Die Probleme in der Pflege sind bekannt: Steigende Kosten, fehlende Fachkräfte, zu wenige Kurzzeitpflegeplätze und zu viel Bürokratie sind nur einige davon. Augsburgs Sozialreferent Martin Schenkelberg (CSU) sagte kürzlich bei einer Podiumsdiskussion zum Thema „Was sich in der Pflege tun muss“, dass er kein „Alarmist“ sei. Wenn aber jetzt zu wenig getan werde, dann sei der „Pflegenotstand“ auch hier unausweichlich. Anfang kommender Woche wird er den Stadträten die Pflegebedarfsermittlung 2024 vorstellen, ebenso einen Aktionsplan Augsburger Pflegeoffensive für die kommenden zehn Jahre. Die Zeit drängt: 2029 scheiden bayernweit erstmals rund 150 Fachkräfte mehr aus dem Beruf aus, als Nachwuchskräfte ihre Ausbildung beenden. In Augsburg gibt es konkreten Handlungsbedarf.
Bei der aktuellen Situation in der Pflege sei vor allem die Kurzzeitpflege das „große Sorgenkind“ in Augsburg, so Schenkelberg bei der Podiumsdiskussion. In der Stadt gebe es 40 für Kurzzeitpflege reservierte Plätze sowie sogenannte eingestreute Plätze. Zu wenig. Krankenhäuser müssen deshalb oft länger warten, als ihnen lieb ist, bis sie einen Patienten in ein Pflegeheim verlegen können. Pflegende Angehörige kämen ebenfalls oft nicht zum Zug und könnten sich ohne Kurzzeitpflegeplatz keinen Freiraum für Erholung schaffen. Bis 2028 müssten weitere 70 Kurzzeitpflegeplätze geschaffen werden. Bei der teilstationären Pflege sieht der Referent ebenfalls Handlungsbedarf: Derzeit gibt es 20 Einrichtungen mit Tagespflege in Augsburg.
Über 90 Prozent der Betten in den Augsburger Pflegeheimen sind belegt
Wer in die Zukunft blickt, sehe sich freilich auch mit Fragezeichen konfrontiert, verdeutlichte Schenkelberg am Beispiel der Pflegeheime. Derzeit gibt es in Augsburg 25 Pflegeheime mit rund 2.900 Plätzen. Die Belegung liege konstant bei über 90 Prozent und werde aufgrund von Fachkräftemangel eingeschränkt - nicht wegen der Nachfrage. „Wir wissen heute nicht, welche Heime im Jahr 2034 noch offen haben“, sagte er. Grundsätzlich gehe die Pflegebedarfsermittlung davon aus, dass in der Stadt in zehn Jahren weitere 150 stationäre Plätze benötigt werden, was eine zusätzliche sehr große Einrichtung oder entsprechend kleinere Angebote bedeuten würde.
Zusätzliche Angebote bedeuteten aber auch zusätzliches Personal, sprach der Sozialreferent ein weiteres Problem an. Denn neben den grundsätzlich neu benötigten Pflegekräften scheiden altersbedingt in den kommenden zehn Jahren etwa neun Prozent der aktuell beschäftigten Mitarbeiter in der Pflege aus. Rund 500 Vollzeitstellen müssten voraussichtlich in Augsburg neu besetzt werden - nachdem viele Menschen in der Pflege in Teilzeit arbeiten, werde mit 1000 Stellen gerechnet. „Eine reine Ausweitung der Ausbildungskapazitäten wird das Problem des Fachkräftemangels nicht lösen. Es gilt, die Zahl der Bewerbenden zu erhöhen“, stellte Schenkelberg fest.
Dass bereits heute viel getan werde, das Personal zu halten, betonte während der Diskussion Verena Rauch vom Caritasverband für die Diözese Augsburg. Qualifizierungen fänden statt, der Einsatz von Hilfsmittel verspreche zudem Entlastung. Viele Hilfestellungen zielten darauf ab, die Widerstandsfähigkeit des Personals zu stärken. „Es gibt konkrete Angebote, wie Mitarbeiter psychisch und physisch gesund bleiben können“, berichtete Rauch. Damit der Zulauf in den Beruf in den kommenden zehn Jahren gesteigert werden könne, müssten „die Menschen für die Pflege begeistert werden“, so Michael Krause, Fachvorstand der Diakonie Augsburg.
