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Augsburg: Wieso ist der Jubel über den geplanten Wasserstoffzug in Augsburg verhalten?

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Wieso ist der Jubel über den geplanten Wasserstoffzug in Augsburg verhalten?

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    Wasserstoffzug beim Betanken: In Augsburg soll demnächst ein solcher Zug getestet werden.
    Wasserstoffzug beim Betanken: In Augsburg soll demnächst ein solcher Zug getestet werden. Foto: Roberto Pfeil, dpa

    Von außen erkennt man nicht, was in dem Zug mit dem Namen "Mireo plus H" steckt. Er sieht aus wie ein normaler Regionalzug, so wie die vielen Züge, die täglich am Augsburger Hauptbahnhof halten. Im Inneren aber befindet sich eine ganz andere Technik. Der Regionalzug wird mit Wasserstoff angetrieben. Beim Hersteller Siemens ist man stolz auf die Entwicklung, die auch dem Klimaschutz dienen soll. Der Projektleiter wird zitiert, er habe "euphorische Gefühle" gehabt, als der erste Zug das Werk verlassen habe. Demnächst soll ein Zug dieser Bauart auch in Augsburg halten. Auf drei Bahnstrecken von Augsburg in Richtung Süden soll der Wasserstoffzug getestet werden, eine Premiere in Bayern. Doch in Augsburg ist die Euphorie darüber gar nicht so groß, wie man vermuten könnte. Woran liegt das?

    Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) spricht von einem "Mobilitäts-Aushängeschild" für den Freistaat und einem "wichtigen Schritt auf dem Weg zu klimaneutralen Antriebstechniken". Eine Mitteilung der Stadt Augsburg zu dem Thema fällt dagegen recht nüchtern aus. Zwar wird auch erwähnt, dass Augsburg ein Vorreiter sein wird. Darauf folgt aber schnell der Hinweis, dass sich bei Bahnstrecken, auf denen viel los ist, elektrisch angetriebene Züge besser rechnen als die mit Wasserstoff. Die Stadt habe deshalb bei Bund und Freistaat die Elektrifizierung mehrere Bahnstrecken beantragt. Sprich: Es sollen Oberleitungen gebaut werden, damit E-Züge fahren können. Die Elektrifizierung wird auch für jene drei Strecken gefordert, auf denen spätestens ab 2024 der Wasserstoffzug zum Einsatz kommen soll.

    So sieht der Wasserstoffzug von Siemens aus.
    So sieht der Wasserstoffzug von Siemens aus. Foto: Sophie Brössler, dpa

    Der Augsburger CSU-Bundestagsabgeordnete Volker Ullrich erklärt, weshalb er nichts gegen den Wasserstoff-Test hat - aber auch nicht in Euphorie verfällt. Wasserstoff könne "nur eine Übergangslösung" sein, erklärt Ullrich. "An der Elektrifizierung führt kein Weg vorbei." Vor allem in Richtung Süden klafft derzeit im Bahnverkehr der Region noch ein "Dieselloch" - gemeint ist damit, dass dort nur Dieselloks fahren können, weil es keine Oberleitungen gibt. Es gibt einige Verkehrsexperten, die befürchten, aus dem "Dieselloch" könnte ein "Wasserstoffloch" werden.

    Keine Dieselloks mehr, aber trotzdem Nachteile auf der Strecke Augsburg – Allgäu?

    Die klimaschädlichen Dieselloks könnten dann zwar wegfallen, aber Nachteile würden bleiben. So gibt es auf der Strecke in Richtung Allgäu derzeit auch noch eine Fernzugverbindung per Intercity. Die Bahn will aber alle Fernzüge in naher Zukunft auf Strom umstellen. Und bei den Regionalzügen kann man E-Züge auch nicht einfach in Richtung Süden weiterschicken, wenn es dort keine Oberleitungen gibt. Das schränkt die Möglichkeiten bei der Gestaltung des Regionalverkehrs ein. Ullrich kritisiert: "Es ist nicht einzusehen, dass Bund und Freistaat die Elektrifizierung hier nicht vorantreiben."

    Zuständig für den Wasserstoff-Test ist die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG). Das landeseigene Unternehmen kümmert sich um den Betrieb Regionalzüge. Die BEG "bestellt" den Zugverkehr - etwa bei der Deutschen Bahn oder anderen, privaten Bahnunternehmen. Eine mögliche Elektrifizierung der Bahnstrecken sei unabhängig von dem Test zu sehen, sagt ein Sprecher der BEG. In der auf zunächst 30 Monate angelegten Testphase sollten zunächst "umfangreiche Erfahrungen für den Betrieb derartiger Züge gesammelt werden, die sowohl für später denkbare Einsätze in dieser Region als auch in anderen Regionen wertvoll sind." Wie viel die mit Steuergeld bezahlte Testphase kosten soll, sagt die BEG nicht - mit Verweis darauf, dass es sich um Geschäftsgeheimnisse der beteiligten Unternehmen handele. Dass es ein Millionenbetrag sein dürfte, ist allerdings kein Geheimnis. Genau steht die Summe womöglich auch noch gar nicht fest, da viele Details erst noch zu klären sind.

    Wasserstoff-Test in Augsburg: Aus dem Auspuff kommt nur noch Wasserdampf

    Betreiben soll den Testzug die Bayerische Regiobahn (BRB), ein Tochterunternehmen des privaten Bahnunternehmens Transdev. BRB-Sprecherin Annette Luckner sagt, Details könne man voraussichtlich erst Anfang 2023 mitteilen. Klar scheint aber, dass die Züge in Augsburg mit Wasserstoff betankt werden sollen. Aus dem Auspuff der Züge kommt kein klimaschädliches CO₂ wie beim Diesel, sondern nur Wasserdampf. Der Testbetrieb soll mit "grünen Wasserstoff" laufen - damit ist gemeint, dass auch die Herstellung des Wasserstoffs dem Klima nicht schadet. Augsburgs Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle (CSU) sieht den Testzug denn auch als Chance, Augsburg als "Wasserstoffregion" voranzubringen. Die Region könne in Zukunft vom Wasserstoff stark profitieren, meint er. Regionale Firmen wie MAN Energy Solutions beschäftigten sich intensiv mit dem Treibstoff. Auch er sieht aber den Bedarf, mehr Bahnstrecken rund um Augsburg mit Oberleitungen zu versehen. Ein Thema dürfe das andere nicht ausbremsen, sagt Hübschle.

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