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Augsburg: "Wir sind verheizt worden": Warum diese Uniklinik-Beschäftigten streiken

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"Wir sind verheizt worden": Warum diese Uniklinik-Beschäftigten streiken

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    Am Montag haben die Verdi-Streiks am Uniklinikum Augsburg (UKA) begonnen. Franziska Reiner von der Notaufnahme und Achim Craney, Anästhesiepfleger im OP, haben sich angeschlossen.
    Am Montag haben die Verdi-Streiks am Uniklinikum Augsburg (UKA) begonnen. Franziska Reiner von der Notaufnahme und Achim Craney, Anästhesiepfleger im OP, haben sich angeschlossen. Foto: Silvio Wyszengrad

    Ein bisschen vorsichtig trippelt Hannelore Pröll über den Platz vor der Uniklinik, zwischen all den Menschen in Warnwesten und das Getriller der Pfeifen hindurch. Über 80 Jahre alt ist die Augsburgerin, sie muss regelmäßig zur Behandlung ins größte Krankenhaus der Region. Auch an diesem Montagmorgen hat sie einen Termin – die Szenerie vor dem Eingang ist diesmal aber eine komplett andere. Hunderte, meist gelb gekleidete Menschen haben sich im Nieselregen versammelt, sind laut, halten Schilder hoch, skandieren, die Stimmung irgendwo zwischen Trotz und Aufbruch. Es ist kein gewöhnlicher Tag am UKA - für Patientinnen und Patienten wie

    Die Streiks im öffentlichen Dienst haben in Augsburg an diesem Montag eine neue Stufe erreicht. Nachdem in den vergangenen Wochen bereits verschiedene Bereiche bestreikt wurden – etwa der öffentliche Nahverkehr, die Müllentsorgung, Kitas oder die Verwaltung -, ist nun die Uniklinik dran. Und mit ihr auch ein Umfeld, das mit Blick auf Streiks als besonders sensibel gilt, geht es doch auch um mögliche Abstriche in der medizinischen Versorgung. Hannelore Pröll bringt es auf den Punkt: "Ich kann komplett verstehen, warum die Leute am Krankenhaus mehr Lohn wollen. Die verdienen das", sagt sie. "Aber natürlich macht man sich schon auch Sorgen, ob Menschen wie ich noch versorgt werden können." Sie können - vor allem dank einer Notdienst-Vereinbarung zwischen Verdi und UKA-Leitung, die vorab die personelle Besetzung während des Warnstreiks geregelt hatte. Lebensnotwendige und dringend notwendige Eingriffe finden statt.

    UKA

    schließen sich Verdi-Streik an

    Doch dass die Beschäftigten ihre Stimme erheben wollen, ist an diesem Montagmorgen unüberhör- und -sehbar. Knapp 500 UKA-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter haben sich zum Streik versammelt, Franziska Reiner ist eine von ihnen. Die 27-Jährige arbeitet als Pflegekraft in der Notaufnahme - einem Bereich, der zum ersten Mal überhaupt an der Uniklinik bestreikt wird. "Es hat sich etwas angestaut", sagt Reiner. "Wir sind hier der Puffer für die ganze Region - und so, wie es zuletzt gelaufen ist, fahren wir gegen die Wand." Zentrale Forderung seien 10,5 Prozent mehr Geld - vor allem, um langfristig wieder mehr Kolleginnen und Kollegen zu bekommen. 

    Franziska Reiner, 27, arbeitet in der Notaufnahme der Uniklinik Augsburg.
    Franziska Reiner, 27, arbeitet in der Notaufnahme der Uniklinik Augsburg. Foto: Silvio Wyszengrad

    "Mit dem Personal steht und fällt alles: Je mehr wir sind, desto weniger Druck gibt es, desto weniger Fehler entstehen, desto besser ist die Versorgung." Anders als in anderen Abteilungen gibt es in Notaufnahmen keine gesetzlich vorgeschriebene Personal-Untergrenzen, was gerade bei außergewöhnlich hohem Patientenaufkommen zum Problem werden kann. "Wir sind stolz auf unsere Arbeit hier - aber wir brauchen mehr Spielraum, um uns um die Menschen zu kümmern."

    Streik am Uniklinikum Augsburg Streik am Uniklinikum Augsburg, UKA, Achim Craney
    Streik am Uniklinikum Augsburg Streik am Uniklinikum Augsburg, UKA, Achim Craney Foto: Silvio Wyszengrad

    Neben der Notaufnahme, die am Montag zwei Kabinen geschlossen lässt, schließen sich viele weitere Bereiche an - von der Reinigung bis zu den Augenambulanzen. Sieben Stationen schließen zumindest teilweise Betten, eine neurochirurgische Station bleibt komplett zu. Achim Craney, Anästhesiepfleger im OP und Teil der Streikleitung, spricht von einer "sehr hohen Beteiligung". Ein Grund sei die Corona-Pandemie. "Außer Applaus ist bei uns nicht viel angekommen." Anders als etwa in bettennahen Bereichen hätten OP-Beschäftigte - also Anästhesie- und OP-Pflege - keinen Bonus bekommen. Dabei seien sie in den Hochphasen der Pandemie auf fachfremde Bereiche im ganzen Haus verteilt worden, hätten etwa auch auf den Corona-Stationen aushelfen müssen. "Wir sind verheizt worden", betont Craney. Eine bessere Bezahlung sei da "das Mindeste". Langfristig müssten sich die Bedingungen aber "grundsätzlich verbessern". Dazu gehöre etwa auch, Pflegeberufe aufzuwerten - zum Beispiel über Weiterbildungsangebote.

    Öffentlicher Dienst: Krankenhaus-Mitarbeiter nehmen an Kundgebung teil

    Am Dienstag geht der Streik der Uniklinik-Beschäftigten weiter, wenn auch im Rahmen einer internen Versammlung. Auch für Anfang kommender Woche sind Aktionen angekündigt, das UKA-Personal wird etwa am Montag an der Groß-Kundgebung sämtlicher Bereiche des öffentlichen Diensts teilnehmen. "Wir fangen gerade erst an", sagt eine Pflegerin auf der Bühne - und erntet lauten Applaus.

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