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Augsburg: Wie groß ist das Problem mit Jugendobdachlosigkeit in Augsburg?

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Wie groß ist das Problem mit Jugendobdachlosigkeit in Augsburg?

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    Obdachlosigkeit und Wohnungslosigkeit betrifft auch junge Menschen. Für sie werden verschiedenen Anlaufstellen in Augsburg geschaffen.
    Obdachlosigkeit und Wohnungslosigkeit betrifft auch junge Menschen. Für sie werden verschiedenen Anlaufstellen in Augsburg geschaffen. Foto: R.Weihrauch, dpa (Symbol)

    Seit vielen Jahren engagiert sich Oliver Munding in der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe. Er hat festgestellt, dass auch in Augsburg immer mehr junge Menschen von Obdachlosigkeit bedroht oder wohnungslos sind. Es sei schwierig, genaue Zahlen zu benennen. Er geht von 500 bis 1000 jungen Menschen aus, die in der Stadt einen Unterstützungsbedarf hätten, und ist gerade dabei, mit elf weiteren Mitstreitern einen Verein zu gründen, um eine Soforthilfe für wohnungs- und obdachlose junge Menschen einzurichten. Vertreter der Stadt betonten bei einem Gespräch am Montag, dass das Problem bekannt sei und bereits einige Vorkehrungen getroffen worden seien. Die Stadt geht von weit weniger bedürftigen jungen Menschen aus. 

    "Auch wir können keine konkrete Zahl nennen. 1000 junge Menschen wären allerdings deutlich übertrieben", sagt Sozialreferent Martin Schenkelberg (CSU). Er geht davon aus, dass 100 bis 125 Betroffene eine "weitaus realistischere" Annahme wären. Seit 2019 werde das Problem von verschiedenen Bereichen des Sozialreferats "verstärkt" angegangen, sagte Julia Hüther, Sachgebietsleiterin Besondere Wohnformen im Amt für Wohnbauförderung und Wohnen. Es wurde ein Arbeitskreis gegründet, der Empfehlungen erarbeitete. Diese mündeten in einem "konkreten Konzept" – erste Ergebnisse werden in diesem Jahr umgesetzt. 

    Für minderjährige Personen werden drei Notschlafplätze eingerichtet

    Joachim Herz, Leiter des Amtes für Kinder, Jugend und Familie, erklärte, dass das Problem differenziert betrachtet werden müsse. Bei den Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren, die kein reguläres Dach über dem Kopf hätten, handele es sich um eine "sehr kleine Gruppe". Meist seien es Minderjährige, die mit verschiedenen starken Belastungen aufwuchsen und von Einrichtung zu Einrichtung wechselten. In der Jugendhilfe sind die Kinder und Jugendlichen unter Begriffen wie "Systemsprenger" oder "Dropouts" bekannt. Für Minderjährige würden in den kommenden Monaten drei Notschlafplätze beim Träger Condrobs eingerichtet. 

    Für die über 18-Jährigen stünden im Normalfall die städtischen Übergangswohnheime für Frauen oder Männer zur Verfügung. Doch es sei allgemein bekannt, dass gerade junge Menschen ohne Bleibe nicht gerne das Übergangswohnheim aufsuchten. Das liege zum einem an einer "Hierarchie", die unter den Bewohnern herrsche, die teils schon lange ein Leben ohne festen Wohnsitz fristeten, so Robert Kern, Leiter des Amtes für Wohnbauförderung und Wohnen. Zum anderen müsste bei den jungen Erwachsenen eine "Betreuung hergestellt und eine bestmögliche Begleitung" gewährleistet werden. "Das Ziel ist es nicht, dass die jungen Menschen verwahrt werden, sondern wieder im Arbeitsmarkt eingegliedert werden oder ihre Lehre nicht abbrechen", sagt Kern. Diese zusätzliche Betreuung, die nun auf den Weg gebracht wird, sei eine freiwillige Leistung der Stadt.

    In diesem Jahr soll eine Tagesstelle für "entkoppelte junge Menschen" eingerichtet werden

    Julia Hüther erläuterte, dass in einem ersten Schritt in den kommenden Monaten sechs Plätze für junge Männer und vier Plätze für junge Frauen geschaffen werden sollten. Auch bei diesen jungen Menschen sei abzusehen, dass sie ein "großes Paket an Problemen" mitbrächten. "Wir wollen ein Angebot schaffen für den besonderen Hilfebedarf und nicht für Studierende, die kein WG-Zimmer finden", so Hüther. Die Anzahl orientiere sich an den durchschnittlichen Belegungszahlen von jungen Menschen in den städtischen Übergangswohnheimen. Derzeit seien dort acht junge Männer und zwei junge Frauen unter 27 untergebracht. "Die Zahlen schwanken aber immer stark", sagt Hüther. Daneben soll in diesem Jahr noch eine Tagesstelle eröffnet werden, wo junge Menschen sich eine Tagesstruktur aufbauen und sich beraten lassen könnten. 

    Sozialreferent Schenkelberg legt Wert darauf, dass zwischen obdachlosen und wohnungslosen Personen unterschieden wird. Bei wohnungslosen Personen handele es sich Menschen, die über keinen eigenen Mietvertrag oder einen Wohnraum verfügten und etwa vorübergehend bei Verwandten oder Bekannten unterkommen müssen – sogenannte Couch-Surfern. Wie viele junge Augsburger sich dabei in prekären Wohnsituationen befinden, könne niemand genau sagen, da es dafür "keine Registrierungs- und auch keine Meldepflicht" gibt, so Schenkelberg. Das Sozialreferat hofft, dass durch die Schaffung des zusätzlichen Angebots bedürftige junge Menschen ihre Scheu verlieren und sich melden.

    Konzept von J*Cube sieht eine Notschlafstelle samt Übergangswohnheim vor

    Oliver Mundings Konzept sieht eine Notschlafstelle mit Übergangswohnheim vor. "Ich denke an 50 bis 100 Plätze. Die Plätze, die jetzt von der Stadt geschaffen werden, sind ein Tropfen auf dem heißen Stein", betont er. Durch das Übergangswohnheim soll den jungen Menschen eine langfristige Perspektive gegeben werden. Für das Projekt J*Cube, dessen Name an Jugend und Wohnkubus erinnert, wirbt er im sozialen Netzwerk Instagram. Sobald der Verein eingetragen ist, will er die dafür erforderlichen Gelder beschaffen. "Es soll ein Rundum-Sorglos-Paket für junge Erwachsene werden mit Café, Treffpunkt, Seminaren, Ausbildung und Therapieplätzen", sagt Munding. 

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