt etwa 20 Bombenangriffe erlitt Augsburg, insgesamt 1499 Tote waren die Folge. 24 Prozent des Wohnraums und 31 Prozent der gesamten Bausubstanz waren bei Kriegsende vernichtet.

    Doch das Schicksal war Augsburg im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten noch relativ gnädig gewesen. In manchen Städten gab es Zehntausende an Opfern. Auch das Ausmaß der Zerstörung war in Augsburg nicht so perfekt wie geplant: Paderborn war beispielsweise zu 96,5 Prozent vernichtet, Würzburg zu etwa drei Vierteln eingeebnet, in Dresden galten 70 Prozent des Wohnraums als zerstört.

    Im Februar 1946 gedachte die Schwäbische Landeszeitung unter der Überschrift "In jener grauenvollen Nacht" des zwei Jahre zuvor Geschehenen mit Tagebuchauszügen und dem Gedicht "Gang durch die Vaterstadt".

    Ich gehe wieder durch die Straßen

    der alten lieben Vaterstadt,

    darin ein Zauber ohne Maßen

    mich immer tief beseligt hat.

    Nun aber hat des Krieges Schrecken

    auch diese alte Stadt bedacht,

    und jetzt ist wenig zu entdecken

    von ihrer schönen alten Pracht.

    Kunstvolle Giebel sind geborsten,

    das stolze Rathaus brannte aus,

    der Efeu rankt sich um das Haus,

    am alten Tor die Krähen horsten.

    Das Sterben ging durch alle Gassen,

    es starb die liebe alte Stadt,

    und nichts hat sie zurückgelassen

    als Trümmerberge, morsch und matt.

    Ich gehe wie vom Krieg erschlagen

    durch alle Winkel, tot und stumm,

    gequält von einem wehen Fragen:

    Liebe Vaterstadt - warum?

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    Eine Multimedia-Reportage zur Augsburger Bombennacht 1944 finden Sie unter www.augsburger-bombennacht.de

    Weitere stadthistorische Berichte finden Sie hier.

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