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Augsburg: Wir sind Unesco-Welterbe - und was kommt jetzt?

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Wir sind Unesco-Welterbe - und was kommt jetzt?

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    So sah die Reaktion der Stadt auf die Auszeichnung zum Unesco-Welterbe aus. Was ist seitdem passiert?
    So sah die Reaktion der Stadt auf die Auszeichnung zum Unesco-Welterbe aus. Was ist seitdem passiert? Foto: Michael Hochgemuth

    Der 6. Juli 2019 ist ein besonderes Datum in der über 2000-jährigen Geschichte Augsburgs. Es war der Tag, an dem die historische Wasserwirtschaft der Stadt den Unesco-Welterbetitel brachte. Das System aus Kanälen, Brunnen und Wasserwerken – insgesamt sind es 22 Denkmäler – steht damit auf der internationalen Liste außergewöhnlicher Denkmäler. Aktuell tragen diesen Titel weltweit nur 1121 Orte.

    Die Auswirkungen für Welterbestätten können laut Unesco enorm sein, am ehesten zeigen sie sich im Tourismus: Der Unesco-Titel sorgt für einen höheren Bekanntheitsgrad – und damit für mehr Besucher, die wiederum Geld in den Welterbe-Städten und Regionen lassen. In Regensburg zum Beispiel stieg die Zahl der Touristen innerhalb von 13 Jahren um fast 50 Prozent. Augsburgs Tourismusdirektor Götz Beck sagt, aus den gut 700 Millionen Euro, die Besucher derzeit in Augsburg lassen, könnten dank des Welterbes viele Millionen mehr werden. Augsburg täte dies gut, immerhin seien hier zuletzt viele Stellen im produzierenden Gewerbe weggefallen.

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    Kraftwerke, Brunnen und Lechkanäle verhalfen Augsburg einst zum Aufschwung. Dieses Zusammenspiel macht Augsburg zum Unesco-Welterbe.

    Damit das Welterbe in Augsburg lebt, muss investiert werden

    Doch damit eine Welterbestätte „funktioniert“, muss investiert werden – in die Infrastruktur, in ein Besucherzentrum und in eine adäquate Außendarstellung. Wie sieht es diesbezüglich in Augsburg aus? Zwei Monate sind seit der Aufnahme vergangen, doch von der Aufbruchstimmung ist nicht mehr viel zu spüren. Wer in der Stadt unterwegs ist, nimmt wenig wahr von diesem besonderen Titel. Und wenn es Hinweise gibt, muten sie eher skurril an. So wie in den Glasvitrinen am Perlachturm: Hier wird seit einiger Zeit für die Wasserwirtschaft geworben, alle 22 Orte sind mit Bildern und einer kurzen Information aufgeführt. Bis Anfang Juli stand auf einem blauen Plakat in großen weißen Buchstaben zu lesen: „Welterbe Bewerber Augsburg“. Das Wort „Bewerber“ ist nun mit einem roten Streifen überklebt. „Dilettantisch“, monieren Leser gegenüber unserer Redaktion.

    Eine Welterbe-Stätte, die mit einem überklebten Poster wirbt? Für Ulrich Müllegger, den städtischen Welterbe-Koordinator, ist diese Aktion okay: „Es ist von unserer Seite durchaus mit einem kleinen Augenzwinkern gemacht worden, quasi als Hingucker.“ Natürlich könnte man neue Plakate drucken. Dies würde einen unteren vierstelligen Betrag kosten. „Die Frage ist aber doch: Können und wollen wir uns dies zum jetzigen Zeitpunkt leisten?“, fragt Müllegger.

    Die Wassertürme am Roten Tor wurden saniert, noch bevor sich Augsburg für die Welterbe-Bewerbung entschieden hatte. Dies ist jetzt von Vorteil, denn dieses Denkmal zählt zu den zentralen Orten der historischen Wasserversorgung.
    Die Wassertürme am Roten Tor wurden saniert, noch bevor sich Augsburg für die Welterbe-Bewerbung entschieden hatte. Dies ist jetzt von Vorteil, denn dieses Denkmal zählt zu den zentralen Orten der historischen Wasserversorgung. Foto: Silvio Wyszengrad

    Grundsätzlich könnte man an vielen Stellen für das Welterbe werben. Doch es fehle am Geld. In diesem Jahr standen dem Welterbe-Büro 70.000 Euro zur Verfügung, von denen inzwischen über 60.000 Euro ausgegeben seien. Das Geld wurde für Publikationen, Internetauftritte und das Wasserfest in der Innenstadt benötigt, das nach der Auszeichnung stattfand.

