Josef Seibold arbeitet gern - und wenn er nicht arbeitet, spaziert er am liebsten mit seinem Hund. Ein guter Ausgleich, denn in seinem Job sitzt er viel, unterbrochen von meist kurzen Sprints. "Einen Boxenstopp wie in der Formel 1" nennt Seibold das und lacht. Seibold ist Karosserie- und Fahrzeugbaumeister und seit 40 Jahren bei den Stadtwerken (swa) beschäftigt. Seit 15 Jahren ist er im Notdienst für Busse und Straßenbahnen tätig und Leiter eines elfköpfigen Teams. Suche die swa Verstärkung für diesen Dienst, erzählt Seibold, schreibe man in den Stellenanzeigen schon mal "Feuerwehrmann gesucht" - denn der Notdienst eile dorthin, wo es bei Bus und Tram "brennt". Nur schwindelfrei müsse man nicht sein.
Ein Arbeitstag beim swa-Notdienst für Bus und Tram führt durch Augsburg
Aber auch kein Morgenmuffel. Das Team um Seibold arbeitet in drei Schichten, 365 Tage im Jahr. An diesem Tag ist der 55-Jährige um halb fünf am Morgen zum Dienst angetreten, die Frühschicht geht bis 13 Uhr. Eine Tasse Kaffee und schon geht es los. Bis 13 Uhr fährt Seibold in seinem Mercedes-Sprinter durch die Straßen Augsburgs, rechter Hand einen Bildschirm und Notizzettel. Auf dem Schirm finden sich die Fahrpläne der Buslinien, auf den Zetteln notiert sich Seibold die per Telefon kommenden Aufträge. Die reichen von defekten Abblendlichtern und Blinkern über stotternde Entwerter und Kartendrucker bis hin zu geplatzten Reifen oder Motorschäden.
Meistens reicht dem 55-Jährigen die mobile Werkstatt, die sich im Bauch seines Einsatzfahrzeugs befindet. Hinter der Fahrerkanzel stapeln sich Warnhütchen, Keilriemen sind aufgereiht, in Schubladen gibt es Kabelbinder, Reflektoren oder Akkuschrauber. Es gibt eine Batterie, um liegen gebliebene Fahrzeuge zu starten, und einen Wagenheber, der die zwölf Tonnen schweren Linienbusse stemmen kann. Doch wenn ein Schaden mal zum Ausfall eines Busses führt, hilft nur Unterstützung aus dem Busbetriebshof der swa. Ein Unimog kommt dann zum Einsatz, er kann liegen gebliebene Busse abschleppen.
Zu 80 Prozent, sagt Seibold, würden er und seine Kollegen sich um Busse kümmern - auch, weil Reparaturen von Straßenbahnen höhere gesetzliche Auflagen hätten und nicht von jedem durchgeführt werden dürften. Im Dienst legt Seibold an einem Arbeitstag zwischen zwanzig und 100 Kilometer durch Augsburg zurück - sobald ein Anruf reinkommt, geht die Jagd los. Wo kann er den Bus am besten abpassen? Wie viel Zeit bleibt ihm für die Reparatur? Wie ist die Verkehrslage? Aus der Zentrale kommt ein Anruf, das Licht beim "32er" funktioniert nicht mehr richtig.
Was bei Bus und Straßenbahn alles kaputtgehen kann
Seibold checkt den Fahrplan der Linie, überlegt, wo er ihn am besten erwischt. Es gelingt ihm nach einer Tour über Leonhardsberg, Hauptbahnhof und quer durch Pfersee. Über 20 Minuten Fahrt, Seibold springt aus dem Sprinter, sobald der Bus hält, öffnet die Klappe an der Front des Busses, drei Handgriffe und das Licht ist gewechselt. Eben ein Boxenstopp, schnell wie in der Formel 1.
Kurz darauf der nächste Anruf, auch der "25er" hat Probleme mit dem Licht. Also auf an den Park-and-ride-Parkplatz Haunstetten West, gut, dass kein dichter Verkehr herrscht. Seibold sagt, selbst nach den vielen tausend Kilometern auf Augsburgs Straßen kenne er nicht jede Route - nach Haunstetten aber benötigt er kein Navi. Dort angekommen, bleiben ein paar Minuten Pause: durchatmen an der frischen Luft, den Anblick der in Gelb, Rot und Orange strahlenden Bäume genießen, kurz die Beine vertreten.
Sprüche mit den Busfahrer-Kollegen gehören dazu
Zeit, ein paar Sprüche mit den Busfahrer-Kollegen auszutauschen, gibt es meistens. Anschließend geht es an den Kö, der Kartenentwerter eines Busses funktioniert nicht richtig. Dort angekommen, heißt es erst einmal warten.
Seibold könnte jetzt etwas essen, denn feste Pausenzeiten gibt es in diesem Job nicht. Hauptsache, er kommt auf eine halbe Stunde. Stattdessen parkt er sein Fahrzeug nahe des McDonald's. Seibold erzählt, wenn er mal Zeit habe, schaue er gerne den Leuten und dem Leben zu. Einerseits freut er sich auf die Rente nach jetzt schon 40 Arbeitsjahren. "Von heute an habe ich noch neun Jahre, neun Monate und neun Tage vor mir" spricht er mit einem verschmitzten Lächeln. Andererseits macht er seinen Job "verdammt gern" - was vor allem an den Kollegen und dem abwechslungsreichen Arbeitsalltag liege. Und eines wolle er unbedingt noch tun: Eine Straßenbahn fahren - die hat er bisher nur repariert.
Lesen Sie auch:
- Problem bei Tram-Anschluss: Tunnel am Bahnhof könnte als Sackgasse starten
- Im Augsburger Nahverkehr bleibt es morgens bei vollen Trams