Kurz vor 18 Uhr gehen am Samstag auf dem Augsburger Christkindlesmarkt die Lichter an den Verkaufsständen aus. Aus den Lautsprechern in den Budengassen dringen die Stimmen von Augsburgs Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle und Dekan Frank Kreiselmeier. Die Ereignisse in Magdeburg, wo ein Mann mit seinem Wagen über den Christkindlesmarkt fuhr, mehrere Menschen tötete und viele verletzte, machten fassungslos und lösten Entsetzen und Trauer aus, heißt es in der kurzen Ansprache. Dann bitten Hübschle und Kresielmeier die Besucherinnen und Besucher, kurz innezuhalten und der Opfer und Angehörigen zu gedenken. Bereits am Nachmittag hatte Oberbürgermeisterin Eva Weber ihre Anteilnahme ausgedrückt. Unter Beschickern und Gästen herrschte nach den Ereignissen tagsüber eine besondere Stimmung.
Rein optisch betrachtet wirkte der Augsburger Christkindlesmarkt am Samstagvormittag wie immer. Doch wenn man durch die Reihen ging und mit Beschickern und Besuchern sprach, spürt man: Nach der Attacke auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg herrschten in Augsburg gemischte Gefühle. Die Betroffenheit war groß, gleichzeitig wollte man sich die vorweihnachtliche Stimmung nicht nehmen lassen. Die Schausteller hatten bereits am Samstagmittag gemeinsam mit der Stadt entschieden, dass es am Abend ein Zeichen der Solidarität geben soll: Mit einer Gedenkminute kurz vor dem Engelesspiel um 18 Uhr gedachte man schließlich der Toten und Verletzten von Magdeburg.
Besucher wollen sich trotz Attacke in Magdeburg auf Weihnachten freuen
„Natürlich macht man sich nach einem solchen Ereignis Gedanken“, sagt Heike Pass, die in einem der Stände arbeitet. Es sei traurig, dass das passieren musste. Trotz allem fühle sie sich auf dem Augsburger Markt weiter sicher, auch wenn ein Beigeschmack bleibe. Robin, der nur seinen Vornamen preisgeben möchte und an einem Stand mit Blechschildern arbeitet, meint: „Es ist nicht mehr wie vorher. Gefühlt ist heute auch weniger los.“
Die Budenstraßen waren um die Mittagszeit gefüllt, aber nicht übervoll. Zwischen den Besucherinnen und Besuchern mischte sich auch die Polizei. Ein Trupp erzählte, er sei aus München für heute angefordert worden. Mehr könne man aber nicht sagen. Die drei zogen weiter und gaben den Blick auf zwei junge Frauen frei, die mit ihrem Glühwein für ein Selfie posierten. Magdeburg sei nicht Augsburg, sagten sie. Es herrschten gemischte Gefühle auf dem Augsburger Christkindlesmarkt.
So wollte sich eine Seniorin den Besuch nicht nehmen lassen. „Wir dürfen uns nicht unterkriegen lassen. Sonst dürfen wir bald nirgendwo mehr hingehen.“ Auch Familie Vögl war trotz der Ereignisse in Magdeburg am Samstag auf dem Augsburger Christkindlesmarkt. Man habe sich den Besuch vorgenommen und sehe die Sicherheitsvorkehrungen, die bereits getroffen wurden, als beruhigend an. Dinge wie die Poller an der Ecke zur Karolinenstraße und die deutlich sichtbare Polizeipräsenz geben ihr Sicherheit, sagte auch Julia Schroth, die an einem der Stände zum Perlachberg hin arbeitet. Aber ja, sie habe sich heute Morgen auf dem Weg zum Markt durchaus ihre Gedanken gemacht.
Was das Sicherheitskonzept betrifft, fühlen sich die Augsburger Standbetreiber gut aufgehoben: „Es wurde in diesem Jahr vor dem Markt noch einmal überarbeitet“, sagt Manuela Müller-Manz, Chefin der Marktkaufleute. Der Rathausplatz wird, wie bereits in den Jahren zuvor, durch Barrieren und Poller abgeschirmt, sodass keine Autos auf den Platz fahren können. In der Fußgängerzone dienen geparkte Lieferwagen und Kleinbusse als mobile Barrieren. Besucher dürfen keine Messer und Waffen dabeihaben, die Polizei sei entsprechend geschult und aufmerksam. Am Nachmittag teilte Augsburgs Ordnungsreferent Frank Pintsch in einer Pressemeldung mit, man stehe in ständigem Kontakt mit dem Augsburger Polizeipräsidium und den Sicherheitsbehörden und überprüfe laufend das Sicherheitskonzept für den Christkindlesmarkt. So auch jetzt. „Eine Verschärfung unserer Sicherheitsmaßnahmen ist aktuell nicht erforderlich“, zieht Pintsch ein Fazit.
Terrorverdacht gegen Iraker bestätigte sich nicht
Doch auch in Augsburg gab es dieses Jahr beunruhigende Nachrichten: Anfang Dezember war ein 37-jähriger Asylbewerber aus dem Irak in Augsburg festgenommen und in Abschiebehaft gebracht worden. Zunächst hieß es, Ali G. habe einen Anschlag auf den Christkindlesmarkt in Augsburg geplant, dieser Verdacht hat sich nicht bestätigt. Zwar sei der Mann durch seine IS-Kontakte und auffällige Posts in den sozialen Medien schon seit Oktober im Visier der Behörden gewesen. Den Sicherheitsbehörden zufolge gab und gibt es derzeit aber keine Hinweise auf konkrete Anschlagspläne oder auf konkrete Gefährdungen für Weihnachtsmärkte in Bayern. Die Sorgen bei Beschickern und Besuchern hatten sich gerade erst gelegt, durch den Anschlag in Magedburg ist die Stimmung nun erneut getrübt. „Aber die wenigen Tage bis Weihnachten werden wir jetzt noch hinter uns bringen“, fasst Müller-Manz die Stimmung zusammen.
Beschicker und Stadt Augsburg setzen ein Zeichen der Solidarität
Der Bundesverband der Schausteller und Marktkaufleute e.V. hatte bereits am Samstagvormittag an seine Mitglieder eine Nachricht verschickt, an allen deutschen Märkten um 19 Uhr die Lichter und die Musik auszuschalten und Pfarrer der umliegenden Gemeinde um eine Trauerandacht auf dem jeweiligen Markt zu bitten. So solle ein Zeichen der Solidarität mit den Opfern in Magdeburg gesetzt werden. Die Nachricht kam auch bei Schaustellern in Augsburg an. Gleich am Samstagmittag beschlossen sie gemeinsam mit der Stadtspitze Augsburg, sich mit einer eigenen Aktion dem Vorschlag anzuschließen.
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