    Am Augsburger Rathausplatz entsteht ein "Wasserladen"

    Laut Müllegger stehen nach Stand der Dinge auch für kommendes Jahr nur 250.000 Euro zur Verfügung. Davon entfallen allein 170.000 Euro auf den neuen „Wasserladen“, der am Rathaushausplatz entsteht. Im Mai 2020 soll es in den Räumen neben der Stadtsparkasse losgehen. Auf einer Fläche von 100 Quadratmetern dient dieser Ort als Informationszentrum für Augsburger und auswärtige Gäste, die sich mit dem Thema der historischen Wasserversorgung auseinandersetzen möchten. Zwei Stellen für städtische Mitarbeiter sind vorgesehen. Noch sei das Personal aber nicht von den städtischen Gremien genehmigt, sagt Müllegger.

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    Für das Innenleben des Wasserladens hat man nach einer Ausschreibung ein Stuttgarter Architekturbüro gewonnen, das als Spezialist für museale Konzepte gilt. Es geht darum, sagt Müllegger, die Innenausstattung so zu gestalten, dass Besucher bei einem zehnminütigen Aufenthalt bereits viel über das Welterbe erfahren. Eine Idee ist, die Wassertürme am Roten Tür mittels einer 3D-Brille virtuell zu erleben. Dies sei nötig, weil die Wassertürme nicht ständig geöffnet seien und auch nur maximal 15 Personen auf einmal hineindürfen.

    Auch einige andere der 22 Augsburger Welterbe-Denkmäler sind für Besucher nicht immer zugänglich. Ein Teil der Wasserwerke zum Beispiel ist in Privatbesitz, die Eigentümer leben teils auf dem Gelände. „Dass hier dann ständig Besuchergruppen durchgeschleust werden, ist nicht zu erwarten“, so Müllegger. Im Herbst werde es eine Bestandsaufnahme aller Gebäude geben, bei der es darum gehe, wie viele Besucher verträglich seien.

    In Sachen Marketing werde sich in den nächsten Monaten einiges tun, verspricht Müllegger. Unterschriftsreif ist der Vertrag mit einem Autor, der einen 150-seitigen Führer auf den Markt bringen möchte, der als Leitfaden für Besucher dienen soll. Das Werk, das unter einem Betrag von zehn Euro verkauft werden soll, setzt sich nicht allein mit den 22 Orten des Welterbes auseinander, sondern beschreibt auch, was es mit dem Titel auf sich hat. Neue Broschüren und überarbeitete Internetseiten soll es auch geben.

    Das Wort „Bewerber“ wurde bei diesen Plakaten zum Thema Welterbe schlicht überklebt. Das sei günstiger, als neue Poster zu drucken, so die Stadt.
    Das Wort „Bewerber“ wurde bei diesen Plakaten zum Thema Welterbe schlicht überklebt. Das sei günstiger, als neue Poster zu drucken, so die Stadt.

    Auf der städtischen Internetseite wird derzeit kaum auf das Welterbe hingewiesen. Laut Müllegger liegt das daran, „dass wir mit unserer eigenen Seite kreativer sein können als bei einem städtischen Auftritt, wo es strikte Vorgaben gibt“. Dass bislang nicht mehr Aktionen und Veranstaltungen stattfinden, ist laut Mülleggers Stellvertreterin Antonia Hager leicht zu erklären: „Augsburg war bereits in seiner Bewerbung aktiv, was andere Städte so nicht gemacht haben.“ Die Wassertage mit Führungen seien eingeführt und beliebt. Auch wurde die Zahl der Führungen, die sich mit dem Wasser befassen, ausgeweitet.

    Lesen Sie hierzu den Kommentar von Nicole Prestle: Welterbe: Wer profitieren will, muss investieren

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