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Augsburg: Wie diese Frau nach langer Arbeitslosigkeit zurück in den Berufsalltag fand

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Wie diese Frau nach langer Arbeitslosigkeit zurück in den Berufsalltag fand

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    Manuela Rehm war viele Jahre lang arbeitslos. Über das Teilhabechancengesetz hat sie den Weg zurück ins Beruflseben geschafft.
    Manuela Rehm war viele Jahre lang arbeitslos. Über das Teilhabechancengesetz hat sie den Weg zurück ins Beruflseben geschafft. Foto: Peter Fastl

    Manuela Rehm kommt aus dem Lächeln gar nicht mehr heraus, als sie vor einigen Tagen ihren festen Arbeitsvertrag bei Tante Emma B.I.B in Augsburg unterschreibt. Nach vielen Jahren hat sie nun wieder einen festen Job und arbeitet in der Küche des Cafés im Ellinor-Holland-Haus. Die Zeiten, in denen sie von Minijobs, Arbeitslosengeld und anderen Sozialleistungen lebte, sind vorbei. Sie hat als Langzeitarbeitslose den Weg zurück in den Job geschafft - aber nicht ohne Hilfe.

    Manuela Rehm arbeitet als gelernte Schuhfachverkäuferin, als sie 2002 Mutter wird und aus dem Job aussteigt. Weil Ihr Sohn aufgrund einer Behinderung mehr Unterstützung braucht, dauert die Auszeit länger. Dann kommen die Trennung vom Ehemann und eigene gesundheitliche Probleme, die Rückkehr in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung rückt in immer weitere Ferne, obwohl Rehm 2012 noch eine zweite Ausbildung zur Hauswirtschafterin abschließt. Sie rutscht in die Langzeitarbeitslosigkeit, aus der sie - wie viele andere der rund 3550 Langzeitarbeitslosen in Augsburg und der Region (Stand: Februar 2024) - nicht mehr aus eigener Kraft heraus kommt.

    Langzeitarbeitslose finden selten aus eigener Kraft zurück in Berufsalltag

    "Die Schwierigkeiten meines Sohnes und meine eigenen gesundheitlichen Probleme waren zeitweise für mich so belastend, dass ich mich nicht dazu motivieren konnte, mich um ein festes Arbeitsverhältnis zu bemühen", erzählt Rehm. Zwar habe sie zwischendurch immer wieder kleine Jobs gehabt, aber mehr sei es nie geworden. Dass sie noch dazu ohne Auto weit außerhalb Augsburgs in Fischach wohnte, habe die Sache noch schwieriger gemacht. "Da ist die Auswahl an möglichen Arbeitgebern eingeschränkt. Näher an die Stadt ziehen konnte ich mir wegen der hohen Mieten aber nicht leisten", berichtet sie von einem Teufelskreis.

    Eine Gemengelage, wie sie Christian Holzheuer kennt. Er kümmert sich beim Jobcenter Augsburg-Land um Langzeitarbeitslose. "Viele von ihnen schaffen es nicht aus eigener Kraft zurück in den Job, weil sie in der Regel mehrere Probleme haben", so der Experte. So fehle einigen der Führerschein, was sie unflexibel mache, andere hätten mit Suchtproblemen zu kämpfen oder hätten aufgrund einer langen Arbeitslosigkeit nicht mehr den erforderlichen Wissensstand, um im (erlernten) Beruf Fuß zu fassen. Dazu kommt: "Eine Arbeitsaufnahme verändert viel, da man plötzlich keine Zeit mehr hat, sich um seine persönlichen Probleme zu kümmern. Das überfordert manche", beschreibt Holzheuer weiter. Das zuletzt immer wieder angeführte Argument, man könne dem aktuellen Personalmangel begegnen, in dem man Langzeitarbeitslose zurück in die Berufswelt hole, sei demnach nicht realistisch. 

    Mehr als 3500 Menschen sind in Augsburg und der Region langzeitarbeitslos

    Auch Manuela Rehm hat eine Zeit lang gebraucht, um wieder im Arbeitsleben Fuß zu fassen. Ihr hat das Teilhabechancengesetz geholfen, das es seit 2019 gibt und das sie als eine der Ersten nutzen konnte. Es finanziert Unternehmen, die Langzeitarbeitslose beschäftigten, einen großen Teil der Lohnkosten über zwei oder fünf Jahre. Dafür gibt es für die Teilnehmenden kein Bürgergeld mehr. Betreut werden die Menschen die gesamte Dauer der Maßnahme über individuell von einem Coach wie Christian Holzheuer. Das beginnt mit der Gewöhnung an einen geregelten Ablauf im Alltag und reicht bis - im Idealfall - zur Vertragsunterzeichnung nach Abschluss der Maßnahme. Seit 2019 hat das Jobcenter Augsburg-Land bislang 101 Menschen auf diesem Weg unterstützt. In der Stadt waren es zuletzt 65 Menschen. Etwa die Hälfte von ihnen findet am Ende der Förderung erfolgreich den Weg zurück ins Berufsleben.

    So auch Manuela Rehm. Seit einigen Tagen ist sie fest bei Tante Emma als Hauswirtschafterin angestellt. "Ich arbeite eigentlich überall, wo ich gebraucht werden, aber vorwiegend und gerne in der Küche", erzählt die 58-Jährige. Bei Kolleginnen und Kollegen sowie den Gästen war sie von Beginn an beliebt und wegen ihrer Backkünste schnell als "Kuchenfee" bekannt, erzählt Holzheuer. Als nach einem gesundheitlichen Rückschlag eine Anstellung bei Tante Emma auf der Kippe stand, sei für sie beinahe eine Welt zusammengebrochen. "Ich wollte das doch unbedingt". Also kämpfte sich Rehm zurück - mit Erfolg.

    Tante Emma Augsburg integriert Langzeitarbeitslose ins Team

    Wieder in einem festen Arbeitsverhältnis zu sein, sei für sie wie ein Lottogewinn. "Ich habe jetzt mein eigenes Geld, bin nicht mehr aufs Amt angewiesen, muss nicht mehr regelmäßig meine Finanzen offenlegen und jeden zu viel ausgegebenen Euro rechtfertigen", ist Rehm erleichtert. Grundsätzlich habe sie für diese Vorgaben Verständnis, dennoch sei immer wieder das Gefühl aufgekommen, sich "nackig" machen zu müssen. Ihre Situation habe sie zur Außenseiterin gemacht und ohne Job sei ihr zu Hause zeitweise die Decke auf den Kopf gefallen. Nach wie vor wohnt Manuela Rehm in Fischach und pendelt mit dem ÖPNV täglich drei Stunden, um in Augsburg zu arbeiten. "Das ist es mir aber wert. Ich liebe diesen Job, ich mag die Menschen hier. Das ist mittlerweile ein Teil meiner Familie." Sie sei dankbar, diese Chance bekommen zu haben.

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