Oberbürgermeisterin Eva Weber: „Pflege ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“
Auch wenn sich in den Diskussionen der Blick oft auf die stationären Einrichtungen richtet, sei klar, dass es sich bei Deutschlands größtem Pflegedienst um die pflegenden Angehörigen handle. Der Wunsch vieler älterer Menschen ist, so lange wie möglich zu Hause wohnen bleiben zu können. „Es müssen Strukturen geschaffen werden, damit das auch gelingt“, so Rauch. Zusätzliche Kurzzeitpflegeplätze wären nötig, damit es eine Entlastung für die pflegenden Angehörigen gibt. Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) sagt, dass die Pflege „eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ sei. In Bereichen wie Wohnungsbau oder Verkehrsplanung müsste für pflegebedürftige Menschen mitgedacht werden. Es gebe viele Ideen und Ansätze - viele scheiterten daran, dass zu wenig Geld im System sei. Sie sprach an, dass diskutiert werden müsse, wie künftig die Pflege „miteinander finanziert“ werden solle. Bundestagsabgeordneter und Augsburgs CSU-Chef Volker Ullrich stellte klar, dass die Pflegeversicherung als Vollkostenversicherung für alle teurer werde und man abklären müsse, ob die Gesellschaft dafür bereit sei und den Arbeitgebern zusätzliche Abgaben zugemutet werden können.
Andreas Roß, selbst pflegender Angehöriger, betonte, dass sich viele Angehörige die Pflege künftig nicht mehr leisten könnten. Es müssten neue Konzepte her, wie die Finanzierung der Pflege sichergestellt werden könne. Er selbst zahle monatlich mehr als 3000 Euro für die Pflege seiner Frau in einem Heim. Während viele Fragestellungen auf Bundes- oder Landesebene geklärt werden müssen, will Sozialreferent Schenkelberg für die Augsburger Belange eine Pflegeoffensive starten. „Wir haben zehn Jahre vor uns, die sehr arbeitsreich sein werden“, verspricht er. Anfang kommenden Jahres sollen in fünf Workshops Vertreter aus dem Bereich zusammenkommen. Es soll ein Aktionsplan mit Impulsen für die Stadtentwicklung und Maßnahmen für Träger und Stadt erarbeitet werden.
Es wird viel geredet von Seiten der Verantwortlichen Politikern und Referenten, nur solange keine atraktiven Angebote und Arbeitsbedingungen geschafft werden, finden sich auch keine Leute, die diesen sehr schweren Beruf ergreifen werden. Bekannt ist ja auch, dass die Stadt Augsburg,auch durch andere selbst verschuldete "finanzielle Baustellen", kein Geld für solch wichtige Dinge wie die Pflege mehr übrig hat und auch der Freistaat und die Regierung sind untätig in dieser für alle im Alter wichtige Angelegenheit
In jedem negativ geprägten Artikel, in jeder Bemängelung ist der Begriff Bürokratie vorhanden! Und dies zurecht. Nur kann ich nicht mal in weitester Ferne eine Besserung erkennen. Fragt man sich natürlich, warum wir uns überhaupt Politiker leisten? Ein Bürokratieabbau wird seit Jahren versprochen, analog der Abschaffung der Zeitumstellung, nur in der Praxis ist diesbezüglich keinerlei Anstrengung zu erkennen.
Die Zeitumstellung erfordert heute kein nächtliches Aufstehen mehr, Uhren stellen sich automatisch. Wenn man sich nicht zu viel Gedanken darum macht, wird man davon auch kaum krank. Die Stellen die man in der Bürokratie abbaut, wo sollen die Leute dann arbeiten?
Der Pflegnotstand hat längst begonnen und wird mit jedem Jahr dramatischer. Wo Pflegende fehlen, können dringend notwendige Betten nicht belegt werden und kaum Nachwuchs in Sicht. Das kann man nicht schönreden, lieber Herr Lauterbach. Die Kosten, die Angehörige beisteuern müssen, explodieren, denn Geld fehlt überall. Das böse Erwachen für Viele erfolgt, sobald in einer Familie ein Pflegebedürftiger ins Heim kommt. Niemand hat auf dem Schirm, was tatsächlich zugezahlt werden muss, da die eigene Rente und der Beitrag der Pflegeversicherung hinten und vorne nicht reichen. Da geht es nicht um Hunderte sondern z.T. um Tausende Euro pro Monat! Wann endlich gelingt der große Reform-Wurf und alle zahlen in die Kassen ein? Am Ende beanspruchen ja auch Selbständige und Beamte die gleichen Plätze und die müssen finanziert werden.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden